Fachgremium kritisiert Sparmaßnahmen

Der „FahrRat”, ein Beratungsgremium des Senats bestehend aus Mitgliedern der Senatsverwaltung, der Bezirke, der Verbände, des ÖPNV, der Wissenschaft, der Wirtschaft und des Tourismus, ist immer um Diplomatie und Kompromisse bemüht. Ihr Urteil zu den Sparmaßnahmen des CDU-SPD-Senats ist nun selten eindeutig ausgefallen: „Jede Förderung des Radverkehrs ist eine Investition in Klimaschutz, Gesundheit, Lebensqualität und damit in die Zukunftsfähigkeit Berlins.“

Die Mitglieder des FahrRats empfehlen im Wortlaut:

  • die Kürzungen in den Titeln des Radverkehrs zurückzunehmen oder zu minimieren,
  • die Planungen für alle Radschnellverbindungen und Fahrradparkhäuser fortzusetzen,
  • die Zuwendungen für das Leihradsystem ohne Kürzungen fortzusetzen und nicht zu unterbrechen,
  • die Zuweisungen für die InfraVelo nicht zu reduzieren,
  • die Infrastrukturmaßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit uneingeschränkt fortzusetzen.

„Sparen oder Nicht-Sparen ist die falsche Frage. Berlin muss umdisponieren: Alle Ausgaben, die nicht im Sinne der Klimaneutralität sind, müssen auf den Prüfstand und schleunigst abgebaut werden. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, denn es braucht hierfür einen gut durchdachten, sozialen Ausgleich. Aber: In Berlin sind bundesweit niedrige 280 Pkw auf 1.000 Einwohner*innen angemeldet (bundesweit: 580/1.000) – das ist etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Was der CDU-SPD-Senat mit seinen Sparmaßnahmen im Verkehrsbereich treibt, ist eindeutig Klientelpolitik für eine kleine, autofahrende Minderheit. Die Realität des Dreiviertels aller Berliner*innen, die ihre Wege nicht mit dem Auto zurücklegen, interessiert den Senat offensichtlich überhaupt nicht”, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities. 

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner nannte letzte Woche die Sparmaßnahmen eine „Realitätsanpassung“. Was aber nicht an die CDU-„Realität“ angepasst werden soll, sind die Autoprojekte: nicht die TVO (400 Mio. Euro), nicht der Schlangenbader Tunnel (41,5 Mio Euro), nicht der 16. Bauabschnitt der A100 (720 Mio. Euro), nicht der 17. Bauabschnitt der A100 (1.000 Mio. Euro), nicht das Dreieck Funkturm (409 Mio. Euro), nicht die Rudolf-Wissell-Brücke (270 Mio. Euro), nicht die Grundsanierung der A111 (444 Mio. Euro) und nicht den Marzahner Verkehrsknoten Märkische Allee/Landsberger Allee (255 Mio. Euro). Viele von diesen Projekten sind mehrjährig und vom Bund mitfinanziert. Statt auch nur eines dieser Projekte infrage zu stellen, sollen alle anderen Verkehrsbereiche und der Klimaschutz um 650 Mio gekürzt werden. Für den Radverkehr bleiben nach dem Willen des Senats gerade mal 9,5 Mio. Euro übrig.

Das Missverhältnis verschlägt einem den Atem, ist zutiefst ungerecht und anachronistisch.

Weiterführende Links:
Informationen zum FahrRat

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt lande#- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.