Kinder oder Autos? Erste Schulzone in Mitte

In Berlin werden täglich zehn Kinder auf ihrem Schulweg Opfer von Verkehrsgewalt, so die Unfallkasse. Auch deshalb beabsichtigt das Bezirksamt Mitte, in der Singerstraße zwischen Lichtenberger Straße und Ifflandstraße eine sichere Schulzone einzurichten. Changing Cities begrüßt die Initiative und wertet sie als Erfolg für die #100Schulzonen-Kampagne.

Die Idee, sichere, autofreie Zonen vor Bildungseinrichtungen zu etablieren, nimmt Fahrt auf. Berliner Eltern fordern Maßnahmen für sichere Schulwege – so wie sie bereits in vielen europäischen Städten eingerichtet wurden. Neben der Sicherheit bietet die Verkehrsberuhigung weitere wichtige Vorteile: eine deutlich höhere Luftqualität, eine geringere Lärmbelastung und somit eine höhere Aufenthaltsqualität für alle Anwohnende.

Einige Anwohnende machen sich trotz dieser Verbesserungen Sorgen um eine Zunahme des Autoverkehrs in ihrem Wohnviertel. Die Befürchtung: Durch die Schulzone könnte der Autoverkehr in ihre Straßen ausweichen. Dabei gibt die Wissenschaft Entwarnung: Mit „Traffic evaporation“ („Verkehrsverpuffung“) gibt es sogar einen Fachbegriff für die Verkehrsentlastung auch in umliegenden Straßen infolge von verkehrsberuhigenden Maßnahmen. Unter anderem belegt dies eine im Juli 2023 veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik.

Auch beklagen Anwohnende zu wenig Bürgerbeteiligung bei den von der SPD und CDU beschlossenen Maßnahmen. Die verantwortliche Stadträtin, Almut Neumann (Grüne), und Schulstadtrat Benjamin Fritz (CDU) informieren deshalb vor Ort am Montag, den 28. August, um 17 Uhr über den Stand der Planung. 

„Die Einrichtung einer Schulzone ist auch eine Gelegenheit über die Gestaltung der Stadt zu reden: Was ist uns wichtiger, Kinder oder Autos? In dem betroffenen Abschnitt in der Singerstraße befinden sich zwei Schulen, die GutsMuths-Grundschule und das Max-Planck-Gymnasium, sowie ein Kinderspielplatz. Den Kindern ein Stück sicheren Stadtraum zu bieten, bedeutet, dass wir uns über glückliche, selbstständige Kinder, mehr Ruhe und bessere Luft freuen können! Damit ist die oben gestellte Frage doch schon beantwortet“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Eine Auswertung eines Schulzonenprojekts in der Bruno-H.-Bürgel-Grundschule in Lichtenrade fand am 23. August in Tempelhof-Schöneberg statt – die Bilanz war für alle Beteiligten „überraschend positiv“. Knapp vier Wochen lang war die Straße vor der Schule zu den Schulzeiten für Autos gesperrt. In dieser Zeit beobachtete eine große Mehrheit von Anwohnenden, Schulpersonal, Kindern und Eltern ein geringeres Verkehrsaufkommen. Statt der befürchteten Verkehrsverlagerung wurden tatsächlich ein Rückgang des Pkw-Verkehrs und eine Zunahme des Radverkehrs festgestellt. Eine Weiterführung der Schulzone wünschen sich zwei Drittel des Schulpersonals, 85 Prozent der Anwohnenden und über die Hälfte der Eltern. 

Am 21. und 22. September finden in Berlin die nächsten Schulzonen-Aktionen statt. Darauf folgen die Kidical Mass Fahrraddemonstrationen vom 22. bis 24. September.


Pressekontakt Changing Cities:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
„Verkehrsberuhigungsmaßnahmen sorgen für Entlastung statt Verkehrskollaps“, Difu-Studie vom Juli 2023
PM der Unfallkasse Berlin vom 24. August
Informationen zur Veranstaltung am 28. August
Informationen zu #100Schulzonen-Kampagne
Bilder zur kostenlosen Nutzung für die Presseberichterstattun

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt lande#- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.