Zwei weitere Kiezblocks in Friedrichshain-Kreuzberg beschlossen

Unermüdlich setzt sich die Zivilgesellschaft für Verkehrsberuhigung und weniger Durchgangsverkehr in ihren Berliner Kiezen ein. Am 30. März wurden in Friedrichshain-Kreuzberg zwei weitere Kiezblocks mit der Zustimmung der Fraktionen von Grünen, Linken und SPD angenommen. Von den 57 Kiezblock-Initiativen in Berlin sowie einigen weiteren Vorschlägen aus Politik und Zivilgesellschaft wurden 29 bereits beschlossen, 12 allein in Mitte.

Die Kiezblock-Bewegung wurde vor etwa zweieinhalb Jahren von Changing Cities initiiert und stößt stadtweit auf große Resonanz. Tausende Berliner*innen engagieren sich ehrenamtlich, und noch mehr unterstützen mit ihrer Unterschrift das Bestreben, die Wohnviertel lebenswerter zu machen.

In der Kreuzberger Luisenstadt wurden von 1.441 Unterschriften 1.176 für gültig erklärt, für den „Ostkreuz – Kiez für alle“ galt dies für 1.454 der 1.898 Unterstützungsunterschriften. In beiden Fällen wurden also weit mehr als die für das Quorum von 1.000 erforderlichen Stimmen für einen Einwohner*innenantrag eingereicht.

Die Initiative Kreuzberger Luisenstadt machte in ihrem Plädoyer in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) noch einmal klar, dass der Bedarf nach mehr Verkehrssicherheit und vor allem Schulwegsicherheit schon seit mindestens 20 Jahren dokumentiert ist. In dieser Zeit sind lediglich einige wenige Zebrastreifen eingerichtet worden, während der Verkehr deutlich zugenommen hat. Einzig die neue Fußgängerzone auf dem Lausitzer Platz hat zu einer nachhaltigen Verkehrsberuhigung und auch zur Entlastung anliegender Straßen geführt. Das Beispiel Paris, wo in den letzten Jahren fast 300 Schulstraßen eingerichtet wurden, zeigt aber, dass hier noch viel mehr möglich sein sollte. Ein Beispiel für den immensen Handlungsbedarf ist die Manteuffelstraße. Nach einer aktuellen Erhebung des Startups FixMyCity [1] queren hier mehrere hundert Schulkinder die Straße zur Heinrich-Zille- und Nürtingen-Grundschule abseits der zwei vorhandenen Zebrastreifen. Gleichzeitig haben Messungen von 2018 [2] ergeben, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit der Autos hier 40 km/h beträgt – nur wenige Autos halten sich also überhaupt an die geltenden 30 km/h. Schon 2014 hatte die BVV eigentlich beschlossen, in einem Abschnitt der Manteuffelstraße den Autoverkehr zu unterbinden, um den Durchgangsverkehr zu verhindern [3], was jedoch nie umgesetzt wurde. Genau solche Maßnahmen sind jetzt jedoch gefordert. Es gilt, durch modale Filter und Diagonalsperren, ergänzt durch Einbahn-, Fahrrad- und Schulstraßen, den Durchgangsverkehr im Kiez effektiv zu verhindern – und so einerseits die Verkehrs- und Schulwegsicherheit zu gewährleisten und andererseits die Lebensqualität zu erhöhen. 

Der Einwohner*innenantrag der Initiative „Ostkreuz – Kiez für Alle“ wurde durch einen Begleitantrag konkretisiert. Wesentlich ist auch hier die effektive Reduktion des Durchgangsverkehrs und der gefahrenen Geschwindigkeiten: Der Beschluss zu einem Modellversuch von flächendeckend Tempo 30 soll nun zügig umgesetzt, autoreduzierte Zonen an Schulen und Plätzen identifiziert und die Sicherung von Fuß- und Radverkehr auch mit temporären Maßnahmen ermöglicht werden. Das Gewerbe soll mit Lieferzonen unterstützt und die Flüssigkeit des ÖPNV und Radverkehrs durch die Aufhebung  von Parkmöglichkeiten an Tramschienen verbessert werden. Die vereinbarten Fristen zu einem gemeinsamen Plan und ersten Umsetzungen bis Ende 2022 sind ehrgeizig, entsprechen aber der Dringlichkeit. Evaluation und Beteiligung sind bis 2023 geplant, sodass die Verstetigung erfolgreicher Maßnahmen ab 2024 erfolgen kann. Konkrete Änderungsvorschläge am Status quo hat die Initiative auf einer Online-Karte bereitgestellt.    

Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg hat damit weitere Projekte für die Verkehrswende und einen klimaverträglichen Umbau des Bezirks angestoßen. Nun ist das Bezirksamt gefragt, bei der Umsetzung neue Wege zu gehen, um im ganzen Bezirk gleichzeitig Kiezblocks auf den Weg zu bringen, anstatt über die nächste Dekade mühsam und zeitraubend ein Projekt nach dem anderen abzuarbeiten.

Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

[1] Informationen zum Kiezblock Kreuzberger Luisenstadt

[2] Informationen zu Ostkreuz – Kiez für alle

[3] FixMyCity Schulweganalyse

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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

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