Verkehrswende-Monitor Berlin: Das Gesetz

Das Berliner Mobilitätsgesetz wurde im Sommer 2018 verabschiedet. Als erstes Bundesland hat Berlin entschieden: Der Umweltverbund aus Fuß- und Radverkehr, Bus und Bahn erhält Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr. Das Problem dabei ist die unpräzise Formulierung vieler Vorgaben. Mit unserer Forderung nach messbaren Zielen konnten wir uns leider nicht durchsetzen. Dennoch packen wir jetzt die systematische Überprüfung an: Was wurde seit der Verabschiedung umgesetzt?

Für den Bereich Radverkehr haben wir nun jeden einzelnen Paragrafen recherchiert und dokumentiert, ob er tatsächlich umgesetzt wurde. Als Trägerverein des ehemaligen Volksentscheids Fahrrad liegt uns der Abschnitt zur Entwicklung des Radverkehrs besonders am Herzen. Deswegen konzentrieren wir uns beim Monitoring des Gesetzes zunächst auf diesen Abschnitt. 

So begründen sich unsere Daten.
Hier ist das gesamte Mobilitätsgesetz zu finden.

Letzte Aktualisierung: 15. März 2024

Unsere Auswertung

Besondere Ziele der Entwicklung des Radverkehrs (§ 36)

§ 36 Absatz 1

Das Land Berlin hat eine an den Zielen der §§ 3 bis 15, der auf den Radverkehr bezogenen Ziele und Vorgaben des StEP Mobilität und Verkehr sowie den besonderen Zielen zur Entwicklung des Radverkehrs nach Maßgabe der folgenden Absätze 2 bis 7 ausgerichtete Förderung eines attraktiven, leistungsfähigen und sicheren Radverkehrs sicherzustellen.

Unsere Bewertung:
Die Grundlagen für die Radverkehrsförderung nach genannter Maßgabe sind geschaffen. Die Realisierung von Radverkehrsmaßnahmen erfolgt aber häufig nicht im Einklang der genannten Zielen, etwa wenn Interessen des ruhenden Verkehrs zu Lasten sicherer Radverkehrsanlagen berücksichtigt werden.

§ 36 Absatz 2

Die Förderung des Radverkehrs ist daran auszurichten, die Mobilitätsbedürfnisse in Berlin im Zusammenspiel mit den anderen Verkehrsmitteln auch bei wachsender Bevölkerungszahl erfüllen zu können.

Unsere Bewertung:
Die Radverkehrsinfrastruktur wird ausgebaut, aber nicht so schnell, dass die Mobilitätsbedürfnisse der zunehmenden Zahl an Radfahrenden ausreichend bedient werden. Dabei konzentrieren sich Maßnahmen in wenigen Bezirken, während in anderen kaum Radverkehrsförderung betrieben wird.

§ 36 Absatz 3

Die Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs sollen bewirken, dass der Radverkehrsanteil im öffentlichen Raum wahrnehmbar deutlich ansteigt. Ziel ist ein dauerhaft nach Maßgabe der Ziele dieses Gesetzes und unter Berücksichtigung saisonaler Schwankungen optimaler Anteil des Radverkehrs am Modal Split. Konkrete Ziele sind im Radverkehrsplan festzulegen.

Unsere Bewertung:
Das Ziel liegt in der Zukunft (2030) und wurde bisher nicht erreicht; aktueller Stand (2018, SrV) des stadtweiten Radverkehrsanteils bezogen auf alle Wege: 18%.

§ 36 Absatz 4

Um das Radfahren in Berlin auf kurzen wie längeren Wegen attraktiver und sicher zu gestalten, sind Qualität und Quantität der Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs auf ein dem angestrebten Stellenwert des Radverkehrs angemessenes Niveau zu heben.

Unsere Bewertung:
Auf einigen Strecken ist das Radfahren in Berlin sicherer und attraktiver geworden. Zur vollen Punktzahl müssen die Vorgaben zum Radverkehrsnetz (§ 41) nach den Maßgaben des Radverkehrsplans umgesetzt werden. Insbesondere die geringe Umsetzungsgeschwindigkeit der Radverkehrsmaßnahmen verhindert, dass die Radverkehrsförderung auf ein ihren Zielen angemessenes Niveau gehoben wird: siehe auch das Monitoring zum Radnetz auf dieser Website.

§ 36 Absatz 5

Durch geeignete infrastrukturelle, verkehrsorganisatorische sowie kommunikative Maßnahmen ist eine objektive und möglichst hohe subjektive Sicherheit für die Radfahrenden zu erreichen. Dabei ist die vollständige Vermeidung von Verkehrsunfällen, die zu getöteten und schwer verletzten Radfahrenden führen, langfristiges Ziel und Leitlinie der Ausgestaltung von Maßnahmen zur Förderung der Sicherheit des Radverkehrs.

Unsere Bewertung:
Bisherige Maßnahmen führen nicht zu einer höheren objektiven und subjektiven Sicherheit, wie die Unfallstatistiken zeigen. Die Vorgabe ist aufgrund ihrer weichen Formulierung zudem kaum messbar.

§ 36 Absatz 6

Ein den Zielen dieses Gesetzes entsprechendes und am Nachfragepotenzial orientiertes Angebot an Leihfahrrädern ist in ganz Berlin durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. Straßenverkehrliche Sondernutzungserlaubnisse für Leihfahrradanbieter sind nur zu erteilen, soweit diesbezügliche Angebote insgesamt in allen Teilen Berlins gleichwertig bei Bedarf bereitgestellt sind. Beim Ausbau des Angebotes ist auf die Aufnahme von Rädern für die Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen hinzuwirken.

Unsere Bewertung:
Es besteht ein Berlin-weites Angebot an Leihfahrrädern, das über die letzten Jahre auf weitere Stadtteile jenseits des S-Bahnrings ausgeweitet wurde. Nach wie vor gibt es jedoch ein geringeres Angebot in Randbezirken. Ein flächendeckendes Angebot von Mobilitätsstationen (Jelbi) ist erst im Aufbau. Zudem umfasst die Modellpalette der Anbieter keine Fahrräder, die die Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bedienen.

