Zahlreiche Radwegeprojekte in der Stadt hat der Senat gestoppt oder verzögert – angeblich wegen klammer Kassen. Die Wahrheit sieht anders aus: Die Senatsverwaltung lässt sich das Nichtbauen sicherer Radwege einiges kosten. Bundesmittel, die Berlin zugestanden hätten, lässt die SenMVKU ersatzlos verfallen. Und: Längst investierte Planungskosten waren für die Katz. Außerdem kostet das Auto, im Gegensatz zum Fahrrad, die Stadt eine Menge Geld. Einer Nutzen-Kosten-Analyse hält diese Verkehrspolitik nicht stand.
„Diese Berlin-vor-allem-für-Autofahrende-Politik ist irrational. Der Senat investiert Millionen in die Kostenfalle Auto und wirft dagegen Bundesmittel für moderne Radinfrastruktur zum Fenster hinaus. Das hat nicht nur nichts mit dem „Miteinander“ der CDU zu tun – diese Verkehrspolitik schadet allen Berlinerinnen und Berlinern. Die aktuelle Senatspolitik folgt dem Motto: Hauptsache keine Radwege. Koste es, was es wolle“, so Mara Hasenjürgen von Changing Cities.
Für den größten Teil der Kosten für neue Radwege in Berlin stehen Bundesmittel bereit. Für zwei Projekte in Berlin-Mitte gibt Bezirksstadtrat Schriner (Grüne) in der Berliner Zeitung nun bekannt: 714.850 Euro Bundesmittel seien für die Stadt verloren, weil der Senat die entsprechenden Anträge einfach nicht weiterleite.
Schon wegen des Radwegestopps im vergangenen Sommer sind Bundesmittel für 2023 verfallen, die für Berlins Straßen bereitgestanden hatten. Von den damals gestoppten Wegen wurden die meisten zwar inzwischen “freigegeben”, tatsächlich gebaut wurde aber nur ein Bruchteil. Wie viele Bundesmittel die Stadt insgesamt durch die Radweg-Blockade des Senats verloren hat, ist bisher nicht bekannt. Ebensowenig, wie viele Planungskosten durch den Radwegestopp in den Sand gesetzt wurden.
Auch für den jüngst bekannt gewordenen Stopp für die meisten Berliner Radschnellverbindungen greift der Senat tief in die Tasche: Rund 3,7 Millionen Euro wurden laut Infravelo bereits in die nun gestoppte Projekte investiert – Planungskosten für die Katz. Auf die zur Verfügung stehenden Mittel im Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) wird einfach verzichtet. Dazu kommt: Die durch diese Verinderungspolitik vergraulten Fachkräfte für nachhaltige Mobilitätsplanung werden in Berlin auf Jahre schmerzlich vermisst werden – sie werden anderswo an einer zukunftsfähigen Mobilität arbeiten, wo man ihre Arbeit zu schätzen weiß.
Bei all dem ignoriert der Berliner Senat schlicht das geltende Mobilitätsgesetz. Die Fahrradstraße Charlottenstraße Süd in Mitte, der Radweg an der Thielallee in Steglitz-Zehlendorf, die Radschnellverbindungen und viele andere gestoppte oder verzögerte Projekte, sind jeweils eklatante Rechtsbrüche. Was sagt die SPD dazu, die das Mobilitätsgesetz mit verabschiedet hat?
Ökonomischer Unsinn ist auch die Entscheidung, das Auto weiter zu priorisieren. Kosten-Nutzen-Analysen zeigen, dass Autoverkehr hohe Folgekosten verursacht – Kosten, die in Zukunft auf Berlin zukommen, die aber in heutige Entscheidungen nicht eingepreist sind. Autoinfrastuktur zu bauen und zu erhalten ist um ein Vielfaches teurer als Radinfrastruktur. Gleichzeitig richtet Autoverkehr durch Unfälle, Abgase, Stau, Lärm und Flächenverbrauch einen gesamtgesellschaftlichen Schaden an. Der wird für Deutschland auf etwa 20 Cent pro gefahrenen Kilometer geschätzt – und das nach Abzug der Steuern und Abgaben, die Autofahrende leisten. Jeder mit dem Rad gefahrene Kilometer entlastet die Gesundheitssysteme, verursacht nur geringe Kosten und wird auf einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen von 30 Cent Plus geschätzt.
Obwohl Radinfrastruktur um ein Vielfaches günstiger ist als Autostraßen, soll ausgerechnet hier gespart werden: Der Senat stürzt Berlin in die negative Kostenspirale der autogerechten Stadt, statt sich an das Mobilitätsgesetz zu halten und so einen effizienten, bezahlbaren und zukunftsfähigen Mobilitätsmix für Berlin zu ermöglichen.
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Mara Hasenjürgen, mara.hasenjuergen@changing-cities.org, 01744758223