Bei der Informationsveranstaltung der Autobahn GmbH und der Berliner Senatsverwaltung zu den Folgen der Eröffnung des 16. Bauabschnitts der A100 fiel vor allem ein Wort: Verkehrsbündelung. Diese leiste die Autobahn auf hervorragende Art und Weise, so die geladenen Verkehrsplaner. In Abwesenheit der politisch Verantwortlichen blieb die Veranstaltung aber sehr unbefriedigend, kritisiert Changing Cities, denn viele Fragen wurden nicht wirklich beantwortet: Verkehr ist ja weit mehr als eine Ingenieurwissenschaft.
Während die Herren Verkehrsplaner die Vorteile der Stadtautobahn lobten, war die Kritik des Publikums unüberhörbar. Anwohner*innen in Friedrichshain, Treptow und Neukölln fürchten nach der Eröffnung des 16. Bauabschnitts, die Anfang September stattfinden soll, eine Zunahme des Verkehrs in ihren Wohnkiezen, auch weil die neu gebaute Hälfte der Elsenbrücke frühestens Ende des Jahres fertig werden soll. Ein Verkehrskonzept hat der Senat nicht, denn man erwartet keine relevante Verkehrszunahme. Etwaige Staus werden durch Lichtsignalanlagen (im Volksmund Ampeln) aufgelöst. Warum das bisher nicht gelingt, bleibt Geheimnis der Verkehrsplaner. Für sie mag die Annahme stimmig sein: Der Verkehr vieler Zufahrtsstraßen wird auf der Autobahn konzentriert.
Diese mechanische Sicht der Ingenieure – dort ein bisschen weniger, hier ein bisschen mehr – entspricht aber nicht den Erwartungen der Bürger*innen und auch nicht den Erkenntnissen der Verkehrsforschung: Wenn Autoverkehr attraktiven Platz zum „Fließen“ bekommt, fließt weiterer Verkehr nach, der Fluss wird stärker, bis er wieder stockt. Genau dafür wird die Autobahn gebaut: Um mehr Verkehr aufzunehmen. Wie wir motorisierten Individualverkehr reduzieren und andere Verkehrsarten attraktiver machen, um unsere Klimaziele zu erreichen, liegt naturgemäß nicht im Aufgabenbereich einer Autobahn GmbH. Politisch Verantwortliche stellten sich diesen Fragen auch an diesem Abend nicht.
„Natürlich kauft sich niemand ein Auto, um auf den 3,2 km Autobahn zwischen Grenzallee und Treptow zu fahren. Trotzdem wissen wir: „Wer Straßen sät, erntet Verkehr“. Je mehr Platz dem Kfz-Verkehr gewährt wird, desto eher wird diese Form der Mobilität gewählt. Deswegen sind die Kfz-Mengen ja auch so irrsinnig gestiegen in den letzten 100 Jahren – ohne gute Straßenverbindungen wäre das nie passiert. Da mag eine Autobahn den Verkehr noch so sehr bündeln – sie macht es einfach attraktiver, Auto zu fahren. Autobahnen werden für Pendelverkehre gebaut – nicht etwa für Wohnungen und Straßen mit Aufenthaltsqualität, Grünanlagen und sichere Schulwege. Die Innenstadtbewohner*innen wünschen sich mehrheitlich eine Bündelung von Lebensqualität – und nicht vom Kfz-Verkehr der anderen”, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Wenn es so weit ist, werde man neu nachdenken, hieß es von der Bühne. Zukunftsfähige Mobilität entsteht so nicht. Aber vielleicht noch ein paar Autobahnen.
Am 17. Mai rufen viele Organisationen zum Protest gegen die A100 auf.