Seit Anfang des Jahres wurden zehn Menschen auf Berliner Straßen im Verkehr getötet, zwei davon, Mutter und Kind, am 9. März auf der Leipziger Straße. Genau zwei Wochen später, am Samstag den 23. März, werden wir Stille in die Leipziger Straße bringen – im Gedenken an die Verstorbenen und im Protest gegen eine Stadtverwaltung, die sich ihrer Verantwortung nicht stellt. Manja Schreiner (CDU), die Verkehrssenatorin, wurde eingeladen.
Wann: Samstag, den 23. März, 11 Uhr
Wo: Leipziger Straße 130, 10117 Berlin-Mitte
Viele Stimmen reden von „Instrumentalisierung”, wenn fehlendes politisches Engagement in Sachen Verkehrssicherheit angeprangert wird. Schließlich sei der Unfall “tragisch” und „untypisch” und die Kritik „verkehrspolitischer Populismus“.
„Wir fragen uns, ob die Menschen wissen, dass 70 Prozent aller Berliner Verkehrstoten 2023 Fußgänger*innen und Radfahrende waren? Jedes Ereignis ist natürlich einmalig, aber die Regelmäßigkeit und die Ähnlichkeit der Umstände sagen allen, die sich damit beschäftigen, dass das Schicksal hier nicht die Fäden zieht. Hier geht es um gefährliche oder nicht vorhandene Infrastruktur, die keine Unachtsamkeit verzeiht, weder von Autofahrenden noch von Ungeschützten. Es geht um Stadtstraßen, die für Autos statt für Menschen optimiert wurden. Und zwar über Jahrzehnte hinweg, so dass wir uns an dieses tödliche Umfeld gewöhnt haben: Über 2.000 Schwerverletzte pro Jahr auf Berliner Straßen, 5,5 Personen pro Tag, ein „Kollateralschaden“, der achselzuckend hingenommen wird“, sagt Sascha Broy von Changing Cities.
Die Stille symbolisiert den Moment nach der Kollision, die Erkenntnis, dass etwas nicht wieder gut gemacht werden kann. Gut gemacht werden müsste es vorher, bevor die Katastrophe eintritt. Die Stille drückt auch die Verzweiflung aus, die viele angesichts der verheerenden „Verkehrssicherheitslage“ empfinden. Auf dem Fahrrad fährt immer die Angst mit, und Fußgänger*innen wissen, dass sie sich in der Verkehrshierarchie ganz unten befinden. Wir sind es, die jeden Tag „übersehen werden“, „plötzlich hervortreten“ oder „unachtsam“ unterwegs waren. Wegen unserer ungeschützt menschlichen Anwesenheit sterben wir, daran ist nichts zu ändern – so das Narrativ der autogerechten Stadt. Es sind aber keine tragischen, untypischen oder populistisch instrumentalisierten „Unfälle“. Das ist einkalkuliertes Risiko – und folgenschwere Realität für Menschen und ihre Angehörigen.
Pressekontakt: Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34
Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.