Senat bremst Verkehrswende aus: Radverkehrsplan darf nicht zum Plänchen verkommen

Gemeinsame Pressemitteilung von ADFC Berlin und Changing Cities

ADFC Berlin und Changing Cities kritisieren massive Qualitätsprobleme bei Radverkehrsplan und weisen gemeinsam mit VCD Nordost und BUND auf mehr als 400 Mängel in Radnetz-Entwurf hin.

Im gestrigen Treffen zwischen der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und den Verbänden endete das Beteiligungsverfahren zum Radverkehrsplan. Der Radverkehrsplan, der das Radnetz enthält, ist das wichtigste Planungsdokument zur Umsetzung des Mobilitätsgesetzes. ADFC Berlin und Changing Cities kritisieren, dass der gesetzlich geforderte und notwendige Maßnahmenplan darin jetzt ausgesetzt werden soll. Denn der Radverkehrsplan in seiner jetzigen Form enthält keine genauen Angaben, wo und wann Radinfrastruktur in Berlin gebaut werden soll. Die Verbände fordern jetzt entschlossenes Handeln, um das wichtige Dokument noch in dieser Legislaturperiode in vertretbarer Qualität zu verabschieden.

„In ganz Berlin sollen laut Mobilitätsgesetz Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit schnell und bequem durch ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz miteinander verbunden sein. So werden Groß und Klein eingeladen, klimafreundlich und gesund aufs Rad umzusteigen. Verkommt der Radverkehrsplan jetzt zum Plänchen, wird es nichts mit der Verkehrswende in Berlin. Wir erwarten, dass der Senat die festgestellten Mängel beim Entwurf des Radnetzes prüft und jetzt nachbessert“, sagt Frank Masurat, zuständig für Politik im Vorstand des ADFC Berlin.

Die Verbände Changing Cities, ADFC Berlin, VCD Nordost und BUND weisen auf mehr als 400 Mängel beim Entwurf des Radnetzes in einer gemeinsamen Stellungnahme hin. Darunter fallen strukturelle Probleme wie etwa die mangelnde Ortskenntnis beim Erstellen, wodurch etwa geeignete Nebenstraßen kaum Beachtung im Vorrangnetz finden. Weiterer Kritikpunkt sind die absehbaren Konflikt- und Gefahrenstellen wie etwa, dass ein Großteil des Vorrangnetzes auf Hauptverkehrsstraßen angedacht ist. Das würde beispielsweise absehbare Konflikte zwischen dem Rad- und dem Autoverkehr sowie zwischen dem Rad- und dem Busverkehr bedeuten.

„Es war einmal eine Berliner Verkehrswende… So müssten die ersten Sätze des Radverkehrsplans lauten. Es ist ein Schlag ins Gesicht für die Expertinnen und Experten der Zivilgesellschaft, wenn ihre 400 Hinweise zum Radnetz nur zur Kenntnis genommen werden. Wenn der gesetzlich vorgeschriebene Bau von Radinfrastruktur bis 2030 keinem übergeordneten Plan folgt, sondern den einzelnen Verfahrensträgern in den zwölf Bezirken überlassen wird. Und wenn weder klare Qualitätskriterien noch überprüfbare Ziele im Radverkehrsplan festgehalten sind. Wie soll denn eine Verkehrswende gelingen?“, fragt Jens Steckel, Changing Cities.

Bei der Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes im Juli 2018 sind erhebliche Inhalte zur Verbesserung der Radinfrastruktur in den Radverkehrsplan ausgelagert worden. Das Radverkehrsnetz hätte laut Gesetz im Juli 2019 fertig sein müssen, der Radverkehrsplan im Juli 2020. Der Radverkehrsplan sollte konkrete Ziele und Maßnahmen enthalten und den Bezirken Fristen und Zwischenschritte vorgeben. So wie der Radverkehrsplan jetzt vom Senat angedacht ist, enthält er weder die notwendigen Fristen noch konkrete Maßnahmen. Diese sind wichtig, um die im Mobilitätsgesetz beschlossene Verkehrswende tatsächlich auf die Straße zu bringen. Denn gibt es keine Zwischenziele, lässt sich auch der Grad der Umsetzung nicht messen. Auch die Chance auf eine mögliche Nachsteuerung der Vorhaben wird damit vertan.

Im Sinne der Beteiligung der Berliner Bevölkerung braucht es den Maßnahmenplan inkl. Fristen auch, um die geplante Umgestaltung auf den Straßen Berlins transparent zu machen. So können Anwohnerinnen und Anwohner auch mittelfristig sehen, was auf sie zukommt. Nur so kann die Akzeptanz für die Umverteilung des öffentlichen Raums im Sinne der klimafreundlichen Mobilität in der Stadt steigen.

Die Verbände fordern den Senat jetzt dazu auf, das weitere Verfahren zu definieren, um die Umsetzung des Radverkehrsplans wie er vom Gesetzgeber vorgesehen ist, zu gewährleisten.

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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

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