Lasst die Kinder raus!

Bei einer Schulstraßen-Aktion haben Kinder neben zwei Kinderfahrradäder auf dem Asfalt geschrieben: „30 ist das neue 50“

Deutsche Städte sind nicht auf Kinder eingestellt und tun sich schwer damit, Kindern sichere Alltagswege zu schaffen – das zeigt eine neue Studie des Clean Cities Netzwerks. Im Vergleich mit anderen europäischen Städten hinkt Deutschland deutlich hinterher. In den letzten Wochen haben deshalb Kinder und ihre Eltern mit 40 Aktionen an 14 Orten für Schulstraßen demonstriert.  In insgesamt 550 Orten europaweit gingen hunderttausende für kindgerechte Mobilität auf die Straße. Changing Cities fordert gemeinsam mit ihnen eine Neuordnung des öffentlichen Raumes: Platz für Kinder, Platz für Begegnung, Platz für Abkühlung.

Nürnberg und Fürth haben vorgelegt. Nach Aktionen an 11 Schulen für Schulstraßen und einer Podiumsdiskussion mit den fünf demokratischen Parteien des Stadtrates gibt es jetzt ein Versprechen: Schulstraßen werden für alle 11 Schulen als Modellversuch beantragt! 

„Kinder brauchen Übersichtlichkeit und eine Infrastruktur, die Fehler verzeiht – von beidem profitieren nicht nur sie. Die Lösungen gibt es. Wir – die Erwachsenen – müssen sie umsetzen: Ein bisschen langsamer fahren (Tempo 30), mehr Aufmerksamkeit füreinander und Straßen, die Platz, Sichtbarkeit und Klarheit für alle Verkehrsteilnehmenden schaffen. Kompliziert ist es eigentlich nicht, mehr eine Frage der Prioritäten. Sind wir endlich so weit?”, fragt Girina Holland von Changing Cities.

In Bologna, Brüssel, Oslo und Helsinki gab es keine Verkehrstoten mehr seit Tempo 30 gilt. Sichere Radwege und autofreie Schulstraßen verleihen London und Paris ein Höchstranking in der Studie zur kindgerechten Mobilität. Wo ist also das Problem in Deutschland? Die StVO-Novelle ermöglicht den Kommunen, viel mehr Verkehrssicherheit zu schaffen – und trotzdem zögern viele noch. Changing Cities fordert alle Kommunen dazu auf, die aktualisierten Möglichkeiten zu nutzen: Verkehrsberuhigung besonders auf hochfrequentierten Schulwegen, Unterbindung des Durchgangsverkehrs oder Anordnung von Fußgängerüberwegen. Nicht die Gesetze sind heute noch das Problem, es sind die Köpfe.

Die Berliner Senatsverwaltung musste zugeben, dass „keine auswertbare lückenlose Übersicht aller Standorte von sensiblen Einrichtungen wie Kitas oder Spielplätzen“ existiert, und fordert laut Tagesspiegel Schulen und Kitas deshalb auf, sich „direkt an die Zentrale Straßenverkehrsbehörde [zu] wenden, falls ihre Zugänge noch keine ausreichenden Sicherungen aufweisen“. Diesen Aufruf teilen wir gerne.

Weiterführende Links:
Hintergründe zur StVO-Novelle und VwV-StVO (Präsentationen)
Tagesspiegel Checkpoint vom 26. Mai
Parlamentarische Anfrage vom 15. Mai