Senatsverwaltung lehnt Schutz von Radfahrenden in der Schönhauser Allee weiterhin ab

Fahrraddemonstration in der Schönhauer Allee; auf dem Radweg die Radfahrende

Radfahrende in der Schönhauser Allee zwischen Bornholmer Straße und Schivelbeiner Straße müssen weiterhin ohne ausreichenden Schutz auskommen. Die Berliner Senatsverwaltung bleibt bei ihrer Auffassung und lehnt einen geschützten Radfahrstreifen weiterhin ab – mit der Begründung, ein solcher sei „nicht erforderlich“, da Radfahrende „einfach die Straße nutzen“ könnten. Dabei schreibt das Mobilitätsgesetz geschützte Radwege auf allen Hauptverkehrsstraßen in Berlin vor. Changing Cities kritisiert die Entscheidung scharf: „Wozu haben wir Gesetze, wenn sie vom Senat ignoriert werden?“

Bereits am 1. Februar 2024 hatten mehrere Personen, die die Straße regelmäßig mit dem Rad nutzen (müssen), mit Unterstützung von Changing Cities einen Antrag auf Einrichtung eines geschützten Radfahrstreifens für die Schönhauser Allee gestellt. Nachdem die Verwaltung auch nach Monaten nicht reagierte, haben die Betroffenen im Juli 2024 Untätigkeitsklage erhoben, um endlich eine Antwort zu erhalten. Der erst daraufhin im August 2024 ergangene Ablehnungsbescheid verwies auf die angeblich ausreichende bauliche Trennung der bestehenden Radwege vom Autoverkehr. Daraufhin legten die Betroffenen Widerspruch ein – und erneut vergingen Monate, ohne dass eine Antwort erfolgte. Am 28. Februar 2025 wurde daher eine weitere Untätigkeitsklage gegen den Senat erhoben.

Am 3. Juni 2025 kam nun der Widerspruchsbescheid – nach über einem Jahr. Darin enthalten ist eine erneute Absage der Senatsverwaltung: Der bestehende Radweg sei ausreichend und in einem „guten baulichen Zustand“. Eine Gefährdungslage erkenne man nicht. Die Verwaltung beruft sich auf ihren weiten Entscheidungsspielraum und kommt zu dem Schluss, dass ein geschützter Radfahrstreifen schlichtweg nicht erforderlich sei. Besonders zynisch wirkt die Argumentation, dass „schnelle und sichere Radfahrende die Fahrbahn nutzen“ könnten, um so den „fließenden Radverkehr“ zu sichern. Ein solcher Verweis auf die Nutzung der Fahrbahn verkennt die reale Gefahrenlage auf einer hochbelasteten Hauptverkehrsstraße wie der Schönhauser Allee – insbesondere für weniger geübte oder jüngere Radfahrende, die sich vermutlich nicht auf die Straße wagen. 

Insbesondere die Unfallzahlen genügen der Senatsverwaltung nicht, das stellt sie explizit klar. Zur Erinnerung: Auf dem betreffenden Straßenabschnitt wurden von 2018 bis 2022 Unfälle mit Personenschaden und Fahrradbeteiligung wie folgt erfasst: 17 (davon eine*r schwer) verletzte Radfahrende an der Westfahrbahn im Teilabschnitt Bornholmer Straße bis Schivelbeiner Straße sowie 20 (davon eine*r schwer) verletzte Radfahrende an der Ostfahrbahn im Teilabschnitt Wichertstraße bis Wisbyer Straße. Dabei ist von einer erheblich höheren Dunkelziffer von Fällen auszugehen, in denen nicht die Polizei gerufen wurde. Die Schlussfolgerung der Senatsverwaltung, dass Radfahrende hier sicher seien, wirkt vor diesem Hintergrund wie blanker Hohn.

Changing Cities kritisiert diese Entscheidung scharf. „Das ist ein Schlag ins Gesicht aller, die sich für sichere und inklusive Radinfrastruktur einsetzen. Die Realität auf der Straße wird ignoriert und Unfallzahlen werden bagatellisiert. Ein klarer Maßstab dafür, wann hier seitens der Verwaltung von einer Gefahrenlage ausgegangen wird, ist für uns nicht erkennbar – wenn diese Zahlen nicht ausreichen – was muss noch passieren?“, fragt Paul Jäde vom Changing Cities Legal Team.

Insgesamt fünf Anträge auf geschützte Radwege auf Hauptverkehrsstraßen haben Betroffene mit der Unterstützung von Changing Cities im Februar 2024 gestellt. Die vier weiteren Straßen sind: Leipziger Straße, Hermannstraße, Treskowallee und Kaiser-Friedrich-Straße. In allen Fällen liegt eine Gefahrenlage vor, die die Senatsverwaltung laut StVO dazu verpflichtet, „die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer*innen zu gewährleisten”. Antworten von der Senatsverwaltung stehen in allen vier Fällen aus. 

Weiterführende Links:
Informationen zu Radwegeklagen