Die Berliner Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) will mehr Tempo 50 in der Hauptstadt einführen. Nachdem letztes Jahr ein Rekordjahr für die Anzahl der Verkehrstoten war, muten solche Entscheidungen wie Hohn und realitätsfern an. In Anbetracht der messbaren Luftverbesserungen durch Tempo 30 wirkt eine Tempoerhöhung wie ein schlechter Witz. Letztendlich werden die Autos kaum schneller vorankommen: Die Kfz-Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt in Berlin etwa 21 km/h – schneller kann nicht gefahren werden, weil die Autos sich gegenseitig im Weg stehen.
Nachdem aktuell über erhöhte Parkpreise geredet wird, muss Frau Bonde die angeblich so gebeutelten Autofahrer*innen beruhigen: Tempo 50 klingt doch vielversprechend! Bereits ihre Vorgängerin Manja Schreiner (CDU) hatte versprochen: An 34 Stellen sollen Tempo-30-Bereiche wieder aufgehoben werden – freie Fahrt für freie Bürger! Umgesetzt wurde bisher nichts. Die heutige Verkehrssenatorin teilte auch nicht mit, dass die umzuwandelnde Tempo-30-Bereiche z. T. nur 50 Meter lang sind – wirklich schneller wird dadurch niemand vorankommen.
„Die Vision von Frau Bonde ist keine. Der Zustand des U-Bahnbetriebs ist katastrophal, also plant sie neue U-Bahnlinien, die frühestens in 20 Jahren gebaut werden. Es sollen so wenig Radwege und Tramspuren wie möglich gebaut werden, da diese dem Autoverkehr angeblich Platz wegnehmen und gleichzeitig „eine Beschleunigung des ÖPNV mit vernünftigen Ampelschaltungen“. Der Zugang zu günstigen Innenstadt-Parkplätzen für die Außenbezirke soll erleichtert werden, obwohl niemand danach gefragt hat. Nun soll Beschleunigung auf den viel benutzten Hauptverkehrsstraßen eingeführt werden – in einer Stadt, in der auf etwa 80 Prozent der Straßen Tempo 30 gilt. Dazu wird die TVO geplant, eine Schnellstraße, die Berlin sich nicht leisten kann! Auch für den 17. Bauabschnitt der A100 lässt Frau Bonde gerne Stadtteile abreißen, wenn das dem Autoverkehr dient. Dann gab es die rekordverdächtigen 55 Verkehrstote…. Wo ist der Plan, Frau Bonde?“, fragt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.