Weniger Getötete, mehr Verletzte

Die Zahl der Verkehrstoten ist 2022 gesunken, aber die Zahl der Unfälle mit Personenschaden hat im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent zugenommen. Es gibt also gar keinen Grund für Politik und Verwaltung, sich auf die Schulter zu klopfen, kritisiert Changing Cities. 

„Wir sehen keine signifikanten Verbesserungen der Verkehrssicherheit in Berlin. Es rächt sich nun, dass das Mobilitätsgesetz so schleppend umgesetzt wird. Vor allem ungeschützte Verkehrsteilnehmende sind täglich Gefahren auf der Straße ausgesetzt – und das vollkommen unnötig. Wer nun in den Koalitionsverhandlungen das Mobilitätsgesetz verwässert, gefährdet die Sicherheit der Berliner*innen. Dies ist eine politische Entscheidung und kein Unfall“, kommentiert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Die Gesamtzahl der Unfälle, die Zahl aller Unfälle mit Personenschäden, die Zahl der Leichtverletzten und die Zahl der Schwerverletzten im Berliner Straßenverkehr sind 2022 gegenüber dem Vorjahr und auch gegenüber 2020 gestiegen. Kurzum: weniger Verkehrstote, mehr Verletzte. Ein Blick auf die Verkehrsarten zeigt, dass der Anstieg überproportional zu Lasten von Fußgänger*innen und Radfahrenden geht – sie sterben öfter, sie werden öfter schwer verletzt, sie werden öfter leicht verletzt. Ohne schützendes Blech sind die Berliner Straßen für zwei Drittel der Berliner*innen, die bereits heute nicht mit dem Auto unterwegs sind, schlichtweg unsicher. Denn im Einzelfall sind es nur Zufälle, die entscheiden, ob ein schwerverletzter Mensch stirbt oder überlebt. Aussagekräftiger für das Gesamtbild der Verkehrssicherheit sind deshalb andere Zahlen, insbesondere die der Schwerverletzten. 


„Wir fordern vom Senat klare Ziele für die Vision Zero, die er auch einhält: Eine Halbierung der Anzahl von Schwerverletzten und getöteten Personen innerhalb von zwei Jahren ist durchaus realistisch. Städte wie Oslo oder Helsinki haben das geschafft – weil sie die ganze Stadtgesellschaft für ihre Ideen begeistern konnten. Es bereitet viel Freude, mutig zu sein und gemeinsam für etwas zu kämpfen – das wird in Deutschland in Anbetracht der Klimakrise auf geradezu katastrophale Art und Weise unterschätzt“, sagt Sørensen.

Wesentlich für das Unfallgeschehen ist auch die Infrastruktur: Ist sie fehlerverzeihend? Schützt sie die Schwächeren? Oder verdrängt sie die Ungeschützten und begünstigt sie den motorisierten, PS-stärkeren Verkehr? „Dass diese Infrastruktur uns das Leben und die körperliche Unversehrtheit nimmt, ist traurig und beschämend und von der Vision Zero weit entfernt“, sagt Arne Ludorf von Changing Cities.


Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Straßenverkehrsunfälle in Berlin und Brandenburg 2022
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.