Changing Cities fordert Zeitplan und Prozesse für die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes
Die Verkehrswende in Berlin kommt nicht voran. In ihren Antworten auf eine umfangreiche Anfrageserie von Sven Kohlmeier (SPD) bestätigt die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, dass die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes stockt. Changing Cities fordert Verkehrssenatorin Günther (Grüne), den Regierenden Bürgermeister Müller (SPD) und den Senat auf, sofort einen Zeitplan zur Behebung der Mängel aufzustellen und kurzfristig wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Berlin hat ein Problem: Auch ein Jahr nach Inkrafttreten des Mobilitätsgesetzes geht der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur nicht voran. In Lichtenberg wird das Gesetz sogar offen missachtet, wie kürzlich am Beispiel der Siegfriedstraße deutlich wurde. Dort wird die Senatsplanung von geschützten Radverkehrsanlagen vom Bezirk torpediert, obwohl das Mobilitätsgesetz den Vorrang für Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr vorschreibt.
Eine Reihe von Anfragen legt nun offen, wie tief die Probleme in der Verwaltung verwurzelt sind. So übermittelt das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf: „Dem Bezirksamt ist nicht bekannt, wie es möglich sein soll, einen Bedarf an Abstellanlagen für Fahrräder zu ermitteln.“ Im Klartext: Die Bezirke sind mit der Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Infrastruktur vollkommen überfordert.
Die SenUVK muss endlich Standards schaffen und Prozesse initiieren, um der Verwaltung Leitlinien zur Umsetzung des Mobilitätsgesetzes an die Hand zu geben. Dazu gehören die Optimierung interner Prozesse sowie die Schaffung einheitlicher Erfassungs- und Bewertungsverfahren. Außerdem müssen dringend Kanäle für den Erfahrungsaustausch zwischen Land und Bezirken geschaffen werden.
„Zentrale Themen der Verwaltungsmodernisierung werden immer noch nicht angepackt. Sie sind jedoch für das Gelingen der Verkehrswende in Berlin zwingend notwendig. So kann es nicht weitergehen“, sagt Ragnhild Sørensen, Sprecherin von Changing Cities.
Am Donnerstag findet die erste Lesung des Haushalts für 2020/21 im Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klima des Abgeordnetenhauses statt. Dort muss Senatorin Günther die notwendigen Mittel für Prozessmanagement und interne Ablaufoptimierung einbringen und einen Zeitplan für die Behebung der Umsetzungsmängel vorlegen.
„Changing Cities erwartet, dass die Senatorin endlich aktiv wird und den Ankündigungen Taten folgen lässt. Viele Chancen gibt es nicht mehr in dieser Legislaturperiode, das Versäumte wieder aufzuholen. Wir stehen bereit, diesen Prozess zu unterstützen“, so Inge Lechner von Changing Cities. „Aber wir wollen Taten sehen.“
Ansprechpartner*in für die Presse bei Changing Cities e.V.:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34
Weiterführende Links:
Neun parlamentarische Anfragen von Sven Kohlmeier
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpertinnen, Demokratie-Retterinnen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erste Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.