#Kiezblocks – ein Modell für ganz Berlin

Gleich an zwei aufeinanderfolgenden Abenden zeigte die Berliner Zivilgesellschaft, dass sie es mit den #Kiezblocks ernst meint: In Pankow wurden 18 Kiezblocks vorgestellt, am Abend darauf ging es um ganz Berlin. In einer von Changing Cities organisierten Diskussionsrunde signalisierten die verkehrspolitischen Sprecher der rot-rot-grünen Koalition ihre Unterstützung für das Konzept, das den Durchgangsverkehr in Kiezen auf ein Minimum reduziert und die Aufenthaltsqualität deutlich verbessert. Es wurde aber auch deutlich, dass das Zuständigkeitspingpong zwischen Senat und Bezirken Innovationen wie #Kiezblocks im Wege steht.

Einigkeit entstand schnell, dass mit #Kiezblocks – Quartiere ohne Durchgangsverkehr – die Aufenthaltsqualität der Berliner Quartiere erhöht werden kann. Carolina Mazza vom ADFC Berlin sah darin eine umsetzbare Vision für Berlin: Viele Initiativen arbeiten bereits in dieser Richtung und fordern Multimodalität – also vielfältige Mobilität im Gegensatz zur bisherigen eindimensionalen autogerechten Stadt. Zudem ermöglichen Kiezblocks schnelle Abhilfe bei gefährlichen Verkehrssituationen für den Fuß- und Radverkehr.

Harald Wolf von den Linken riet den Bürgerinitiativen, alle Akteure rechtzeitig miteinzubeziehen, und betonte die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Verkehrsverwaltung, wie im Mobilitätsgesetz festgeschrieben. Priorität hat nicht mehr die Leichtigkeit des Kfz-Verkehrs, sondern der Umweltverbund, also Fuß-, Rad- und öffentlicher Nahverkehr.

Harald Moritz von Bündnis 90/Die Grünen betonte die Notwendigkeit des Drucks aus der Bevölkerung, „auch wenn es manchmal schmerzt“. Er argumentierte aber auch, dass das größere Problem sei, den Autoverkehr durch andere Mobilitätsformen zu ersetzen. #Kiezblocks seien dennoch ein wichtiger Baustein für eine lebenswerte Stadt und entsprächen sowohl dem Mobilitätsgesetz als auch den Zielen der Berliner Koalition im Sinne einer Verkehrswende.

„Jetzt brauchen wir nur noch die Bezirke“, meinte Tino Schopf von der SPD. Er verwies auf Verwaltungsmitarbeiter*innen, die 30 bis 40 Jahre lang nur für das „Auto geplant haben“. Wenn diese „#Kiezblocks“ hörten, sagten sie nur: „Wat wollt ihr?“ Daher müssten auch Verwaltungsmitarbeiter*innen überzeugt und mitgenommen werden, denn die Prozesse in der Verwaltung seien kein Selbstläufer.

Dr. Julia Jarass vom DLR, Institut für Verkehrsforschung, berichtete, dass vermeintliche Nachteil einer Verlagerung der Verkehrsströme auf die Hauptstraßen in Barcelona, dem Geburtsort der sog. Superblocks, von der Stadtverwaltung mit einem konsequenten Tempo 30 begegnet wurde. Zudem forderte sie mit Blick auf die erfolgreiche Entwicklung in Barcelona, auch für Berlin eine stadtübergreifende Kiezblock-Strategie zu entwickeln.

Am Ende bestand Konsens, dass das Konzept der #Kiezblocks in Berlin angekommen sind. Mit Einwohner*innenanträgen in den Quartieren, mit Runden Tischen der Berliner Akteur*innen sowie einer Fachtagung für Verwaltung und Politik mit nationalen und internationalen Gästen wird das Konzept #Kiezblocks in Berlin weiter Wellen schlagen. In einem halben Jahr, am 13. August, werden die Teilnehmer*innen sich wieder treffen und diskutieren, wie Hemmnisse abgebaut werden, und sie können dann hoffentlich auch die Umsetzung der ersten Berliner Kiezblocks verkünden.

Anschlussveranstaltungen von Changing Cities:

Kiezblocks – Lebendige Straßenräume für alle – Teil 2:
Donnerstag, 13. August, 19 Uhr 

Kaskel-Kiezblocks:
Mittwoch, 19. Februar, 20 Uhr, Museum Lichtenberg (Türrschmidtstraße 24, 10315 Berlin)

Kiezblocks – Stadtwerkstatt:
Donnerstag, 27. Februar, 19 Uhr,
 Stadtwerkstatt (Karl-Liebknecht-Straße 11, 10178 Berlin)

Kiezblocks-Ostkreuz (Friedrichshain):
Freitag, 13. März, 17 – 20 Uhr oder 
Samstag, 14. März, 14 – 17 Uhr, um Anmeldung wird gebeten unter kiezblocks@changing-cities.org Lovelite (Haasestraße 1, 10245 Berlin)

Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Präsentation #Kiezblocks am Beispiel Ostkreuz vom 13.02. (Nur zur Info, keine Veröffentlichung)

Karte der 18 #Kiezblocks in Pankow

Was sind #Kiezblocks?

Bericht von #Kiezblock-Treffen in Pankow am 12. Februar

Das Berliner Mobilitätsgesetz (mit Begründungen)

Bilder zur kostenlosen Nutzung für die Presseberichterstattun

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.