Ist CDU nun für oder gegen Radverkehr?

Die CDU/CSU-Fraktion fordert in einem Antrag, der heute Abend im Bundestag diskutiert wird, ein Umsetzungsgesetz für den nationalen Radverkehrsplan. Die Fraktion kritisiert, dass die Regierung zur Förderung des Radverkehrs „bislang noch keinen einzigen Legislativvorschlag vorgelegt“ hat. Changing Cities begrüßt, dass mit diesem Vorschlag nun auch die Berliner CDU angehalten wird, dem Radverkehr Raum zu geben. 

Während auf Bundesebene 1,5 Milliarden Euro für die Jahre 2020 bis 2023 für den Bau von Radinfrastruktur – so viel wie nie zuvor – bereitgestellt wurden, hapert es nach wie vor an der Umsetzung. Komplizierte Verfahren und der sehr kurze Förderzeitraum führten erwartungsgemäß nicht zum angestrebten Bau-Boom. „Es fehlt eine sogenannte Roadmap zur Umsetzung der Ziele. Dafür hat der politische Wille von Wissings Vorgänger, Andreas Scheuer, dann doch nicht gereicht. Interessant, dass die CDU/CSU nun plötzlich ihre Liebe zu Radwegen entdeckt und der Ampel Druck macht”, kommentiert Inge Lechner von Changing Cities. Der Antrag kommt einige Monate vor der Wahl in Bayern, wo der dortige Radentscheid soeben 100.000 Unterschriften für besseren Radverkehr abgegeben hat. In diesem Wahlkampf drohen der CSU herbe Verluste; bei den letzten Wahlen verlor sie 10 Prozent, und die Grünen wurden somit die zweitstärkste Kraft. Wahlkampf ist nunmal immer…

Vorgeschlagen werden ein beschleunigtes Planungsverfahren, das auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verzichtet, sowie eine Überarbeitung des Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) – Forderungen die zu 100 Prozent mit denen von Changing Cities übereinstimmen. 

Aber auch in Berlin wird gewählt und zwar in wenigen Tagen. Während sich die CDU im Bund zum Radverkehr bekennt, verkauft sich die Berliner CDU als die Autoretter*innen-Partei. Die vermeintliche Diskrepanz könnte kaum größer sein. Der Spitzenkandidat Kai Wegner versprach, dass es mit ihm kein flächendeckendes Tempo 30 und keine Halbierung der Parkplätze geben wird. Dafür spricht er sich für den Weiterbau der A100 und der „Tangentialen Verbindung Ost“ aus. Er hat also überhaupt kein Interesse an einer gerechteren Flächenverteilung des öffentlichen Raumes. Oder anders formuliert: Die Berliner CDU tut alles dafür, dass das Mobilitätsgesetz nie umgesetzt wird. Das sollte den Berliner*innen bewusst sein, wenn sie am Sonntag wählen gehen!“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Der Verein nimmt eine zunehmende Rhetorik für den Radverkehr in vielen Parteien wahr: Es gehört inzwischen zum guten Ton, sich zu nachhaltiger Mobilität zu bekennen. Diese aber faktisch zu fördern und umzusetzen, fällt fast allen Parteien sehr schwer. Wenn es wirklich darum geht, Privilegien abzubauen und dem emissionsfreien und öffentlichen Verkehr den Vorrang zu geben, fehlen der Mut und der Durchsetzungswille. Der Druck und die Stimmen der Zivilgesellschaft sind nach wie vor unerlässlich. 


Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Antrag der CDU/CSU-Fraktion
Der nationale Radverkehrsplan
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.