§ 36 Absatz 7

Die umweltschonende Nutzung von Lastenrädern für private oder gewerbliche Zwecke soll ausgeweitet werden. Entsprechende Maßnahmen zur Förderung von Lastenrädern sollen sowohl deren Angebot stärken als auch die Möglichkeiten zum Abstellen von Lastenrädern erweitern.

Unsere Bewertung:
Es gab und gibt vereinzelte Förderprogramme insbesondere für die Anschaffung gewerblich genutzter Lastenfahrräder. Förderprogramme für die private Anschaffung wurden eingestellt. Von einer Ausweitung der Förderung kann also nicht die Rede sein. Sichere Abstellanlagen für Lastenräder sind zudem bisher kaum geschaffen worden.

Aufgaben und Zuständigkeiten für den Radverkehr (§ 37)

Diese Einrichtungen und Stellen werden zur Umsetzung der Ziele für die Entwicklung des Radverkehrs geschaffen.

§ 37 Absatz 1

Die für den Radverkehr zuständigen Stellen des Landes Berlin fördern den Radverkehr unter Beachtung und in Umsetzung des Radverkehrsplanes gemäß § 40 sowie der Regelungen der §§ 41 bis 48.

Unsere Bewertung:
Bislang ist der aktuell gültige Radverkehrsplan nicht vollständig umgesetzt worden. Im Dezember 2023 wurden zudem konkurrierende Hinweise der zuständigen Senatsverwaltung an die Bezirke ausgegeben, wodurch die Verbindlichkeit der Vorgabe des Mobilitätsgesetzes und insbesondere dieses Absatzes in Frage gestellt und unterminiert wird.

§ 37 Absatz 2

Bei der für Verkehr zuständigen Senatsverwaltung wird eine Koordinierungsstelle Radverkehr eingerichtet, die als Stabsstelle unmittelbar der Leitung untersteht.

Unsere Bewertung:
Eine Koordinierungsstelle Radverkehr in der zuständigen Senatsverwaltung ist eingerichtet.

§ 37 Absatz 3

Das Land Berlin kann Aufgaben der für Verkehr zuständigen Senatsverwaltung der Koordinierung, Planung, Umsetzung und dem Betrieb von Projekten sowie entsprechende Aufgaben der Bezirke an ein landeseigenes Unternehmen übertragen. Dieses gehört insoweit zu den für den Radverkehr zuständigen Stellen des Landes.

Unsere Bewertung:
Es wurde ein landesweites Unternehmen zu diesem Zwecke geschaffen, die InfraVelo.

§ 37 Absatz 4

Das Land Berlin stellt gegenüber dem landeseigenen Unternehmen sicher, dass dieses seine Tätigkeit transparent und nachvollziehbar gestaltet. Entsprechende Tätigkeitsberichte sind im Internet öffentlich auf eine Weise verfügbar zu machen, die einen Zugriff durch internetbasierte Anwendungen ermöglicht. Gleiches gilt für die durch das Unternehmen betreuten Projekte und Maßnahmen, zu denen fortlaufend und aktuell im Internet zu informieren ist. Das landeseigene Unternehmen unterliegt darüber hinaus uneingeschränkt den Vorgaben und Anforderungen des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes.

Unsere Bewertung:
Eine vollständige Transparenz ist nicht hergestellt, aber es lassen sich Teile der Projektdaten maschinenlesbar abrufen. Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz sind möglich.

§ 37 Absatz 5

Jeder Bezirk benennt eine für die Koordinierung der Radverkehrsangelegenheiten zuständige Person. In jedem Bezirk sollen mindestens zwei hauptamtlich Beschäftigte (Vollzeitäquivalente) für den Radverkehr tätig sein. Ihre Aufgaben sind Planung und Umsetzung der bezirklichen Maßnahmen zur Radverkehrsförderung; dabei arbeiten sie mit den anderen für den Radverkehr zuständigen Stellen des Landes Berlin zusammen.

Unsere Bewertung:
Die Personalstellen wurden geschaffen, sind aber nicht in allen Bezirken besetzt.

§ 37 Absatz 6

Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung initiiert und koordiniert ein Bündnis für den Radverkehr, das der Abstimmung der Maßnahmen sowie der Koordinierung der Umsetzung von baulichen und organisatorischen Maßnahmen mit dem Ziel der beschleunigten Umsetzung der Maßnahmen aus dem Radverkehrsplan dient. Neben den Bezirken und dem landeseigenen Unternehmen nach Absatz 3 sollen insbesondere die für die Umsetzung der prioritären Maßnahmen nach § 42 Absatz 3 zuständigen Einrichtungen jeweils mit entscheidungsbefugten Personen am Lenkungskreis des Bündnisses teilnehmen. Größere Radverkehrsmaßnahmen in den Bezirken sollen im Bündnis für Radverkehr abgestimmt und die Koordinierungsstelle über den Stand der Umsetzung auf dem Laufenden gehalten werden.

Unsere Bewertung:
Das Bündnis für den Radverkehr wird nicht bei allen relevanten Entscheidungen eingebunden. So wurde beispielsweise der Stopp bereits abgestimmter und geplanter Radverkehrsmaßnahmen durch die neu ins Amt gekommene zuständige Senatorin im Sommer 2023 ohne Abstimmung im Bündnis veranlasst.

§ 37 Absatz 7

Auf Landesebene besteht ein Gremium, das die Senatsverwaltung in allen Fragen der Radverkehrspolitik unterstützt und Vorschläge und Anregungen unterbreitet („FahrRat“). Der FahrRat soll sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden, Kammern, Bezirken und zivilgesellschaftlichen und weiteren Handelnden zusammensetzen. Er wirkt auf transparente und offene Verfahrensabläufe sowie die Einbindung aller Bevölkerungsgruppen durch geeignete Beteiligungsverfahren zu einzelnen Themen der Radverkehrspolitik hin. Der FahrRat wirkt bei der Erarbeitung und Fortschreibung des Radverkehrsplans mit. Er soll vor wesentlichen Entscheidungen und Planungen mit Auswirkungen auf die gesamtstädtische Ebene gehört werden. Über die Zusammensetzung des Gremiums entscheidet das Abgeordnetenhaus auf Vorschlag des Senats.

