Wach auf, SPD!

Nach sechs Jahren sind nur 5,9 Prozent des Berliner Radverkehrsnetzes fertiggestellt. Das zeigt das Ergebnis des Radnetzmonitorings von Changing Cities – eine Zunahme von gerade 0,8 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Die Fortschritte sind so gering, dass der Verein die jährliche Pressekonferenz absagt. Auffällig ist, dass einige Bezirke ehrgeizig das Mobilitätsgesetz umsetzen, während andere es komplett ignorieren.

Der Ausbaugeschwindigkeit des Berliner Radnetzes ist 2024 das dritte Jahr in Folge gesunken: Lediglich 20 Kilometer haben Senat und Bezirke neu auf die Straße gebracht – laut Radverkehrsplan hätten es allein im Radvorrangnetz 100 Kilometer sein müssen. Dabei wurde sogar der Großteil der 2024 umgesetzten Radwegeprojekte noch von der Vorgängerregierung geplant und konnte deswegen jetzt überhaupt gebaut werden. Ganz anders sieht es in Hamburg aus: Die Hansestadt, gut halb so groß wie Berlin, baute 2024 über 30 Kilometer.

Gleichzeitig zeigen die Bezirke Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick, was mit dem entsprechenden politischen Willen erreicht werden kann: Während berlinweit erst 5,9 Prozent des insgesamt 2.700 km langen Radnetzes teilweise fertiggestellt sind, sind es in Friedrichshain-Kreuzberg immerhin 22,8 Prozent und im Tempelhof-Schöneberg 16,1 Prozent der Bezirksziele; Spandau dagegen hat z. B. erst 2,6 Prozent seiner Ziele geschafft

„Bremsen und blockieren – genannt: priorisieren – die SPD schaut seit zwei Jahren zu, wie die CDU-geführte Verkehrsverwaltung das Mobilitätsgesetz zu Grabe trägt. Während das Gesetz auf dem Papier noch Bestand hat, bedeutet die aktuelle Politik des Stillstands de facto sein Ende. Wie lange will die SPD noch die Füße stillhalten, während die Stadt im Verkehrschaos versinkt? Keine Tramplanungen, keine Bussonderspuren, eine statt neun Radschnellverbindungen, minimaler Fortschritt im Radverkehr und fast 50 Prozent mehr Verkehrstote. SPD, wach endlich auf!“, mahnt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Die fortschrittlichen Bezirke müssen jetzt zügig weitermachen, die lahmen Bezirke endlich aus den Startlöchern kommen, der Senat mehr statt weniger Ressourcen für den Radverkehr zur Verfügung stellt und den Radnetzausbau insgesamt beschleunigt. Laut Radverkehrsplan müssen dieses Jahr 150 km im Vorrangnetz und 50 km im Ergänzungsnetz umgesetzt werden. Der Senat muss sofort weitere Projektplanungen in Angriff nehmen, um den Negativtrend zu brechen.

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.