Kommt die Verkehrswende voran? Wir haben uns vorgenommen, ihre Umsetzung zu überprüfen und fangen beim Berliner Radnetz an. Unser Ziel ist es, einen umfassenden Verkehrswende-Monitor zu erstellen – von der Zivilgesellschaft für die Zivilgesellschaft.
Das Berliner Radnetz
Mit unserem Verkehrswende-Monitor vergleichen wir die Ziellänge des Radnetzes mit der aktuell umgesetzten Länge: Wir messen und dokumentieren, was auf den Straßen seit 2018 tatsächlich gebaut wurde. Dabei berücksichtigen wir auch, ob die festgelegten Standards der vier Netzkategorien eingehalten werden.
Stand: 30. Juni 2024
Erläuterungen zu dieser Karte
Auf der Karte zeigen wir vier verschiedene Netzkategorien:
Radschnellverbindungen
Radschnellverbindungen dienen vor allem dazu, Pendler*innen den Weg in die Stadt zu erleichtern. Eine Strecke von 10 bis 15 km mit Fahrrad oder E-Bike ist – auf gut ausgebauten und sicheren Radwegen – für viele Menschen eine praktische, gesündere und schnellere Alternative zum Auto.
Diese Radschnellverbindungen sollen bevorzugt auf eigenständigen Sonderwegen, getrennt vom Fußverkehr, geführt werden und mindestens 5 km lang sein. In Berlin soll es neun solcher Radschnellverbindungen mit einer Gesamtlänge von ca. 100 km geben. Sie zeichnen sich durch besondere Qualitätsstandards der Linienführung, der Netzverknüpfung, der Erkennbarkeit und der Ausstattung aus (§ 45 MobG).
Vorrangnetz
Ergänzungsnetz
Radverkehrsanlagen an Hauptverkehrsstraßen
Wir zeigen zwei Erfüllungsniveaus:
Teilweise umgesetzt
Umgesetzt
Die Bezirke im Fokus
Hier dokumentieren wir, in welchem Maß die Bezirke das Vorrangnetz umsetzen. Gezeigt wird, wie viel Prozent des geplanten Vorrangnetzes umgesetzt sind.
Der Ausbaustand bleibt hinter den Zielen bis 2030 deutlich zurück
Der Radverkehrsplan nennt jährliche Ausbauziele für das Ergänzungsnetz und das Vorrangnetz. Diese haben wir abgebildet. Aber auch Radschnellverbindungen und Radverkehrsanlagen an Hauptstraßen sollen bis 2030 fertiggestellt sein; hier fehlen genauere Angaben seitens der Senatsverwaltung. Wir haben deshalb eine Prognose für den Ausbau dieser beiden Netzkategorien gewagt: Bei den Hauptverkehrsstraßen hätte man gleich nach Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes anfangen können; bei den Radschnellverbindungen hatten wir 2025 als einen realistischen Baubeginn geschätzt; hier treten allerdings massive Verzögerungen auf. Es wird deutlich: Da in den ersten sechs Jahren wenig passiert ist, muss das Ausbautempo in den nächsten sechs Jahren rasant steigen. Unser Monitoring ergibt, dass die Ausbauziele für 2024 nicht erreicht werden.
10,6 Kilometer neue Radinfrastruktur im ersten Halbjahr 2024
Für die Jahre 2018 bis 2021 haben wir den Ausbaufortschritt u.a. anhand von Luftbildern geschätzt. Seit 2022 besichtigen wir den Baufortschritt beim Radnetz selbst vor Ort. Vergleicht man, wie viele Kilometer Radwege in Berlin jährlich neu auf die Straße gebracht wurden, wird deutlich: Die Zuwächse gehen zurück. Im Jahr 2023 wurde deutlich weniger gebaut als 2022. Der negative Trend setzt sich im ersten Halbjahr 2024 fort.
Methodik – so begründen sich unsere Zahlen
Woher habt Ihr die Daten für das Radnetz-Monitoring?
Direkt von der Straße: Wir haben die gebauten Radverkehrsanlagen vor Ort vermessen.
Auch andere Kriterien, die im Radverkehrsplan festgehalten sind, haben wir uns vor Ort angeschaut und bewertet: Darunter sind z. B. die Oberfläche, die Führungsform (z. B. Radfahrstreifen, geschützter Radfahrstreifen oder Radweg) oder die Breite.
Wann entspricht eine Radverkehrsanlage dem Standard?
Wir beziehen uns auf die wesentlichen Standards für Radverkehrsanlagen für jede Netzkategorie, die im Radverkehrsplan definiert sind. Wir bewerten sechs wesentliche Standards:
1. Die Führungsform
2. Die Breite der Radverkehrsanlage
3. Die Oberfläche der Radverkehrsfläche
4. Die Ampeln
5. Die Kreuzungen
6. Die Gefahren durch Kraftfahrzeuge
Alle diese Standards erhalten von uns einen der Werte „Erfüllt“, „Teilweise erfüllt“ oder „Nicht erfüllt“.
Warum ist die Einhaltung der Standards so wichtig?
Bislang ist Radfahren in Berlin nicht für alle Menschen sicher und komfortabel. Die Einhaltung der Standards ermöglicht Wiedererkennung und einheitliche Wege, gewinnt damit das Vertrauen der Radfahrenden – und ermöglicht so denjenigen das Radfahren, die bisher davon ausgeschlossen sind (z. B. Kinder und Senior*innen). Wer mit dem Dreirad unterwegs ist, braucht schlicht einen breiteren Weg als eine Rennradfahrer*in. Auch wenn beide gleichzeitig unterwegs sind, brauchen sie Platz zum Überholen.
Mit Pollern geschützte Radwege machen Radfahren endlich auch für diejenigen sicher, die gerade erst Radfahren gelernt haben oder sich vor den Gefahren durch den Autoverkehr fürchten.
Schließlich geht es auch um Standards im Sinne von Verlässlichkeit. Wir möchten uns darauf verlassen können, dass Radwege eindeutig farblich markiert und gut ausgeschildert sind. Radfahren in Berlin soll kein Abenteuer sein – sondern kinderleicht. Das sollte für eine moderne Stadt selbstverständlich sein.
Wo finde ich das Monitoring von 2023?
Im Januar 2023 haben wir die erste systematische Auswertung des Berliner Radnetzes veröffentlicht und im Juni 2023 aktualisiert. Diese Seite bezieht sich auf Daten zum Stichtag 30.06.2024.