Unsere Bewertung:
Der FahrRat wurde eingeführt und tagt halbjährlich, aber er wird nicht in wesentliche Entscheidungen einbezogen.

§ 37 Absatz 8

In den Bezirken sollen bezirkliche FahrRäte das zuständige Bezirksamt beraten. Die Zusammensetzung der bezirklichen FahrRäte wird durch die für die Planung von Straßen zuständigen Bezirksstadträtinnen oder Bezirksstadträte festgelegt. Absatz 7 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Größere Radverkehrsmaßnahmen in den Bezirken werden mit den bezirklichen FahrRäten beraten.

Unsere Bewertung:
In allen Bezirken wurden Fahrräte eingeführt. Eine regelmäßige Zusammenkunft findet jedoch nicht in allen Bezirken statt und bei wesentlichen Entscheidungen findet nicht immer eine Anhörung statt.

§ 37 Absatz 9

Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung berichtet der Öffentlichkeit jährlich über die Umsetzung der Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs und regelmäßig über den Stand der Erreichung der Ziele.

Unsere Bewertung:
Der Fortschrittsbericht Fahrrad wird bisher jährlich veröffentlicht.

Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Radverkehr (§ 38)

Mit diesen Maßnahmen wird die Sicherheit im Radverkehr erhöht.

§ 38 Absatz 1

Über das Sicherheitsempfinden von Radfahrenden an Knotenpunkten sind mindestens alle fünf Jahre, erstmals innerhalb von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, Erhebungen durch die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung oder das landeseigene Unternehmen nach § 37 Absatz 3 durchzuführen.

Unsere Bewertung:
Über das Sicherheitsempfinden an Kreuzungen werden bislang keine Erhebungen durchgeführt.

§ 38 Absatz 2

Bei der Umgestaltung eines Knotenpunktes sollen Radverkehrsanlagen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit nach dem Stand der Technik eingerichtet oder angepasst werden; Maßnahmen nach Radverkehrsplan sollen umgesetzt werden. Bei der Einrichtung der Radverkehrsanlagen sollen Knotenpunkte so gestaltet werden, dass optimale Sichtbeziehungen bestehen.

Unsere Bewertung:
Knotenpunkte, d.h. Kreuzungen werden bei den den bisherigen Radverkehrsprojekten teilweise gar nicht mitumgebaut. Als Grund wird genannt, dass ihre Planung zu aufwendig sei und zu lange dauere. Insbesondere Lichtsignalanlagen werden selten bis gar nicht angepasst. Wenn es zum Umbau kommt, erfolgt dieser in der Regel nach dem Stand der Technik.

§ 38 Absatz 3

Für Mitarbeitende im Außendienst der bezirklichen Ordnungsämter sollen bei Bedarf Dienstfahrräder bereitgestellt werden, wenn diese im Verkehrsüberwachungsdienst oder für Einsätze im Allgemeinen Ordnungsdienst eingesetzt werden sollen.

Unsere Bewertung:
In einzelnen Bezirken werden Fahrradstaffeln des Ordnungsamts zur Verfügung gestellt und eingesetzt.

§ 38 Absatz 4

Die Themen Radverkehrsförderung und Gleichstellung von Radfahrenden sind Teil von Fortbildungsprogrammen, die ausdrücklich auch für Beschäftigte mit Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen im allgemeinen Polizei- und Ordnungsdienst sowie in sonstigen Verwaltungen vorzusehen sind.

Unsere Bewertung
Hierzu liegen keine Informationen vor.

§ 38 Absatz 5

Das Land Berlin wird durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit und begleitende Kampagnen den Radverkehr fördern. Die Schwerpunkte werden in Abstimmung mit dem FahrRat nach § 37 Absatz 7 dieses Gesetzes festgelegt. Die Wirksamkeit dieser Informationsarbeit ist regelmäßig zu evaluieren und das Ergebnis zu veröffentlichen.

Unsere Bewertung:
Bislang wurde keine begleitende Kampagne durchgeführt.

Planung, Verkehrsführung und Information bei Baumaßnahmen (§ 39)

Diese Punkte sollen bei der Einrichtung von Baustellen beachtet werden.

§ 39 Absatz 1

Während aller Baumaßnahmen mit Auswirkungen auf das öffentliche Straßenland soll eine sichere Radverkehrsführung sichergestellt werden. Müssen Abschnitte von Straßen oder anderen Elementen im Radverkehrsnetz vollständig gesperrt werden, so ist für ausgewiesene Umfahrungsstrecken zu sorgen. Beschränkungen des verfügbaren Straßenraums sollen nicht zu Lasten des Umweltverbundes erfolgen.

Unsere Bewertung:
Der Leitfaden “Sicherung des Fuß- und Radverkehrs bei temporären Verkehrsmaßnahmen” wurde verabschiedet. Bauherr*innen, Bauunternehmen und Verkehrssicherungsfirmen sollen diesen anwenden. Die Anwendung wird dabei in den Bezirken unterschiedlich gehandhabt. Die Baustellen mit verkehrsrechtlicher Anordnung der zuständigen Senatsverwaltung an Hauptverkehrsstraßen richten sich überwiegend nach dem o. g. Leitfaden und sind radfreundlicher eingerichtet. Aber die zahlmäßig häufigeren Baustellen der Bezirke auf Geh- und Radwegen an Hauptverkehrsstraßen oder auf Nebenstraßen beachten den Leitfaden häufig nicht und sind oft mängelbehaftet.

§ 39 Absatz 2

Der für den jeweiligen Abschnitt relevante Verkehrszeichenplan ist vor Ort öffentlich einsehbar und barrierefrei zugänglich durch den Bauherrn oder den beauftragten Unternehmer nach § 45 Absatz 6 der Straßenverkehrs-Ordnung auszuhängen. Über Beginn und Ende von Baumaßnahmen mit Auswirkungen auf das öffentliche Straßenland ist im Internet fortlaufend zu informieren.

