Die Zivilgesellschaft ist dem Fußverkehrsgesetz einen Schritt voraus

Gestern wurde im Berliner Abgeordnetenhaus das erste deutsche Fußverkehrsgesetz verabschiedet. Am Dienstag dieser Woche wurde in Spandau eine weitere Seniorin von einem Kfz-Fahrer getötet. Changing Cities kritisiert die fehlende Umsetzung der Vision Zero in einer Stadt, die seit 2,5 Jahren ein Mobilitätsgesetz hat, das für alle Menschen Teilhabe und Sicherheit an erste Stelle setzt. 

„Wir begrüßen den nächsten Abschnitt des Mobilitätsgesetzes. Der Fußverkehr wird immer nachrangig behandelt, obwohl er in unser aller Leben eine große Rolle spielt: Alle Menschen sind Fußgänger*innen. Gerade die Pandemie hat die Berliner*innen gelehrt, wie wichtig Platz auf der Straße für alle ist. Die Neuordnung des öffentlichen Raumes durch das Mobilitätsgesetz kommt aber nur sehr schleppend voran. Konsequenterweise versuchen deshalb stadtweit Initiativen mit #Kiezblocks, den öffentlichen Raum zügig sicherer und attraktiver zu gestalten. Wie beim Mobilitätsgesetz kommt der Impuls aus der Bevölkerung, nicht aus Politik und Verwaltung“, kommentiert Alexandra Meyer von Changing Cities. 

Laut einer repräsentativen Umfrage des Tagesspiegel lehnt eine Minderheit von 37 Prozent aller Bundesbürger*innen mehr Fußgänger*innenzonen und verkehrsberuhigte Bereiche ab – alle anderen befürworten sie oder sind unentschlossen. 

50 Menschen wurden 2020 im Berliner Straßenverkehr getötet. Für die Realisierung einer Vision-Zero-Strategie ist die Senatsverwaltung verantwortlich, ebenso wie sie für die Umsetzung des Fußverkehrsgesetzes zuständig sein wird. 

„Sichere Straßen sind der Dreh- und Angelpunkt der Mobilitätswende. Die Unfallzahlen für Januar bis November des letzten Jahres zeigen, wie weit Berlin davon entfernt ist: Während die Zahl der Verletzten (besonders der Leichtverletzten) wahrscheinlich aufgrund der Corona-Pandemie zurückging, ist die Zahl der Getöteten (entgegen dem Bundestrend) sprunghaft gestiegen. Die Politik muss sich darüber im Klaren sein, dass auch ein Gesetz wie das Fußverkehrsgesetz nicht das Papier wert ist, auf dem es geschrieben ist, wenn die Verwaltung es nicht zügig und konsequent umsetzt. Wo bleibt die Entwicklung eines validen und SMARTen Verkehrssicherheitsprogramms für unsere Stadt, das das Mobilitätsgesetz konsequent umsetzt?”, fragt Yvonne Hagenbach, Vorstand bei Changing Cities.

Es findet eine Mahnwache für die getötete Seniorin am Samstag den 30. Januar 2021, um 16 Uhr am Unfallort am Seeburger Weg in Berlin-Spandau statt.

Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Die Unfallzahlen für Berlin Januar bis November 2020
Berliner Zeitung vom 26.01.2021
Tagesspiegel vom 27.02.2021
Polizeimeldung vom 26.01.2021
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.