Bitte absteigen: Radfahrende an der Oberbaumbrücke ausgebremst

Die Oberbaumbrücke wird saniert, Rad- und Fußverkehr werden dabei wortwörtlich an den Rand gedrängt. Denn sie sollen sich den Fußweg teilen – auf der Westseite zu Fuß, auf der Ostseite nach Gutdünken. Changing Cities kritisiert, dass die VLB an der wichtigsten Spreequerung für den Radverkehr in Berlin verlangt, dass tagtäglich über 20.000 Radfahrende absteigen.

Bis Anfang November sei durch die geplanten Arbeiten laut VLB „mit erheblichen Verkehrseinschränkungen“ zu rechnen. Allerdings kann der Kfz-Verkehr bei geringem Tempo „fließen“ – für die über 20.000 Radfahrenden, die täglich die Brücke überqueren, heißt es aber: Absteigen.

Radfahrende brauchen deutlich weniger Platz als Autos, sie belasten die Fahrbahn und vor allem die Luft und damit das Klima deutlich weniger. Deshalb wurde ihnen im Mobilitätsgesetz (§39) erstmals Vorrang eingeräumt: „Während aller Baumaßnahmen mit Auswirkungen auf das öffentliche Straßenland soll eine sichere Radverkehrsführung sichergestellt werden.“

„Wir hatten gerade die Europawahl, bei der der Klimawandel ein ausschlaggebendes Argument war, aber Berlin agiert nach dem alten Muster ‘Autoverkehr zuerst‘!,“ so Dirk von Schneidemesser von Changing Cities. „Dabei ist klar, dass die Förderung des Radverkehrs zentral für eine nachhaltige Verkehrswende ist.“ Radfahren auf der Autospur während der Bauarbeiten sei zu gefährlich, argumentiert die Senatsverwaltung. Das stimmt. Aber nur dann, wenn dem Radverkehr kein Platz eingeräumt wird. Das Mobilitätsgesetz, das eindeutig den Vorrang von Rad- und Fußverkehr sowie dem ÖPNV vorschreibt, wird hier vom Senat schlicht ignoriert. Damit wird ein großer Teil des zweirädrigen Berufsverkehrs behindert und Radfahrende und zu Fuß gehende gegeneinander ausgespielt. Diese sollen eigentlich seit Juni 2018 besonders geschützt und gefördert werden.

Changing Cities fordert, eine Verkehrsführung diesen Erkenntnissen entsprechend anzuordnen, so dass Fuß- und Radverkehr sicher fließen können. Das Netzwerk fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg hat dafür heute um 17.30 Uhr eine Sitz-Demonstration an der Oberbaumbrücke angemeldet. Das Netzwerk hat dabei nicht nur die Baustelle im Blick, sondern fordert, dass beidseitig ein geschützter Radstreifen (PBL) eingerichtet wird und dafür je eine Autospur weg fällt (laut §39 Abs. 3 MobG).

Pressekontakt Changing Cities:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Über Changing Cities e.V.: Das bislang größte Projekt von Changing Cities e. V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berliner*innen unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.