Unsere Bewertung:
Informationen über Beginn und Ende von verkehrlichen Baumaßnahmen sind nicht gesammelt im Internet einsehbar. Verkehrszeichenpläne sind überwiegend nicht vor Ort öffentlich einsehbar.

§ 39 Absatz 3

Bei der Planung von Baumaßnahmen im Straßenland ist zu prüfen und bei relevanten Vorhaben zu dokumentieren und unverzüglich im Internet zu veröffentlichen, inwieweit mit dem Abschluss der Baumaßnahme eine Radverkehrsanlage im Sinne dieses Gesetzes und der weiteren Regelwerke geschaffen werden kann. Bei jeder Planung und Baumaßnahme des Landes Berlin müssen die Bedürfnisse des Radverkehrs für künftige Planungen berücksichtigt werden.

Unsere Bewertung:
Es findet keine Dokumentation und Veröffentlichung im Internet darüber statt, inwieweit eine Radverkehrsanlage beim Abschluss von Baumaßnahmen geschaffen werden kann.

Aufstellung und Fortschreibung Radverkehrsplan (§ 40)

Diese Punkte sollen bei der Entwicklung des Radverkehrsplans berücksichtigt werden.

§ 40 Absatz 1

Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung stellt einen Radverkehrsplan auf. Bei der Aufstellung des Radverkehrsplanes sind die in § 36 Absatz 1 benannten Ziele und Vorgaben sowie die für den Radverkehr maßgeblichen Ziele der Stadtentwicklungs- und Regionalplanung und deren Konkretisierung in entsprechenden aktuellen Planwerken zugrunde zu legen und umzusetzen.

Unsere Bewertung:
Ein entsprechender Radverkehrsplan ist aufgestellt und veröffentlicht worden.

§ 40 Absatz 2

Der Radverkehrsplan dient insbesondere zur Sicherung und Verbesserung der für den Radverkehr notwendigen Infrastruktur. Der Radverkehrsplan enthält konkrete Ausbauvorgaben insbesondere zur Errichtung des Radverkehrsnetzes unter Angabe von Jahresausbauzielen (Quantitäten) und Schritten zur Verwirklichung der Ziele (Ausbaupfade) sowie zu den Qualitäten der geplanten Radverkehrsanlagen. Im Radverkehrsplan sind auf Grundlage der vorhandenen und geplanten Siedlungs- und Verkehrsstrukturen Ziele und Rahmenvorgaben für die Entwicklung des Radverkehrs und der dazu notwendigen Radverkehrsinfrastruktur festzulegen. Dazu gehören Mindestanforderungen an Sicherheit, Qualität und Quantität der Radverkehrsinfrastruktur und insbesondere der Weiterentwicklung des Radverkehrsnetzes.

Unsere Bewertung:
Der Radverkehrsplan enthält die Standards zur Errichtung des Radnetzes und der Radverkehrsanlagen sowie die Ausbaupfade zur Umsetzung. Darüber hinaus definiert er Ziele und Vorgaben zur künftigen Siedlungs- und Stadtentwicklung.

§ 40 Absatz 3

Der Radverkehrsplan wird auf Vorlage der für Verkehr zuständigen Senatsverwaltung vom Senat beschlossen. Er ist als Rechtsverordnung zu erlassen und dem Abgeordnetenhaus von Berlin zur Kenntnis zu geben. Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung ist zum Erlass gemäß Satz 2 ermächtigt. Eine Beteiligung des Rats der Bürgermeister ist dabei sicherzustellen.

Unsere Bewertung:
Der Radverkehrsplan ist beschlossen worden.

§ 40 Absatz 4

Bei der Aufstellung und Fortschreibung des Radverkehrsplans werden die Partner des Bündnisses für den Radverkehr, die FahrRäte sowie die Öffentlichkeit einbezogen.

Unsere Bewertung:
Bei der Aufstellung des Radverkehrsplans wurden die FahrRäte nur indirekt einbezogen, es gab Workshops bei der zuständigen Senatsverwaltung mit Teilnehmenden aus dem Kreis der FahrRäte. Die Fortschreibung des Radverkehrsplans steht noch aus.

§ 40 Absatz 5

Die Datengrundlagen des Radverkehrs sollen so ausgeweitet werden, dass Radverkehrsbewegungen als valide Eingangsgröße für die Aufstellung und Evaluation des Radverkehrsplans oder von Maßnahmen genutzt werden können. Hierbei sollen unter anderem weitere automatische Zählstellen zum Einsatz kommen. Die gezählten Radverkehrsbewegungen sind im Internet öffentlich verfügbar und auf digitaler Basis nutzbar zu machen.

Unsere Bewertung:
Die Datenerhebung wurde nicht entsprechend ausgeweitet. Seit Einführung des Radverkehrsplans wurden drei neue Dauerzählstellen und keine neuen Pegelstellen eingerichtet. Die Daten aus bisherigen Zählstellen sind öffentlich einsehbar.

§ 40 Absatz 6

Der Radverkehrsplan hat Aussagen zu seiner Evaluation und zum Monitoring zu treffen. Die Ergebnisse von Evaluation und Monitoring werden dem Abgeordnetenhaus von Berlin jeweils vor der nächsten Fortschreibung des Radverkehrsplans vorgelegt. Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung lässt die Wirkungen der Maßnahmen nach diesem Gesetz evaluieren. Dabei ist die Anzahl der mit dem Rad zurückgelegten längeren Wege als Indikator für die Wirksamkeit der Radverkehrsförderung zu berücksichtigen.

Unsere Bewertung:
Es werden nur ausgesuchte Ziele evaluiert und es findet kein systematischer Ist/Soll-Vergleich statt. Eine Evaluation der Wirksamkeit der Maßnahmen wurde bisher nicht veröffentlicht.

§ 40 Absatz 7

Der Radverkehrsplan soll erstmalig innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgestellt und spätestens alle fünf Jahre fortgeschrieben werden.

Unsere Bewertung:
Der Radverkehrsplan wurde aufgestellt, allerdings mit 1,5 Jahren Verspätung (12/2021 statt 06/2020). Die Fortschreibung nach fünf Jahren ist noch nicht fällig.

