Kein frohes neues Jahr // Mahnwache für getötete Radfahrerin am 9. Januar, 17:30 Uhr

Nur acht Tage ist 2020 alt und es gibt bereits die erste getötete Radfahrerin. Vor fast zwei Jahren wurde eine Fußgängerin an exakt derselben Stelle getötet, auch von einem rechtsabbiegenden Lkw-Fahrer. Changing Cities e. V. ruft zur Mahnwache in Berlin-Kreuzberg auf und spricht den Angehörigen sein tiefes Mitgefühl aus.

WANN: Donnerstag, 9. Januar, 17:30 Uhr
WO: Reichenberger Straße Ecke Kottbusser Tor in 10997 Berlin

Medienberichten zufolge wurde die Radfahrerin von einem Lastwagenfahrer überrollt und tödlich verletzt. In der Sprache des Senats werden 80 Prozent der tödlichen Unfälle so kategorisiert: Missachtung der Verkehrsregeln oder Sonderereignis, mit dem Ergebnis ‘keine Maßnahmen‘. „Frau Günther, das Mobilitätsgesetz schreibt Maßnahmen zur Erreichung der Vision Zero vor, also Null Verkehrstote und keine Schwerverletzten. Im Gesetz ist festgelegt, dass im ersten Jahr (2018/2019) zehn und im zweiten Jahr 20 Kreuzungen in Berlin sicherer gemacht werden sollen. Wie viele Menschen müssen sterben, bis Sie entsprechend reagieren?“, so Kerstin Leutloff von Changing Cities.

Ebenso müssen nach jedem schweren Unfall die Unfallursachen analysiert und entschärft werden (Berliner Mobilitätsgesetz § 21, Absatz 2). Laut der senatseigenen Darstellung wurde die Kreuzung überprüft mit dem Ergebnis: Keine Maßnahme. „Es macht fassungslos und wütend, was in Berlin geschieht. Vielleicht ist es an der Zeit, die Arbeit der Unfallkommission grundsätzlich zu hinterfragen und diese neu aufzustellen, wenn das Ergebnis nur immer neue Tote sind. Leider liegt die Vermutung nahe, dass der Paradigmenwechsel, den die Vision Zero verlangt, auch nach anderthalb Jahren Mobilitätsgesetz von Frau Günthers Haus noch nicht ausreichend vollzogen wurde“, so Denis Petri von Changing Cities.

Ganz anders in Oslo: In der norwegischen Hauptstadt (knapp 700.000 Einwohner*innen) wurde 2019 ein Mensch im Verkehr getötet. Ein einzelner Mensch, der in einem Auto unterwegs war. Weil hier die Verkehrsarten konsequent getrennt wird, das Tempo gedrosselt, Schulwege sicherer gemacht und das Stadtzentrum vom Autoverkehr befreit wurde. Dort, wo viele ungeschützte Verkehrsteilnehmer*innen unterwegs sind, ist wirksamer Schutz erforderlich. D.h. sichere Infrastruktur muss geschaffen werden und wenn das nicht reicht: weniger Kfz-Verkehr, der die häufigste Ursache für Verkehrstote darstellt.

In Berlin sieht es hingegen so aus:  Am Freitag den 10. Januar um 17:30 Uhr veranstaltet Changing Cities mit FUSS e. V., VCD Nordost und ADFC Berlin gemeinsam bereits die nächste Mahnwache für den ersten 2020 getöteten Fußgänger – wenige hundert Meter von der Unfallstelle am Kottbusser Tor entfernt in der Adalbertstraße 87. Das Jahr ist dann gerade mal zehn Tage alt.

Der ADFC Berlin wird morgen an der Unfallstelle ein weißes Geisterrad aufstellen. Im Anschluss an die Mahnwache findet eine Fahrraddemo zum Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Invalidenstraße 44) statt.

Die Mahnwache ist als Demonstration bei der Versammlungsbehörde angemeldet. Politiker*innen aus Senat, Abgeordnetenhaus und Bezirk wurden zur Teilnahme eingeladen.

Ansprechpartnerin für die Presse bei Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Bericht des Tagesspiegels vom 08.01.20

Pressemitteiliung der Polizei vom 06.01.20 (getöteter Fußgänger)

Darstellung der Verkehrsunfälle mit Todesfolge 2018, SenUVK

Bilder zur kostenlosen Nutzung für die Presseberichterstattung

Informationen zum Volksentscheid Fahrrad

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erste Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.