Ostkreuz beruhigt sich

Nach einem Beschluss vom letzten Sommer und umfassenden Beteiligungsverfahren im Herbst werden jetzt erste Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung im Ostkreuz-Kiez in Friedrichshain-Kreuzberg umgesetzt. Dieser Prozess kam erst durch erhebliches zivilgesellschaftliches Engagement in etlichen Kiezblock-Initiativen in Schwung. „Kiezblocks wirken!“, sagt Changing Cities, Initiatorin der Kiezblock-Kampagne.

Fußgängerzonen, sichere Querungsstellen für Fußgänger*innen, zwei Schulstraßen, Durchgangssperren und Einbahnstraßen sorgen dafür, dass sich der Verkehr in dem von Durchgangsfahrten geplagten Kiez reduziert. Nach wie vor sind alle Orte im Kiez von Feuerwehr, Müllabfuhr, Lieferverkehr und privaten Kfz erreichbar. Aber die Lebensqualität in dem dicht bebauten Kiez wird durch Unterbindung des Durchgangsverkehrs deutlich verbessert. 

„Es ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte! Zuerst fordern Anwohner*innen eine Verkehrsberuhigung vor ihrer Haustür, daraufhin erstellt die Verwaltung ein umfassendes Konzept für den ganzen Bezirk unter Abwägung aller Interessen. So sollte die Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und Verwaltung aussehen”, freut sich Katharina Schlüter, Geschäftsführerin von Changing Cities.

Der Begriff Kiez lässt an ein „urbanes Dorf“ denken. Tatsächlich ist hier eher die Rede von einer Mittelstadt, denn im Planungsgebiet wohnen 43.000 Menschen. Hiermit wird auch deutlich, dass das Prinzip Kiezblock sich eben nicht auf ein paar Poller reduzieren lässt – es entfaltet seine volle Wirkung erst, wenn es in ein größeres Stadtentwicklungskonzept eingebettet ist. Friedrichshain-Kreuzberg ist diesen Schritt gegangen und hat eine bezirksweite, flächendeckende Verkehrsberuhigung beschlossen. 

Nun sind vor allem die Finanzen das Problem: Der Senat hat die Mittel zur Verkehrsberuhigung erheblich gekürzt. Der Bezirk erklärt selber, dass er erst mit mehr personellen und finanziellen Ressourcen die demokratisch beschlossenen Maßnahmen vollends umsetzen kann. 

„Wir steuern hier auf ein demokratisches Problem zu: Die Zivilgesellschaft ergreift die Initiative und setzt wichtige Themen auf die politische Agenda. Diese werden dann wie in diesem Fall demokratisch in den Bezirksverordnetenversammlungen beschlossen. Aber auf Landesebene weigert sich der Senat, die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. So entsteht schnell ein „Die gegen uns“-Gefühl – und genau das fördert Populismus und gesellschaftliche Spaltung. Der Senat blockiert also nicht nur Verkehrsberuhigung, sondern torpediert auch das demokratische Selbstverständnis der Stadtgesellschaft. Jetzt wäre der Moment, die Bedürfnisse der Anwohnerschaft und wissenschaftliche Expertise ernst zu nehmen und nach Kräften zu unterstützen, statt durch Blockade und Spaltung Populismus zu befördern!“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Pressekontakt:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Mehr über die verkehrsberuhigenden Maßnahmen

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.