§ 40 Absatz 8

Im Vorgriff auf die erstmalige Aufstellung des Radverkehrsplans legt die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung Vorgaben in Bezug auf Handlungsziele und Maßnahmen vor, die Inhalt des ersten Radverkehrsplans werden. Diese Vorgaben für die Radverkehrsplanung werden vom Senat beschlossen, der sie dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnis gibt.

Unsere Bewertung:
Die Vorgaben zur Entwicklung des Radverkehrsplans sind verabschiedet.

§ 40 Absatz 9

Aus den Vorgaben für die Radverkehrsplanung ist durch die für den Verkehr zuständige Senatsverwaltung der Radverkehrsplan zu entwickeln, der die Inhalte der Vorgaben konkretisiert. Bis dahin treten die Vorgaben für die Radverkehrsplanung an die Stelle des Radverkehrsplans. Sie sind auch für die Bezirke bindend.

Unsere Bewertung:
Der Radverkehrsplan wurde auf Basis der Vorgaben entwickelt.

Berliner Radverkehrsnetz (§ 41)

Diese Ziele soll das Berliner Radverkehrsnetz erfüllen.

§ 41 Absatz 1

Das Berliner Radverkehrsnetz soll gleichwertig in allen Teilen Berlins insbesondere Wohngebiete, Arbeitsstätten, Bildungsstätten, Einkaufsgelegenheiten, kulturelle, soziale und Gesundheitseinrichtungen, Sportzentren sowie Erholungsgebiete verkehrlich miteinander verknüpfen. Auf geeignete Anschlusspunkte zum Berliner Umland wird geachtet. Es soll den verkehrlichen und wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende schnelle, bequeme und sichere Verbindungen bieten. Das Radverkehrsnetz besteht aus allen Radverkehrsanlagen und für den Radverkehr ausgewiesenen Straßen und Wegen.

Unsere Bewertung:
Die Erstellung des Radverkehrsnetzes ist noch in Umsetzung. Die Umsetzung ist erst zu wenigen Prozentpunkten erfolgt, sodass derzeit nicht absehbar ist, ob und wann die Zielvorgabe erfüllt sein wird.

§ 41 Absatz 2

Standards und Ausnahmen zur Erschließung durch das Radverkehrsnetz werden zunächst in den Vorgaben der Radverkehrsplanung festgelegt und dann in den folgenden Radverkehrsplänen fortgeschrieben.

Unsere Bewertung:
Der Radverkehrsplan ist erstellt, eine Fortschreibung ist bislang nicht nötig.

§ 41 Absatz 3

Das Berliner Radverkehrsnetz wird durch einen Netzplan als Bestandteil des Radverkehrsplanes beschrieben. Der Netzplan ist von der für Verkehr zuständigen Senatsverwaltung binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erarbeiten.

Unsere Bewertung:
Der Netzplan ist erstellt, allerdings mit Verspätung (statt Mitte 2019 Ende 2021). Anders als im MobG (§ 43) vorgeschrieben, fehlen die zu schaffenden Radverkehrsanlagen an allen Hauptverkehrsstraßen im Radverkehrsnetz, sofern sie nicht im Vorrang- oder Ergänzungsnetz liegen.

§ 41 Absatz 4

Die Herstellung des Radverkehrsnetzes und dessen Beschilderung soll bis zum Jahr 2030 erfolgen.

Unsere Bewertung:
Das Radverkehrsnetz wird aktuell gebaut und soll bis 2030 fertig sein, ebenso die Beschilderung.

Vorrangnetz und prioritärer Umsetzungsbedarf (§ 42)

In diesem Paragrafen wird das Vorrangnetz beschrieben.

§ 42 Absatz 1

Innerhalb des Berliner Radverkehrsnetzes sind die für den Radverkehr besonders wichtigen Verbindungen, insbesondere Verbindungen von gesamtstädtischer Bedeutung, zu definieren (Vorrangnetz). Bei im Vorrangnetz ausgewiesenen Straßen soll im Rahmen des geltenden Rechts dem Radverkehr als Teil des Umweltverbundes Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr eingeräumt werden.

Unsere Bewertung:
Die Definition des Vorrangnetzes wurde entwickelt. Jedoch besteht kein Vorrang des Radverkehrs vor dem Kfz-Verkehr.

§ 42 Absatz 2

Die Qualitäten der Radverkehrsanlagen im Vorrangnetz sollen den in den Vorgaben der Radverkehrsplanung und in dem Radverkehrsplan festgelegten Standards für das Vorrangnetz entsprechen. Im Vorrangnetz Radverkehr sollen im Rahmen des geltenden Rechts die Lichtzeichenanlagen für einen fließenden Radverkehr koordiniert werden.

Unsere Bewertung:
Bislang ist keine grüne Welle für den Radverkehr eingerichtet worden und es wurde seitens der aktuellen zuständigen Senatorin eine Absage erteilt, diese einzurichten.

§ 42 Absatz 3

Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung stimmt im Bündnis für Radverkehr einen Zweijahresmaßnahmenplan ab, der die Projekte mit prioritärem Umsetzungsbedarf enthält. Dazu zählen neben dem Vorrangnetz auch wichtige Verbindungen, die noch ohne Radverkehrsinfrastruktur und ohne Alternativrouten sind, sowie stark genutzte Routen in schlechtem Zustand.

Unsere Bewertung:
Bislang ist kein Zweijahresmaßnahmenplan mit prioritärem Umsetzungsbedarf veröffentlicht worden.

Radverkehrsanlagen an oder auf Hauptverkehrsstraßen (§ 43)

So sollen Radverkehrsanlagen an Hauptstraßen gestaltet sein.

