Die potemkinsche Verkehrswende

„Den Radverkehrsplan bedarfsgerecht weiterentwickeln“ – so redet die Groko in ihrem Sondierungspapier über das Mobilitätsgesetz. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Changing Cities meldet hiermit Bedarf an: Ein lückenloses Radnetz bis 2030.

„Man kann das nur Irreführung nennen: Von „bedarfsgerecht“ zu sprechen, ohne die Bedarfe zu benennen, ist eine bekannte Chiffre für „abschaffen“. Als Volksentscheid Fahrrad haben wir 2018 das Mobilitätsgesetz erkämpft. Dieses Bürger*innengesetz sagt einmalig: Vorrang für den Umweltverbund, für den Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr. Damit werden Bedarfe von 75 Prozent der Berliner*innen gedeckt. Das nennen wir bedarfsgerecht”, so Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Wenn Schwarz-Rot von „Mobilität für alle“ und „verstärktem Ausgleich zwischen unterschiedlichen Bedürfnissen“ spricht, meinen sie „mehr Auto für Berlin“. Der im Mobilitätsgesetz festgeschriebene Ausgleich, in dem erstmalig in Deutschland nicht das Auto im Zentrum steht, ist der CDU aber auch Teilen der SPD, die das Gesetz mit verabschiedet hat, ein Dorn im Auge.
„Es geht der Koalition offensichtlich darum, das Mobilitätsgesetz zu beschneiden, ohne dies öffentlich zugeben zu müssen. Die Koalition des Aufbruchs ist in Wahrheit eine Koalition des Rückschritts: Sie gaukelt den Menschen vor, dass wir trotz Klimakrise den Status quo aufrechterhalten könnten. Sie leugnet damit entgegen aller wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass es eines Wandels bedarf. Dabei haben wir eine Wahl: Entweder wir leiten den Wandel ein und federn Ungerechtigkeiten ab oder die Folgen des Klimawandels zwingen uns dazu, mit chaotischen Einschränkungen für alle”, so Sørensen.

Nur 4,2 Prozent des Radnetzes wurden bisher umgesetzt; das sind 113 von 2.700 km. Das Monitoring von Changing Cities hat gezeigt, dass der nachhaltige Umbau des Stadtverkehrs seit Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes in 2018 kaum vorangekommen ist. Umso heuchlerischer ist die Behauptung, man müsse jetzt „stärker als bislang den Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer suchen“. 

„Ein Flächenverteilung findet bisher de facto nicht statt – CDU und SPD aber reden eine potemkinsche Verkehrswende herbei, um ihre rückwärtsgewandte Politik zu legitimieren. Denn wirkliche Argumente dafür haben sie nicht”, kommentiert Sørensen.

Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Das Sondierungspapier der CDU/SPD vom 9. März

Informationen zum Monitoring des Mobilitätsgesetzes
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