Der Verkehrs­traum der CDU geht heute in Erfüllung

Durch den BVG-Streik wird Berlin heute erleben, wie sich das vermeintliche Autoparadies des Senats anfühlt. Viele, die normalerweise den ÖPNV nutzen und die Straßen entlasten, aktivieren heute ihr Auto und beanspruchen Platz auf der Straße. Es dürfte ein Weg direkt in den Stau werden. 

Die Luftverschmutzung wird heute voraussichtlich rekordverdächtige Werte erreichen. Die Staus werden lang und länger und dehnen sich bis auf die Fahrradstraßen und Radwege aus. Wenn der Berliner Senat so weiter macht, können wir solche Staus jeden Tag haben, spätestens dann, wenn die extra günstige Parkvignette für Pendler*innen kommt, die Fraktionschef Stettner (CDU) versprochen hat. Staus entstehen, weil Berlin 2024 so wenig Radwege gebaut hat, weil Straßenbahnprojekte konsequent eingestampft, Gelder für den ÖPNV radikal gestrichen wurden und weil Bussonderspuren nicht angeordnet wurden. Die Politik der Senatsverwaltung ermöglicht so, dass sich Staus überall ausbreiten können. Zum ersten Mal wurde 2024 die Marke von 1,5 Millionen zugelassenen Kraftfahrzeugen geknackt – und wenn die BVG nicht wie heute streikt, steht der Großteil dieser Pkw einfach herum. Denn das Auto ist in Berlin de facto zur Mobilitätsreserve geworden: Es wird immer seltener benutzt, die Fahrleistung sinkt dramatisch. Anders als die Senatsverwaltung nehmen die Berliner*innen lieber Rad und Bahn.

„Auch wenn die CDU es nicht gerne hört: Das Auto ist in der Hauptstadt ein Auslaufmodell. Wir behandeln es zunehmend wie ein unbequemes Kleidungsstück: Schön zu haben, es hängt aber die meiste Zeit nur im Schrank. Extrem günstige Parkmöglichkeiten im öffentlichen Raum fördern dieses Verhalten: Anwohnerparken kostet 10,20 Euro pro Jahr und in 90 Prozent des Stadtgebietes ist Parken sogar kostenlos. Das Problem ist: Die Zweckentfremdung des Autos – vom Fahrzeug zum Stehzeug – findet im öffentlichen Raum statt, an einem Ort, der allen gehört, nicht nur den Autobesitzer*innen“, kommentiert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Der Streik der BVG zeigt, wie zentral der ÖPNV für das Funktionieren der Stadt ist. Ausgerechnet hier zu sparen und stattdessen noch immer auf Autos zu setzen, kommt einem geplanten Verkehrskollaps gleich. Berlin ohne Öffis ist wie das Brandenburger Tor ohne die tragenden Säulen.

Weiterführende Links:
„Der Trend geht zu Rad und Bahn: In Berlin gibt es immer mehr Autos – die immer weniger fahren“ im Tagesspiegel vom 20. Januar

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.