§ 43 Absatz 1

Auf oder an allen Hauptverkehrsstraßen sollen Radverkehrsanlagen mit erschütterungsarmem, gut befahrbarem Belag in sicherem Abstand zu parkenden Kraftfahrzeugen und ausreichender Breite eingerichtet werden. Diese sollen so gestaltet werden, dass sich Radfahrende sicher überholen können. Aus Sicherheitsgründen sollte sowohl auf gemeinsam geführte Geh- und Radwege als auch auf zur Nutzung durch den Radverkehr freigegebene Gehwege möglichst verzichtet werden. Bei Radwegen auf Gehwegniveau ist auf eine für alle klar erkennbare Trennung von Radweg und Gehweg zu achten.

Unsere Bewertung:
Bislang haben nur wenige Hauptstraßen Radverkehrsanlagen (RVA), die den Anforderungen genügen. Neu geschaffene RVA genügen oft nicht den Standards. Zudem zeichnet sich ab, dass die Umsetzung der Anforderung, RVA an allen Hauptstraßen einzurichten, nicht angegangen wird, insofern sich die zuständigen Verwaltung auf Senats- und Bezirksebene auf die Errichtung von RVA im Vorrangnetz beschränken.

§ 43 Absatz 2

Im Sinne vorausschauender Planung ist die in Umsetzung der Planung zu erwartende Radverkehrsnutzung bei der Dimensionierung zu berücksichtigen. Die Radverkehrsanlagen sollen so gestaltet werden, dass unzulässiges Befahren und Halten durch Kraftfahrzeuge unterbleibt. Näheres wird im Radverkehrsplan und in den Vorgaben für die Radverkehrsplanung geregelt.

Unsere Bewertung:
Wenn Radwege an Hauptstraßen neu errichtet werden, dann werden sie aktuell nach Möglichkeit geschützt und/oder ausreichend dimensioniert eingerichtet. Es werden aber auch noch einfache Schutzstreifen angelegt. Bezüglich künftiger Planungen besteht die Gefahr, dass die Radwegebreite verringert wird.

Fahrradstraßen und Nebenstraßen im Radverkehrsnetz (§ 44)

So sollen Radverkehrsanlagen an Nebenstraßen und Fahrradstraßen gestaltet sein.

§ 44 Absatz 1

Fahrradstraßen dienen als Teil des Radverkehrsnetzes der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fahrradverkehrs sowie der Entflechtung der Verkehre. Eine Ausweisung von Nebenstraßen im Radverkehrsnetz als Fahrradstraßen wird angestrebt. Die übergeordnete, stadtweite Bedeutung ist bei der Prüfung zur Einrichtung von Fahrradstraßen zu Grunde zu legen.

Unsere Bewertung:
Es wurde ein Leitfaden für Fahrradstraßen eingeführt, der
– die Durchgängigkeit,
– den Vorrang für den Radverkehr an Knoten und
– das Vermeiden von Kfz-Durchgangsverkehr vorschreibt.
Bei vielen neuen Fahrradstraßen wurde der Leitfaden angewandt, was positiv zu bewerten ist. Aber es gibt auch einige neue Fahrradstraßen, bei denen der Kfz-Durchgangsverkehr nicht unterbunden wurde und Radfahrende dadurch behindert oder gefährdet werden.

§ 44 Absatz 2

Fahrradstraßen und Nebenstraßen sollen so gestaltet werden, dass motorisierter Individualverkehr, außer Ziel- und Quellverkehr, im jeweiligen Straßenabschnitt unterbleibt.

Unsere Bewertung:
Bisher wird der Kfz-Durchgangsverkehr in Nebenstraßen und selbst in Fahrradstraßen überwiegend nicht unterbunden. Fahrradstraßen haben nur zu einem geringen Anteil modale Filter, um dies zu verhindern. Durch erfolgreiche Kiezblocks-Initiativen gibt es aber in vielen Bezirken politische Beschlüsse sowie erste Maßnahmen zur Unterbindung von Durchgangsverkehr.

§ 44 Absatz 3

Die Nebenstraßen im Radverkehrsnetz sind mit geeigneten Maßnahmen so zu gestalten, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten wird. Die Knotenpunkte sind so zu gestalten, dass alle am Verkehr Teilnehmenden gute Sichtbeziehungen haben und beim Abbiegen sicherheitsverträgliche Geschwindigkeiten eingehalten werden. Im Rahmen der geltenden Gesetze ist eine Vorfahrtberechtigung durch bauliche und verkehrsrechtliche Maßnahmen gegenüber einmündenden Nebenstraßen zu prüfen.

Unsere Bewertung:
Wenige Nebenstraßen sind bislang umgebaut worden. In den meisten Fällen findet dann ein Umbau zur Fahrradstraße statt. Die Einrichtung geschwindigkeitsbegrenzender Maßnahmen für den Kfz-Verkehr findet teilweise statt. Bei Umbau der Nebenstraße wird häufig ein Kreuzungsdesign angewendet, mit dem Kreuzungen sicherer gestaltet werden.

§ 44 Absatz 4

Nebenstraßen im Radverkehrsnetz sind für alle am Verkehr Teilnehmenden gut erkennbar als Teil des Radverkehrsnetzes zu kennzeichnen.

Unsere Bewertung:
Bislang findet keine Kennzeichnung der Nebenstraßen statt.

Radschnellverbindungen (§ 45)

So sollen Radschnellverbindungen gestaltet sein.

§ 45 Absatz 1

Radschnellverbindungen sind Verbindungen im Radverkehrsnetz, die wichtige Quell- und Zielbereiche mit entsprechend hohen Potenzialen über größere Entfernungen verknüpfen und durchgängig ein sicheres und attraktives Befahren auch mit hohen Reisegeschwindigkeiten ermöglichen.

Unsere Bewertung:
Es wurden nach einer Machbarkeitsstudie zehn Trassen für mögliche Radschnellverbindungen (RSV) ausgewählt, sie sind über die Stadt verteilt und versprechen, wichtige Quell- und Zielbereiche zu verknüpfen. Es gibt die Ankündigung des Beginns der Entwurfsplanung von drei ausgewählten RSV. Die Projektdurchführung wurde der InfraVelo übertragen. Bislang ist keine RSV eingerichtet und es wurde auch noch bei keiner mit dem Bau begonnen.

