Die Berliner Verkehrssenatorin behauptet im Deutschlandfunk, sie habe mit dem Stopp des Radwegeausbaus in Berlin nichts zu tun. Doch am Dienstagabend erhielten alle Berliner Bezirke ein Schreiben, in dem „die Leitung der SenMVKU“ ab sofort alle Finanzierungs- bzw. Mittelzusagen außer Kraft setzt. Changing Cities ruft am Samstag zur #Nichtmituns-Demonstration auf.
Seit gestern ist klar: Manja Schreiner (CDU) hat alle Radverkehrsprojekte in Berlin gestoppt. Die Verkehrssenatorin kommuniziert unmissverständlich, dass Projekte, die sich nicht in der vertraglichen baulichen Umsetzung oder Beauftragung befinden, ab sofort und für die kommenden Jahre eingefroren werden. Dies betrifft u. a. Radverkehrsprojekte an Hauptstraßen und im Vorrangnetz, die Radschnellverbindungen und Fahrradstraßen. Es geht also um hunderte Projekte in der Stadt, die laut Mobilitätsgesetz bis 2030 fertig sein müssen.
Für die Mitarbeitenden im Senat und in den Bezirken müssen diese extrem widersprüchlichen Aussagen wie Hohn klingen: Jahrelang haben sie für Radverkehrsprojekte gearbeitet, gegen Widerstände gekämpft und gegen Zweifel argumentiert, weil sie an eine nachhaltige Mobilität glauben. Seit letztem Freitag wissen sie: Ihre Arbeit wird im Senat nicht verstanden. Radverkehrsprojekte sind nur noch dann erwünscht, wenn sie nicht zu Lasten des Autoverkehrs gehen. Gesetzliche Vorgaben und gültige Richtlinien zum Schutz von ungeschützten Verkehrsteilnehmenden gelten der angeblichen Law-and-Order-Partei wenig.
„Wir unterstützen alle Radplaner*innen, die im Sinne des Mobilitätsgesetzes arbeiten. Oft hat Changing Cities die Behäbigkeit der Verwaltung kritisiert, um sie anzuspornen. Heute sagen wir: Bitte bleibt! Behaltet Euren Mut! Wir brauchen Euch!“, appelliert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Viel Steuergeld steht auf dem Spiel: Bundesgelder, die für Projekte eingeworben wurden (z. B. für die Hauptstraße in Schöneberg: 750.000 €), müssen zurückgezahlt werden, wenn sie in diesem Jahr nicht verbaut werden. In Berlin-Mitte rechnet man mit bis zu einer Million Euro, die investiert wurden und nun verloren gehen, weil die Planungen gestoppt wurden.
„Es ist viel zu heiß und trocken – seit Jahren. Wir spüren den Klimawandel in der Stadt. Wir brauchen dringend kühlende Stadtbäume, ausreichend breite Rad- und Fußwege und Busspuren für eine zukunftsfähige Mobilität. Stattdessen sollen Autos noch mehr Platz auf den Straßen bekommen. Nachts sollen sogar Radwege zum Abstellen der immer größeren Autos freigegeben werden. Das ist so absurd, es erscheint wie Politiksatire. Aber wir haben keine Zeit für geschmacklose Scherze: Die Klimakrise und deren wirtschaftliche und soziale Folgekosten sind real – wir lassen die CDU die Zukunft unserer Kinder nicht verheizen“, sagt Inge Lechner von Changing Cities.
Changing Cities ruft gemeinsam mit Respect Cyclists und ADFC Pankow zur Demonstration am Samstag, den 24. Juni auf: Treffpunkt ist um 13 Uhr auf der Freifläche am Nordbahnhof/Invalidenstr. 1. Von hier aus radeln wir auf Straßen, die nun dank der Verkehrssenatorin keine Radverkehrsinfrastruktur bekommen sollen. Zwischenkundgebungen gibt es an der Müllerstraße, der Ollenhauerstraße, Berliner Straße und Am Friedrichshain Ecke Greifswalder Straße/Otto-Braun-Straße. Die Abschlusskundgebung (ca. 16 Uhr) ist vor dem Roten Rathaus.
Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34
Weiterführende Links:
Interview mit Manja Schreiner im Deutschlandfunk
Die Demoroute
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.