Offener Brief an den Senat

Auf einem Boot auf der Spree ist ein großer Banner gespannt: Es ist nicht zu spät. Eine Person steht dahinter und winkt.

Sehr geehrte Bürgermeisterin Franziska Giffey, sehr geehrte Innensenatorin Iris Spranger, sehr geehrte Mitglieder des Senats,

mit großem Erstaunen haben wir die Äußerungen aus der SPD-geführten Innenverwaltung wahrgenommen, die sich gegen eine terminliche Zusammenlegung des Volksentscheids zur Änderung der Berliner Klimaziele mit der Wahlwiederholung ausspricht.

Wir fordern Sie auf, die Zusammenlegung und die damit verbundenen Vorbereitungen in die Wege zu leiten. Für die Durchführung des Volksentscheids am Tag der Wiederholungswahl des Abgeordnetenhauses sprechen gewichtige Gründe:

  • Ein getrennter Abstimmungstermin würde Mehrkosten von vielen Millionen Euro für den Berliner Haushalt und erheblichen organisatorischen Zusatzaufwand bei der Landeswahlleitung und vor allem den Bezirksämtern bedeuten. Das wäre nicht nur den Wahlhelfer*innen, sondern auch den Wählenden schwer zu vermitteln. Es ist außerdem fraglich, ob überhaupt ausreichend freiwillige Wahlhelfer*innen für zwei Termine innerhalb weniger Wochen gefunden werden könnten. Schon bei den Berliner Wahlen 2021 war die Rekrutierung eine Herausforderung. Ein gemeinsamer Termin würde hingegen Aufwand und Kosten für die Verwaltung sparen.
  • Wahlen und Abstimmungen sind ein Kernelement unserer Demokratie. Sie sollten möglichst niedrigschwellig zugänglich sein, um allen Bürger:innen Teilhabe zu ermöglichen. Getrennte Wahl- und Abstimmungstermine bedeuten eine zusätzliche Hürde, die die Beteiligung senkt. Das kann nicht im Interesse einer demokratischen Regierung liegen. Erst recht nicht nach der für ungültig erklärten Wahl im September 2021, die bereits zu einem Verlust von Vertrauen in die Berliner Demokratie und die Leitungen der Innenverwaltung führte.
  • Im Berliner Abstimmungsgesetz heißt es in der Begründung, dass Volksentscheide grundsätzlich gemeinsam mit anderen Wahlereignissen abgehalten werden sollten. Dieser Passus wurde dort gerade deshalb aufgenommen, weil bei vergangenen Abstimmungen der öffentliche Eindruck entstanden war, dass aus politischen Gründen gezielt getrennte Termine festgelegt wurden. Wollen Sie diesem Eindruck entgegenwirken, sollten Sie dementsprechend handeln. 
  • Erst im Oktober äußerte sich der Berliner Wahlleiter Prof. Dr. Stephan Bröchler zu der Frage und ließ die Erwartung eines gemeinsamen Termins von Volksentscheid und Wahlwiederholung erkennen. Wir gehen davon aus, dass entsprechende Vorbereitungen bei der Wahlleitung erfolgten. Während der Sammelphase des Volksbegehrens wurden in Absprache mit der Innenverwaltung bereits alle zwei Wochen Unterschriften eingereicht, um eine zügige Auszählung der Bezirksämter zu ermöglichen. Laut offizieller Zählung (inkl. Fehlerquote) kann fest von einer Gültigkeit des Volksbegehrens ausgegangen werden.

Aus den genannten Gründen ist unserer Ansicht nach eine Durchführung des Volksentscheids am Tag der Wahlwiederholung machbar und auch dringend notwendig, um Vertrauen in die Berliner Demokratie nicht weiter zu gefährden. Wir fordern Sie deshalb dazu auf, dies unverzüglich in die Wege zu leiten.

Mit freundlichen Grüßen,

Unterzeichnende Organisationen (Stand 22.11.2022, 13:00h):

ADFC Berlin
Azubis 4 Future
Berlin4Future
BUND
BUND Jugend
Bundesvereinigung Nachhaltigkeit
Bündnis Berliner Straßen für alle
BürgerBegehren Klimaschutz
Changing Cities
Christians4Future Berlin/ Brandenburg
Clean River Project
Deutsche Umwelthilfe
Deutsche Wohnen und Co. enteignen
Ecosia
Fossil Free Berlin
Fridays For Future Bezirksgruppe Mitte
Fridays For Future HU
Greenpeace Berlin
Grüne Jugend Berlin
Grüne Jugend ChaWi
Hirnkost Verlag
INKOTA
innn.it
Kiezconnect
Klima im KAOS
Klimaliste Berlin
Klimaneustart Berlin
Kommunale Ökumene Treptow-Köpenick
Liquid Democracy
Mehr Demokratie e.V.
Nachhaltigkeitsbüro Humboldt Universität
Naturfreunde Berlin
Omas 4 Future
Omas gegen Rechts
Pädagogen4Future
Parents4Future Berlin
Piratenpartei
PowerShift e.V.
Volksentscheid Berlin autofrei
Volt Berlin
VVN-BdA Neukölln
Yesil Cember
100% Tempelhofer Feld
350.org

Einzelpersonen:
Anne Nemack, Unabhängiges Institut für Umweltfragen UfU e.V.
Carolin Emcke, Autorin
Kati Ziemer, Stellvertretende Vorsitzende ver.di Bezirk Berlin
Mark Benecke, Forensischer Biologe
Peter Schrott, ver.di Bezirk Berlin
Peter Wittkamp, Autor (BVG-Kampagne, heute Show)
Sebastian23, Autor und Poetry Slammer
Volker Quaschning, Prof. HTW Berlin