§ 45 Absatz 3

Radschnellverbindungen sollen getrennt vom Fußverkehr geführt werden. Sie sind auf eigenständigen Sonderwegen, in Fahrradstraßen oder vom motorisierten Verkehr getrennt in Straßen zu führen. Der eigenständige Sonderweg ist die bevorzugte Führungsform. Bei der Konzeption von Radschnellverbindungen muss eine sichere Führung des Fußverkehrs berücksichtigt werden. Sofern erforderlich, sind gesicherte Querungen in zumutbaren Entfernungen für den Fußverkehr einzurichten.

Unsere Bewertung:
Bislang ist keine Radschnellverbindung eingerichtet. Es wurden Standards für die Radschnellverbindungen definiert, die den genannten Anforderungen entsprechen.

§ 45 Absatz 4

Radschnellverbindungen sind durch besondere Qualitätsstandards der Linienführung, der Netzverknüpfung, der Ausgestaltung und begleitenden Ausstattung sowie der Erkennbarkeit gekennzeichnet. Näheres regelt der Radverkehrsplan.

Unsere Bewertung:
Bislang ist keine Radschnellverbindung (RSV) eingerichtet. Es wurden Standards für die RSV definiert, die den genannten Anforderungen entsprechen (Fahrspurbreite von durchschnittlich vier Metern, vom Fußweg getrennt, beleuchtet, mit hochwertigem Belag und nach Möglichkeit kreuzungsfrei und ohne Umwege). Ein Konzept zur Erkennbarkeit liegt vor.

Öffnung von Einbahnstraßen und Sackgassen für den Radverkehr (§ 46)

Einbahnstraßen und Sackgassen sollen für den Radverkehr geöffnet werden.

§ 46 Absatz 1

Alle Einbahnstraßen sollen bei der Erstellung und Fortschreibung des Radverkehrsplans auf Freigabe für das Fahrradfahren in Gegenrichtung geprüft werden. Die zuständigen Stellen orientieren sich dabei an einem von der für Verkehr zuständigen Senatsverwaltung erarbeiteten Leitfaden. Vor der Einrichtung von neuen Einbahnstraßen ist die Freigabe für den Radverkehr in Gegenrichtung zu prüfen und gegebenenfalls mit der Einrichtung der Einbahnstraße herbeizuführen.

Unsere Bewertung:
Der Leitfaden zur Überprüfung ist erstellt worden. Es liegen keine Daten vor, ob alle Einbahnstraßen überprüft worden sind.

§ 46 Absatz 2

Sackgassen sollen, soweit möglich, für Radfahrende passierbar gemacht und dieses durch Beschilderung oder Markierung gekennzeichnet werden.

Unsere Bewertung:
Sackgassen sollen per ständiger Anweisung an die Bezirke passierbar sein.

Fahrradabstellanlagen (§ 47)

So sollen Fahrradabstellanlagen in Berlin errichtet werden.

§ 47 Absatz 1

Der Bedarf nach Fahrradabstellanlagen wird regelmäßig überprüft und das Angebot entsprechend angepasst. Die Auswahl der Standorte sowie die Anzahl und Dimensionierung der Abstellanlagen soll sich am derzeitigen und erwarteten zukünftigen Bedarf des Fahrradverkehrsaufkommens orientieren, in allen Teilen Berlins gleichwertig eingerichtet werden und den Fußverkehr nicht behindern. Die Verortung und Gestaltung berücksichtigt das Sicherheitsempfinden der Nutzenden. Näheres regelt der Radverkehrsplan.

Unsere Bewertung:
Es werden immer wieder neue Abstellanlagen errichtet, die Errichtung orientiert sich überwiegend am Radverkehrsplan. Es liegen keine stadtweiten Daten dazu vor, inwieweit der Bedarf überprüft wird sowie inwieweit das neu geschaffene Angebot den Bedarf erfüllt.

§ 47 Absatz 2

Die Abstellmöglichkeiten sollen regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob sie nutzbar sind. Zerstörte oder offensichtlich nicht mehr zum Fahren geeignete Fahrräder sollen entfernt werden.

Unsere Bewertung:
In manchen Bezirken werden offensichtlich nicht genutzte Fahrräder markiert und nach Ablauf einer gewissen Zeit entfernt.

§ 47 Absatz 3

Diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten wie Fahrradboxen sollen im öffentlichen Raum insbesondere in Wohngebieten ermöglicht werden.

Unsere Bewertung:
Vereinzelt ist es möglich, Fahrradboxen im öffentlichen Raum zu beantragen.

§ 47 Absatz 4

Unabhängig von Absatz 1 Satz 1 sollen 50.000 Fahrradstellplätze an den Stationen und Haltestellen des ÖPNV sowie weitere 50.000 Fahrradstellplätze im öffentlichen Raum, insbesondere an sozialen und kulturellen Einrichtungen, an Schulen und Einzelhandelseinrichtungen bis zum Jahr 2025 eingerichtet werden. An wichtigen Regionalbahnhöfen sowie wichtigen Stationen und Haltestellen des ÖPNV sollen innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Fahrradparkhäuser und Fahrradstationen erstellt werden. Fahrradstationen sind Einrichtungen zum gesicherten Abstellen von Fahrrädern in geschlossenen Räumen, mit Vermietung von Fahrrädern sowie Serviceleistungen für Fahrräder. Ein Fahrradparkhaus ist eine überdachte bauliche Anlage zum Abstellen und Anschließen von Fahrrädern.

Unsere Bewertung:
Es werden neue Abstellanlagen an Haltestellen errichtet. Die Anzahl ist bislang nicht ausreichend.

Erhalt und Sanierung Radverkehrsnetz (§ 48)

Das Radverkehrsnetz soll erhalten und saniert werden.

§ 48 Absatz 1

Der Zustand der Anlagen des Berliner Radverkehrsnetzes soll durch die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung regelmäßig erhoben werden. Die Ergebnisse der Erhebung sollen im Internet öffentlich auf eine Weise verfügbar gemacht werden, die einen Zugriff durch internetbasierte Anwendungen ermöglicht.

