Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ fordert: Dauerhaft günstiges Fahren und mehr Geld für den Ausbau von Bus und Bahn

Das 9-Euro-Ticket ist ein Erfolgsmodell. Die massenhafte Nutzung zeigt zugleich den hohen Bedarf an bezahlbaren Bus- und Bahnverbindungen und die Vorzüge eines einfachen Tickets, das ohne einen Tarif-Dschungel aus den Gültigkeitsbereichen zahlloser Verkehrsverbünde auskommt. Viele Menschen steigen jetzt vom Auto auf den öffentlichen Verkehr um, für Fahrten zum Arbeitsplatz wie für Ausflüge am Wochenende. Auch wer wenig Geld hat, ist mit dem 9-Euro-Ticket mobil. Die hohe Nachfrage bringt den ÖPNV jedoch auch an seine Kapazitätsgrenzen – und läuft überall dort ins Leere, wo faktisch weder Bus noch Bahn fährt. Weder die Infrastruktur noch das Angebot sind der Nachfrage gewachsen.

Das Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ fordert Bund und Länder auf, umzulenken: Das Angebot im öffentlichen Verkehr muss besser und barrierefrei werden, damit mehr Menschen dauerhaft das Auto stehenlassen und auf Bahn unf Bus umsteigen. Außerdem brauchen wir ein einfaches und günstiges Preissystem.

Die Verkehrsministerkonferenz hat letztes Jahr das Ziel ausgegeben, die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 zu verdoppeln. Das kann nur gelingen, wenn das Angebot – vor allem auf dem Land – schnell ausgebaut wird und Bund und Länder ausreichend Geld zur Verfügung stellen: Für ein dichteres Schienennetz, mehr Bus- und Bahnverbindungen, moderne Fahrzeuge, eine leistungsfähige Infrastruktur und ausreichend neues Personal zu attraktiven Arbeitsbedingungen. Nach Ansicht des Bündnisses kostet das jährlich zehn bis zwölf Milliarden Euro. Hinzu kämen die Kosten für ein einfaches und erschwingliches Tarifsystem – klar, dass die Kommunen, die den ÖPNV heute weitgehend finanzieren, das nicht allein tragen können.

Bund und Länder haben angekündigt, in einem „Ausbau- und Modernisierungspakt“ bis Herbst 2022 konkrete Vorschläge zur Finanzierung des ÖPNV-Ausbaus vorzulegen. Das Bündnis erwartet, dass dann die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden – für den Ausbau des ÖPNV wie für ein günstiges Preissystem. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe bleibt keine Zeit mehr, Zuständigkeiten und Verantwortungen hin- und herzuschieben.  

Zitate der Bündnispartner*innen:

Martin Burkert, stellvertretender Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG): „Es ist jetzt wichtig, dauerhaft mehr Geld für den gesamten ÖPNV und dessen Ausbau bereitzustellen. Denn es muss mehr Personal eingestellt werden, die Infrastruktur ausgebaut und neue Fahrzeuge angeschafft werden. All das kann nicht über Nacht passieren. Aber nur so wird man die notwendigen Kapazitäten für die Verkehrsverlagerung auf den ÖPNV erreichen können– die auch im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart ist. Natürlich muss der ÖPNV auch preislich attraktiv sein. Nur beides zusammen wird den ÖPNV voranbringen.“

Kontakt für Nachfragen an die EVG: Anne Jacobs, Tel: 0174/878 53 51, anne.jacobs@evg-online.org

Kerstin Haarmann, Vorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD: „Es darf nach dem Ende des 9-Euro-Tickets keinen Rückfall in die bisherige Tarif-Kleinstaaterei geben. Bund und Länder müssen jetzt mit Hochdruck an einem attraktiven Ticketmodell arbeiten, damit neu hinzugewonnene und Stammfahrgäste nach dem 9-Euro-Ticket nahtlos zu einem Nachfolgeangebot übergehen können. Dies – zusammen mit einem massiven ÖPNV-Ausbau – wird viele davon überzeugen, ihr Auto stehen zu lassen.“

Kontakt für Nachfragen an den VCD: Jan Langehein, Tel.: 030/28 03 51-12, E-Mail: jan.langehein@vcd.org

Christine Behle, stellv. Ver.di-Vorsitzende: „Das 9-Euro-Ticket hilft uns, noch deutlicher zu sehen, dass der ÖPNV strukturell unterfinanziert ist. Während die Fahrgastzahlen überall steigen, wo überhaupt ein ÖPNV-Angebot besteht, werden gleichzeitig an vielen Orten im Land die Verkehrsangebote reduziert. Der Grund: Es gibt immer weniger Menschen, die zu den aktuellen Arbeitsbedingungen eine Straßenbahn fahren oder einen Bus reparieren wollen. Wir brauchen vor allem mehr Geld im System, um diese Arbeitsbedingungen zu verbessern. Sonst können wir uns von den Ausbauzielen verabschieden und von dem ÖPNV, wie wir ihn heute kennen, auch.“

Kontakt für Nachfragen an Ver.di: 
Martina Sönnichsen, Tel: 030/69 56-1011, E-Mail: martina.soennichsen@verdi.de

Achim Heier von der Attac-Kampagnengruppe einfach.umsteigen: „Die Verdopplung des ÖPNV bis 2030 und die Halbierung des Autoverkehrs im gleichen Zeitraum gehören zusammen. Gleichzeitig müssen die verbleibenden Autos kleiner und leichter werden. Da die Autokonzerne nicht freiwillig auf ihre Profite verzichten werden, müssen sie entsprechend entmachtet werden.“

Kontakt für Nachfragen an Attac: Achim Heier, Tel. 0176/87 99 37 60, E-Mail: jheier@web.de

Ragnhild Sørensen von Changing Cities: „Der Bahnverkehr muss dringend zukunftsfähig gemacht werden. Er muss nicht nur massiv ausgebaut werden, sondern auch das Drumherum einer nachhaltigen Mobilität muss funktionieren: Der Übergang zu anderen Verkehrsformen muss fließend, digital und komfortabel sein. Denn eins ist sicher: Die Zeit, als wir für alle Strecken und Mobilitätsbedarfe ein einziges Verkehrsmittel, nämlich das Auto, nutzten, ist definitiv vorbei.“

Kontakt für Nachfragen an Changing Cities: Ragnhild Sørensen, Tel: 0171/535 77 34, E-Mail: ragnhild.soerensen@changing-cities.org

Im Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ engagieren sich: Fridays for Future Germany, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Ökologischer Verkehrsclub VCD, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), BUNDjugend, attac, NaturFreunde Deutschlands, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Changing Cities e.V., Robin Wood

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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.Wenn Sie zukünftig keine Mails von uns erhalten möchten, schicken Sie bitte eine Mail an presse@changing-cities.org mit dem Betreff: KEINE WEITEREN MAILS