Das Auto im Wahlkampf: eine bedrohte Spezies

Während Kopenhagen 600 von 1050 Autoparkplätzen in der Altstadt abbaut, laufen CDU und FDP im Berliner Wahlkampf Sturm gegen ähnliche Maßnahmen. Sie wollen das Auto als bedrohte Spezies inszenieren und sich selbst als Retter*innen der Autofahrenden positionieren. Changing Cities kritisiert, dass keine Lösungen für den Verkehrskollaps angeboten werden. Stattdessen wird mit populistischen Parolen Angst geschürt.

„Wir lassen uns das Auto nicht verbieten“ (CDU) „Verkehrspolitik ohne toten Winkel“ (FDP) oder „#Absurdistan” (FDP) wird gepoltert. Die SPD dagegen legt sich wieder mal nicht fest und lässt Giffey seltsamerweise mit dem von den Grünen stammenden 29-Euro-Ticket werben. Während Stephan Machulik offen zugibt, dass er wohl der einzige SPDler ist, der die Straßenbahn gut findet, verkündet die Bundes-SPD ihre Zustimmung zum Weiterbau der A100** – den die Berliner SPD ablehnt. Die SPD Mitte und die SPD Friedrichshain-Kreuzberg setzen sich für einen Abbau von Parkplätzen ein, während die SPD Tempelhof-Schöneberg für den Erhalt von Parkplätzen kämpft. Ein klares Plädoyer für die Verkehrswende sieht anders aus.

Unterdessen packt man in Kopenhagen das Problem an: Auch dort steigen die Kfz-Zulassungszahlen, sogar mehr als in Berlin. Man weiß aber auch, dass damit nicht mehr Kilometer gefahren werden: Die Neufahrzeuge sind eigentlich Neustehzeuge. Die Kopenhagener Behörden entschieden daraufhin, die Zahl der Autoparkplätze im Straßenraum zu reduzieren, um die öffentliche Fläche für Menschen und mehr Grün zu nutzen. Denn um die notwendige Klimaneutralität zu erreichen, so Kopenhagen, ist eine Reduktion der Kfz per se erforderlich. Für die Anwohner*innen stehen nach wie vor Parkplätze in den Parkhäusern zur Verfügung.

„Das Auto als bedrohte Spezies zu inszenieren, ist in Anbetracht steigender Neuzulassungen bloßer Populismus. Denn hinter den lauten Parolen stecken ja keine schlüssigen Lösungen für eine zukunftsfähige Mobilität. Mehr Parkplätze für mehr Pkw lösen weder Platz- noch Luftverschmutzungs- noch Lärmprobleme. Mit E-Autos verbessert man zwar vordergründig die Klimabilanz, Feinstaubproduktion und Platzverbrauch sind aber davon unberührt. Eine zukunftsfähige Stadt dagegen setzt auf nachhaltige Mobilität. Die gute Nachricht: Von einer deutlichen Verringerung des Kfz-Verkehrs profitiert die ganze Stadt“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

** Korrektur vom 15. Januar: Die Unterstützung der Bundes-SPD zum Bundesverkehrswegeplan und damit zum Weiterbau der A100 wurde zurückgezogen.

Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:
Informationen zu Zuwachs Kfz und stabiler Pkw-Verkehrsleistung
Informationen zu Kfz-Zuwachs in Kopenhagen
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.