Wir decken auf: Verkehrswende-Monitor für Berlin

Gesetze werden geschrieben, verabschiedet und gefeiert – und dann? Changing Cities hat einen Verkehrswende-Monitor entwickelt, um die Umsetzung des 2018 verabschiedeten Mobilitätsgesetzes zu prüfen. Neben dem straßengenauen Radnetz-Monitoring wird jetzt auch der konkrete Gesetzestext auf seine Umsetzung überprüft. 

Ohne den Volksentscheid Fahrrad hätte es das Mobilitätsgesetz nicht gegeben. Die Forderung nach einer fahrradfreundlichen Stadt wurde in 60 Absätzen ausformuliert. Kernstück ist der Ausbau des Radnetzes (§ 41). Aber der Abschnitt zum Radfahren enthält auch Paragraphen zu Bürger*innen-Beteiligung (§ 37), der grünen Welle für Radfahrende (§ 42) und zur ausreichenden Finanzierung der Maßnahmen (§ 49) – mehrere Absätze zu diesen Themen wurden bisher nicht oder sehr unbefriedigend angegangen. Changing Cities stellt fest, dass etwa zehn der 60 Absätze umgesetzt wurden – wogegen 20 gar nicht oder nicht wesentlich bearbeitet wurden.

„Das Berliner Mobilitätsgesetz ist oft sehr schwammig formuliert – nur ausnahmsweise gibt es konkrete Ziel- oder Zeitangaben. Wir hingegen verdeutlichen die Umsetzung anhand konkreter Indikatoren. Zur Halbzeit des Mobilitätsgesetzes müssen wir leider feststellen: Es wurde weit weniger als die Hälfte umgesetzt, manche Absätze wurden noch nicht mal angefasst“, kommentiert Dr. Kerstin Stark, Mobilitätsforscherin und Vorstand bei Changing Cities, die maßgeblich am Monitoring mitgearbeitet hat. 

So steht z. B. im Gesetz, dass der Umweltverbund aus Fußverkehr, Radverkehr, Bus und Bahn Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr hat (Präambel). Schaut man sich die Berliner Straßen an, erkennt man schnell, dass dies auch sechs Jahre nach der Verabschiedung keineswegs der Fall ist. 

„Es ist für uns nach dem Erfolg des Volksentscheid Fahrrads nicht hinnehmbar, dass die Existenz eines Gesetzes keineswegs dessen Umsetzung garantiert. Deswegen ist es entscheidend, dass Gesetze überprüfbar sind – denn der Wille der demokratischen Mehrheit, die Gesetze verabschiedet, soll ja respektiert und befolgt werden. Wenn der Senat den Fortschritt nicht selbst transparent macht, muss die Zivilgesellschaft wieder aktiv werden“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities. 

Wir sehen z. B., dass der Radverkehrsplan zwar erstellt wurde (§ 37), von der jetzigen Senatsverwaltung aber nicht mehr befolgt wird. Auch bei den Radschnellverbindungen (§ 45) ist der Fortschritt enttäuschend: Von den zehn Trassen wurde bislang keine eingerichtet, nicht einmal mit dem Bau wurde begonnen. Manchmal fehlen auch aktuelle Daten: So wurde der Radverkehrsanteil in Berlin z. B. zuletzt im Jahr 2018 gemessen – diese Daten sind heute aber kaum noch aussagefähig.

Im ersten Schritt fokussiert sich der Verkehrswende-Monitor auf die Umsetzung des Abschnitts zum Radverkehr des Gesetzes. Sukzessive soll der Monitor um weitere Aspekte ergänzt werden.


Pressekontakt:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Informationen zum Verkehrswende-Monitor Berlin:
https://changing-cities.org/kampagnen/verkehrswende-monitor/
Diese Pressemitteilung im Online-Bereich: https://changing-cities.org/aktuelles/presseÜber Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.