Studie: „Angstweiche“ ist gefährlich

Eine Studie der TU Berlin zu den sogenannten „Radfahrstreifen in Mittellage“ (kurz Fahrradweiche) kommt zu dem Ergebnis, dass “diese Führungsform im Knotenpunkt nicht generell positiv auf die Sicherheit wirkt“. Changing Cities sieht sich nun in ihrer Forderung bestätigt, Fahrradweichen unter keinen Umständen als Lösung zu akzeptieren.

Wenn Autoverkehr und Radverkehr permanent miteinander kreuzen, erhöht sich die Gefahr einer Kollision von Auto und Fahrrad automatisch. Bei Fahrradweichen sind rechtsabbiegende Pkw und Lkw gezwungen, den geradeausführenden Radstreifen zu kreuzen. Changing Cities weist seit Monaten auf die Gefährlichkeit dieser Führungsform hin und fordert, keine Fahrradweichen mehr einzurichten. Bereits vorhandene müssen rasch umgestaltet werden. 

„Es verwundert nicht, dass Radfahrende an Angstweichen schwerer verunglücken, denn im Einfädelungsbereich sind die Pkw-Geschwindigkeiten meist größer als an der Kreuzung selbst. Radfahrende kennen das mulmige Gefühl an der Angstweiche, wenn Kfz-Fahrende ‚nur noch schnell‘ die Grünphase erwischen wollen und ihnen die Radfahrenden dabei bloß als Hindernis im Weg sind“, meint Tobias Kraudzun von Changing Cities.

Die Studie, in der von 2015 bis 2017 Radfahrende zu 48 Kreuzungen mit Fahrradweichen befragt wurden, untersucht die objektive und subjektive Sicherheit von Fahrradweichen. Regelmäßig werden in Berlin immer noch mit großem Bauaufwand zwischen Geradeaus- und Abbiegespuren schmale Radfahrstreifen gequetscht, die gemäß der Studie die Zahlen an Schwerverletzten um 60 Prozent steigern. Dabei zeigen internationale Beispiele, dass vor allem getrennte Ampelphasen für abbiegende Kfz, zusammen mit baulich geschützten Bereichen, Kreuzungen wirklich sicher machen – sowohl gemessen an den Unfallzahlen als auch in der Wahrnehmung der Radfahrenden.

Schwachpunkt der Untersuchung ist, dass Nicht-Nutzer*innen nicht befragt wurden. So konnte nicht geklärt werden, ob diese Verkehrsführung Menschen vom Radfahren abhält oder sie zu Umwegen zwingt. Im Berliner Mobilitätsgesetz wurde auf Initiative von Changing Cities festgeschrieben, dass die Steigerung des Sicherheitsempfindens wichtiger Bestandteil der Förderung und Steigerung des Radverkehrs sein muss.

„Fahrradweichen sind weder objektiv noch subjektiv sicher. Sie bleiben weit hinter dem internationalen Stand der Technik und sind ein deutscher Sonderweg zur Diskriminierung des Radverkehrs. Die Studie belegt: Wer Radverkehr fördern will, baut keine Fahrradweichen. Wir fordern, dass in Berlin keine Fahrradweichen mehr gebaut werden und ein Zeitplan vorgelegt wird, alle bestehenden spätestens bis zur Fertigstellung des Radverkehrsnetzes 2030 zu sicheren Kreuzungen umzubauen“, so Michael Schulte vom Vorstand von Changing Cities.

Ansprechpartner*innen für die Presse bei Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Studie der TU Berlin

Bildmaterial „11 Minuten Angstweiche Alexanderplatz“ auf Twitter

„Was ist eine sichere Kreuzung?“, PM vom 25.02.2019

Bildgewaltige Aktion: Lkw und Kind auf Fahrradweiche

Beschreibung des geschützten Kreuzungsdesigns: 

Gefährliche Situation auf Fahrradweiche

Warum Radweichen eine gefährliche Lösung sind

Bilder zur kostenlosen Nutzung für die Presseberichterstattung

Informationen zum Volksentscheid Fahrrad

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erste Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.