Unsere Bewertung:
Die Erhebung des Zustands der Radverkehrsanlagen findet angeblich jährlich im Rahmen der Straßenbefahrung statt. Laut Aussagen der zuständigen Senatsverwaltung liegen aber keine Daten zum Zustand der Oberfläche von Radwegen vor. Die Ergebnisse werden nicht veröffentlicht und können daher nicht überprüft werden.

§ 48 Absatz 2

Mängel an der Radverkehrsinfrastruktur sollen nachhaltig nach den Qualitätsstandards des Radverkehrsplans und den Vorgaben der Radverkehrsplanung beseitigt werden. Mängel sind Schäden und behebbare Hindernisse, die zu einer Beeinträchtigung oder Unterbrechung von Verbindungen im Berliner Radverkehrsnetz führen. Mängel, die Radfahrende erheblich gefährden, sollen soweit möglich unverzüglich beseitigt werden. Ist dies nicht möglich, sollen Sicherungsmaßnahmen vorgenommen und alternative Angebote für den Radverkehr hergestellt werden. Sonstige Mängel sollen möglichst innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis beseitigt werden, es sei denn, der Mangel besteht an einer Anlage, für die eine größere Baumaßnahme vorgesehen ist. Für diesen Fall sollen temporäre Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden. Dazu gehören auch die kurzfristige Anordnung und die temporäre Einrichtung von Radfahrstreifen und Schutzstreifen.

Unsere Bewertung:
Bisher gibt es nur einzelne Lösungen auf Bezirksebene und keinen berlinweiten Mängelmelder, über den Mängel angezeigt werden können und der Arbeitsfortschritt bei ihrer Beseitigung nachvollziehbar gemacht wird. Eine Bewertung, wie viele der Mängel fristgerecht beseitigt werden, ist daher nicht möglich.

§ 48 Absatz 3

Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung stellt sicher, dass ein Register über die Mängel der Radverkehrsinfrastruktur geführt wird. Registriert werden nicht nur die in eigenen Erhebungen der zuständigen Stellen ermittelten Mängel, sondern auch Mängelmeldungen aus der Bevölkerung. Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung wird in geeigneter Weise über die Behebung der Mängel und die Verbesserungen der Radverkehrsinfrastruktur berichten.

Unsere Bewertung:
Die Anwendung “Ordnungsamt Online” dient der Bevölkerung zur Meldung von mangelhafter Radinfrastruktur. Zusätzlich werden Daten bei Straßenbefahrungen erhoben und in einem Register gesammelt. Die gesammelten Daten sind der Öffentlichkeit bislang nicht zugänglich gemacht worden.

Finanzierung der Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs (§ 49)

So werden die Maßnahmen für den Radverkehr finanziert.

§ 49 Absatz 1

Zur Finanzierung der Planung, Organisation, Ausgestaltung und Durchführung des Abschnitts Radverkehr dieses Gesetzes stellt das Land Berlin Personal- und Sachmittel nach Maßgabe der Haushaltsgesetze zur Verfügung. Dabei sind auch Mittel aus Bundes- und europäischen Förderprogrammen zur Förderung heranzuziehen.

Unsere Bewertung:
Es stehen aktuell (2024) keine Haushaltsmittel für neue Radverkehrsprojekte zur Verfügung. Die Finanzierung zur Förderung des Radverkehrs im angemessenen Umfang für die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes ist daher nicht sichergestellt.

Das gesamte Gesetz

Ohne den Volksentscheid Fahrrad hätte es das Berliner Mobilitätsgesetz nie gegeben. Hier ist das Mobilitätsgesetz zu finden. Die über 100.000 Unterschriften für eine fahrradfreundliche Stadt überzeugten die 2016 frisch gewählte rot-rot-grüne Koalition,  direkt mit der Zivilgesellschaft zu verhandeln. Das übergeordnete Ziel war die Stärkung des Umweltverbunds aus Rad- und Fußverkehr, Bussen und Bahnen und die Entwicklung Berlins zu einer menschenfreundlichen Stadt. Das Berliner Mobilitätsgesetz besteht aktuell aus sechs Abschnitten. Einer davon befasst sich mit dem Radverkehr (Abschnitt 3). Er liegt uns als Trägerverein der ehemaligen Initiative Volksentscheid Fahrrad Berlin besonders am Herzen. 

Übersicht der ausgewerteten Paragraphen zum Radverkehr



Methodik: So begründen sich unsere Daten

Für das Monitoring konzentrieren wir uns zunächst auf den Abschnitt zum Radverkehr. In einem ersten Schritt wurden die einzelnen Paragrafen, in Absätze unterteilt, in einer Tabelle gesammelt. Im Anschluss wurden Indikatoren entwickelt, anhand derer sich die Umsetzung überprüfen lässt. Der Umsetzungserfolg jedes Absatzes wurde daraufhin per Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen analysiert und mit Hilfe einer Skala von 0 bis 4 bewertet.

Zur Interpretation der Bewertungsskala:

0Die im jeweiligen Absatz genannten Aufgaben wurden noch gar nicht angegangen oder es gibt keine verfügbaren Daten. 
1Die Aufgaben wurden zumindest teilweise angegangen, aber noch nicht wesentlich bearbeitet.
2Die Aufgaben sind in Bearbeitung und in Teilen bereits erfüllt. Bis zur erfolgreichen Umsetzung ist es aber noch weit.
3Die Aufgaben sind fast erfüllt. Im Fall von mehreren Aufgaben in einem Absatz sind einzelne Aufgaben umgesetzt, andere noch nicht. 
4Die Aufgaben wurden vollständig erfüllt.

Zur Entwicklung des Bewertungsrasters und Auswertung haben wir zwei öffentliche Hackathons veranstaltet. Weitere Hackathons für die laufende Fortschrittsüberwachung sind geplant. Mindestens halbjährlich werden die Fortschritte je Absatz nun überprüft und die Bewertungen aktualisiert.

Haben wir etwas übersehen? 

Wenn Ihr Hinweise zu aktuellen Entwicklungen habt oder mitmachen möchtet, meldet Euch gerne bei uns unter monitoring@changing-cities.org

Stand der Auswertung: 15. März 2024