Offener Brief: VwV unverändert verabschieden!

Gemeinsam mit FUSS e. V. und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband haben wir einen offenen Brief an den Verkehrsminister*innen der Länder geschrieben mit der Aufforderung, die Änderungsvorschläge zu den Verwaltungsvorschriften zur StVO abzulehnen. Die 46 Änderungsvorschläge widersprechen in vielen Fällen der Idee hinter den StVG und StVO-Reformen.

Offener Brief an die Ministerinnen, Senatorinnen, Minister und Senatoren für Verkehr der 16 Bundesländer

Die Reformen von StVG und StVO in 2024 sollen den Städten und Kommunen nun deutlich mehr Handlungsspielräume ermöglichen. Am 21.3. wird der Bundesrat über die Folgeänderungen der Verwaltungsvorschrift zur StVO abstimmen. Der vorliegende Antrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr bringt aus unserer Sicht wesentliche Verbesserungen.

Dem gegenüber stehen 46 Änderungsanträge der Länder, von denen die meisten darauf abzielen, den Kommunen weiter nur geringen Handlungsspielraum zu geben. Um die Reformziele dennoch zu erreichen, raten wir dringend, folgende Änderungsanträge abzulehnen:

1. Die Anträge 2, 4 und 7 spiegeln eine ganz klare Priorisierung der Leichtigkeit des Kfz-Verkehrs wider. Ihre Annahme würde massive Erschwernisse bei der Einrichtung von Fußgängerüberwegen (Zebrastreifen) bedeuten.

2. Antrag 11 negiert die besondere Schutzbedürftigkeit nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmender und – ein besonderer Skandal – die Schutzbedürftigkeit von Menschen mit Behinderungen. Im Sinne der Vision Zero – keine weiteren Verkehrstoten – sollte die Schutzbedürftigkeit besonders vulnerabler Personengruppen unbedingt mit aufgenommen werden.

3. Antrag 12 verneint die positive Wirkung des nicht-motorisierten Fuß- und Radverkehrs auf die Leichtigkeit des Verkehrs. Die wissenschaftlichen Evidenzen zu den Themen Verkehrsverlagerung und Verkehrsverpuffung belegen das Gegenteil.

4. Die Anträge 16-17 und 19-20 zielen darauf, den in der Praxis einzig wirksamen, physischen Schutz von Fahrradstraßen zu verbieten. Die in der Antragsbegründung behaupteten Risiken sind durch wissenschaftliche Evidenz nicht haltbar.

5. Die Annahme der Anträge 14 bis 20 würde die Einrichtung von Fahrradstraßen enorm erschweren.

6. Die Annahme der Anträge 24 und 25 würde den aktuellen Flickenteppich und Schilderwald zwischen Tempo 50 und Tempo 30 nur noch mehr verstärken. Geschwindigkeits-Anordnungen und die zeitliche Geltung von Tempolimits würden sich in rascher Folge abwechseln. Dabei ist hier dringend eine Vereinheitlichung von Geltungszeiten und Tempolimits geboten.

7. Die Annahme von Antrag 29 würde die Funktion der Gehwege als Verkehrs- und Schutzraum des Fußverkehrs stark beeinträchtigen. Damit wäre es möglich, große Teile von Gehwegen legal zu Parkraum zu erklären. Das steht in eklatantem Widerspruch zur Absicht, Fußverkehr zu schützen und zu fördern.

8. Die Annahme der Anträge 32 bis 38 würde Kommunen Handlungsspielräume nehmen, die sie mit der StVO-Novellierung von 2024 gerade erhalten sollen. Sie würde ihnen für die Verkehrsflächenplanung zusätzlich bürokratische Hemmnisse auferlegen, statt solche zu reduzieren.

9. Antrag 39 behauptet, dass durch Radfahrstreifen keine angemessenen Flächen für den Radverkehr bereitgestellt werden könnten. Es wird versucht, eine Analogie zur Radwegbenutzungspflicht herzustellen.

Wir sind zuversichtlich, dass Ihr Bundesland derartige Hindernisse der kommunalen Verkehrsplanung nicht unterstützt, sondern die Modernisierung des Straßenverkehrsrechts und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmender in den Vordergrund stellt.

Hintergrund:
Hier die Drucksachen, über die im Bundesrat abgestimmt wird