Wir brauchen dringend Bewegung im Verkehr

Der Expertenrat für Klimafragen hat heute sein Zweijahresgutachten veröffentlicht und stellt darin fest, dass die Klimaziele 2030 mit den existierenden Maßnahmen nicht zu erreichen sind. Problemsektoren sind vor allem Gebäude und Verkehr. Im Verkehrsbereich sind die CO2-Emissionen in den Jahren 2021-23 sogar gestiegen –  als einziger Sektor.

Der Expertenrat hat sich auch mit den Verteilungswirkungen der Klimaschutzmaßnahmen beschäftigt und stellt eine generelle soziale Schieflage fest. Es sind vor allem einkommensstarke Haushalte, die von den Maßnahmen profitieren – obwohl die Maßnahmen auf dem Papier für alle offen sind. Beispiel Umweltbonus beim E-Autoverkauf: Durch die hohen Preise der E-Kfz haben vor allem einkommensstarke Haushalte den Bonus in Anspruch genommen, während Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen sich den Bonus quasi nicht leisten können. 


Hinzu kommt das Problem des „fossilen Lock-Ins“: Wenn Menschen sich nachhaltige Lösungen nicht leisten können oder diese nicht angeboten werden (z.B. Infrastruktur), sind sie gezwungen, alte teure fossile Produkte zu nutzen. Denn ab 2027 wird die CO2-Bepreisung auf den Sektoren Gebäude und Verkehr EU-weit ausgeweitet – wer sich bis dahin keine klimafreundliche Heizung angeschafft hat oder auf nachhaltige Mobilitätsformen wie ÖPNV oder Fahrrad umgestiegen ist, wird zu Kasse gebeten. Auch dieses „Lock-In“ wird in erster Linie einkommensschwache Haushalte betreffen, die von den Umstiegsboni bisher wenig profitiert haben.

„Der Verkehrssektor muss sich endlich in Bewegung setzen Richtung Nachhaltigkeit. Es ist die Aufgabe der nächsten Bundesregierung, den Bürger*innen bezahlbare Alternativen zum fossilen Autoverkehr zu bieten. Wenn gute bundesweite Infrastruktur für Bahn und Rad nicht zügig kommt, werden wir alle ab 2027 blechen müssen. Ausbleibender Klimaschutz wird uns viel kosten, ein Tempolimit dagegen ließe sich ohne nennenswerte Kosten einführen. Auch die Abschaffung des sog. Verbrennerverbots macht es teurer für die Bürger*innen. Deutschland muss endlich in Bewegung kommen”, sagt Ragnhild Sørensen vom Changing Cities.

Die neue Bundesregierung muss innerhalb des ersten Jahres der Legislaturperiode ein neues Klimaprogramm vorlegen. Der Expertenrat schlägt vor, dass Klimaschutz hier breiter gedacht wird: Investitionen und Regularien betreffen bereits heute viele Politikfelder und sollen nicht isoliert betrachtet werden. Zielkonflikte, aber auch Synergien und Co-Benefits mit der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik sollen in höherem Maße einbezogen werden. Die Entwicklung einer Vision für eine nachhaltige Zukunft ist viel zielführender als isolierte Pro-Contra-Diskussionen einzelner Maßnahmen. 

Weiterführende Links:
Pressemitteilung des Expertenrates von 5. Februar

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.