Hauptsache Auto

Die StVO-Novelle von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) soll mit viel Klein-Klein davon ablenken, dass private Pkw weiterhin das bevorzugte Verkehrsmittel des Ministeriums sind. Bei der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses im Bundestag positionierte sich Changing Cities eindeutig: Ein grundsätzliches Umdenken ist dringend erforderlich. „Wir müssen nichtmotorisierten Verkehrsarten den Vorrang geben“, fordert Isabell Eberlein, Vorstandsmitglied in Changing Cities.

Die Novelle der Straßenverkehrsordnung aus dem Bundesverkehrsministerium bietet wenig Überzeugendes. Ein paar kleine Verbesserungen für den Rad- und Fußverkehr, ein wenig mehr Bußgeld für Falschparker und viel über Car-Sharing und Zuständigkeiten für Autobahnen und Bundesstraßen. „Unser ‘Auch-Fahrradminister‘ kann sich schwer von der autozentrierten Verkehrsplanung verabschieden. Das Nebeneinanderfahren und grüne Pfeile für Radfahrende sind weder eine Verkehrswende noch ein entscheidender Beitrag zur CO2-Reduktion. Eine StVO-Novelle muss zukunftsrelevant sein: D.h. dem Klimaschutz untergeordnet. Umwelt- und Lebensraumzerstörung müssen konkret angegangen werden“, stellt Ragnhild Sørensen von Changing Cities klar.

Bei der gestrigen Anhörung des Verkehrsausschusses des Bundestags zur StVO-Novelle forderte Isabell Eberlein von Changing Cities eine Umkehr: „Wir müssen Verkehrssicherheit und Klimaschutz zusammendenken. Das funktioniert nur, wenn nichtmotorisierte Verkehrsarten Vorrang erhalten. Wenn innerorts nur 30 km/h zugelassen oder wenn Parkraum als Sondernutzung definiert wird – über den öffentliche Raum sollen Menschen, nicht Fahrzeuge bestimmen.“

Mit der Novelle soll der Verkehr neu geregelt werden, sie ist aber nur Kosmetik. Ladezonen für Lastenräder sollen eingerichtet werden – aber bloß nicht auf der Fahrbahn; stellt sich die Frage, ob bereits geschaffene Abstellmöglichkeiten wie Fahrradbügel damit über Nacht illegal werden. Ob die Anordnungsmöglichkeit von Fahrradzonen und Radschnellwegen mehr ist als nur Symbolpolitik, kann erst die Praxis erweisen; ebenso die Frage, ob mit der Definition eines Mindestabstands zum Überholen mehr Sicherheit für Radfahrende entsteht, solange die Polizei diesen nicht rechtssicher kontrolliert.

„Wer Verkehrswende ernst meint, verfasst kein Novellchen wie dieses – sondern gestaltet zeitgemäße Mobilität. Andi Scheuer zeigt, dass er sich keinerlei Gedanken über die Stadt der kurzen Wege, über urbanes Leben der Zukunft, und vor allem über lebenswerte Städte machen will. Der ‘Auch-Fahrradminister’ versagt und nun stehen die Länder, allen voran die Verkehrssenatorin Günther aus Berlin, in der Pflicht, moderne Verkehrspolitik in die StVO hinein zu formulieren und zu Hause auf die Straße zu bringen“, so Denis Petri von Changing Cities.

Ansprechpartner*innen für die Presse bei Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Entwurf zur StVO-Novelle

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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erste Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.