Chef über 13,8 km: Sieht so die CDU-Verwaltungsreform aus?

Mitte Juli sagte die Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) dem Tagesspiegel: „Ich will dem neuen Infravelo-Geschäftsführer nicht mit Ankündigungen vorgreifen“. Aber wusste Herr Michael Fugel, der ab September die Infravelo GmbH führt, dass er nur noch eine von zehn Radschnellverbindungen bauen soll? Muss er womöglich in Kurzarbeit gehen?

Die Infravelo GmbH wurde 2017 als landeseigenes Unternehmen gegründet, um u. a. die Radschnellverbindungen zu planen und zu bauen. Nach dem Planungsstopp fragt man sich, was die vielen Mitarbeiter*innen nun eigentlich tun werden. Lange hatte es gedauert, bis das erforderliche Personal angeworben war. Der Planungsstopp bedeutet also nicht nur, dass in den nächsten Jahren kaum  Radinfrastruktur gebaut wird – die Folgen sind viel weitreichender: Denn entweder gehen die Mitarbeiter*innen in andere Städte, oder sie werden in autoaffine Bereiche von SenMVKU versetzt, in denen nicht gespart wird. Für die Zukunft verspricht das nichts Gutes.

„Wenn Berlin wieder eine zukunftsfähige Regierung bekommt, wird diese das Personalproblem nicht so bald lösen. Der Fachkräftemangel ist schon jetzt eine der größten Herausforderungen für die Verwaltung. Um das Berliner Radnetz wie gesetzlich vorgeschrieben fertigzustellen, müsste jedes Jahr mehr gebaut werden – das heißt auch, dass der Personalbedarf wächst. Dieser Senat hat versprochen, die Berliner Verwaltung auf Vordermann zu bringen. Stattdessen zerstört er mit seinem Planungsstopp nachhaltig die Verwaltungsstrukturen“, sagt Hans Hagedorn von Changing Cities.

Bereits unter der vorherigen Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) verließen etliche Planer*innen aufgrund des Radwegestopps die Verwaltung, da ihr Können nicht länger gefragt war. Vielmehr wurden die Kompetenzen der Ingenieur*innen von der Hausleitung in Frage und unter Ideologieverdacht gestellt. Changing Cities forderte sie öffentlich auf, zu bleiben: „Wir unterstützen alle Radplaner*innen, die im Sinne des Mobilitätsgesetzes arbeiten. Oft hat Changing Cities die Behäbigkeit der Verwaltung kritisiert, um sie anzuspornen. Heute sagen wir: Bitte bleibt! Behaltet Euren Mut! Wir brauchen Euch!“.

Die neuerliche Sabotage der Berliner Verkehrswende werden die Berliner*innen tagtäglich auf den Straßen spüren. Eine nicht funktionierende Verwaltung droht zudem, das Vertrauen der Bürger*innen in die Politik weiter zu zerstören – und das spielt den Rechtspopulist*innen in die Karten. Dies belegte das Kieler Institut für Weltwirtschaft in ihrer Studie vom April 2024: Eine funktionierende Infrastruktur erhöht das Vertrauen in Politik und Verwaltung und reduziert antidemokratische Ressentiments. Der Schaden, den dieser Senat in Berlin aus ideologischen Gründen anrichtet, wird lange nachwirken. Es sei denn, die CDU und die SPD springen über ihren Schatten.

Pressekontakt:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Interview im Tagesspiegel vom 19.06.2024
Studie der Kieler Institut für Weltwirtschaft

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.