Berlin, 20. Juni 2018. Dienstag Morgen stürzte ein 88 Jahre alter Mann nach einem Ausweichmanöver mit seinem Fahrrad und zog sich tödliche Verletzungen zu. Changing Cities und der Volksentscheid Fahrrad rufen für Mittwoch, den 20. Juni 2018, zu einer Mahnwache an der Unfallstelle, Großbeerenstraße Ecke Daimlerstraße in 12277 Berlin-Marienfelde, auf. Dies ist innerhalb von nur einer Woche der dritte Radfahrer, der im Berliner Straßenverkehr getötet wurde.
Dem Polizeibericht zufolge stürzte der 88-Jährige, nachdem er ein Geländer gestreift hatte. Der Mann fuhr laut Pressebericht mit seinem Fahrrad auf dem Gehweg der Großbeerenstraße stadteinwärts und traf dabei fatalerweise auf einen entgegenkommenden Fahrradfahrer.
„Drei tote Berliner Radfahrer in einer Woche – das übersteigt unser Fassungsvermögen. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen, Freundinnen und Freunden des Mannes. Ihnen sprechen wir unser tiefes Mitgefühl aus“, so Jens Blume von Changing Cities.
Die Mahnwachen für getötete Radfahrer werden von Changing Cities organisiert, um einerseits die Solidarität mit allen Betroffenen öffentlich auszusprechen. Andererseits senden die Trauerbekundungen auch ein deutliches Signal an die Politik, dass die ungeschützten Verkehrsteilnehmer*innen die aktuelle Situation auf der Straße nicht weiter tatenlos hinnehmen. Ausgerechnet für diese Stelle gab es vor fast einem Jahr, am 19. Juli 2017, einen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung in Tempelhof-Schöneberg, „sehr dringlich […] deutliche Verbesserungen für den querenden Fuß- und Radverkehr am Abzweig der Daimlerstraße Richtung Industriegebiet einzuplanen“. Seitdem ist nichts passiert, außer das Anlegen eines roten Streifens auf nordlicher Seite, der im Nichts endet und Sicherheit lediglich vorgaukelt.
„Ich bin erst seit sechs Wochen bei Changing Cities dabei. Dass in der Zeit vier Radfahrende im Verkehr getötet wurden, hätte ich nicht für möglich gehalten. Das macht mich traurig und wütend. Es zeigt, dass infrastrukturelle Maßnahmen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr dringend umgesetzt werden müssen. Warum passiert nichts?“, fragt Ragnhild Sørensen von Changing Cities. Die Tatsache, dass ausgerechnet hier zwei Radfahrer kollidiert seien, zeige, dass in dieser nur auf motorisierten Verkehr ausgelegten Infrastruktur mit autobahnähnlichen Schnellstraßen ungeschützten Verkehrsteilnehmer*innen viel zu wenig Raum überlassen werde. „Dabei sind 80 Prozent aller Verkehrsteilnehmer*innen in Berlin nicht mit dem Auto unterwegs“, ergänzt Sørensen.
Die Mahnwache ist als Demonstration angemeldet. Der ADFC Berlin wird vor Ort ein weißes Geisterrad aufstellen. Im Anschluss an die Mahnwache wird es eine vom ADFC Berlin initiierte Fahrraddemonstration zum Roten Rathaus geben.
Ansprechpartner für die Presse im Team Changing Cities e.V./Volksentscheid Fahrrad:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34
Weiterführende Links:
Polizeibericht vom 19. Juni 2018
Kurzbericht der Berliner Morgenpost vom 19. Juni 2018
Beschluss der BVV Tempelhof-Schöneberg vom 19. Juli 2017
Radgesetz der Initiative Volksentscheid Fahrrad Berlin, Referentenentwurf und Stellungnahme zum Mobilitätsgesetz von Changing Cities e.V.
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Über Changing Cities e.V.: Changing Cities e.V. ist am 23. Mai 2017 aus dem Netzwerk Lebenswerte Stadt e.V. entstanden. Das bislang größte Projekt des Vereins ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Viele Verbände, Unternehmen und Wissenschaftler*innen unterstützten das Anliegen, das Radverkehrsgesetz (RadG) schnell in Kraft zu setzen. Ziel ist, dass wir Berlinerinnen und Berliner sicher und entspannt Rad fahren können; dafür hat die Initiative das Berliner RadG erarbeitet. Nur mit dem RadG kann der Senat dauerhaft verpflichtet werden, schnell und aktiv eine gute Radinfrastruktur zu schaffen. Der 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benennt konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad ist Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – sieben Prozent der Wählerstimmen. Die neue Koalition hatte zugesagt, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen, ein Mobilitätsgesetz auf Basis des RadGs bis Frühjahr 2017 in Kraft zu setzen und ab 2018 jährlich mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege zu investieren. Über 100 aktive Mitstreiter*innen organisieren sich selbst durch Online-Projekttools und durch schnelle, handlungsorientierte Entscheidungsfindung.