Verbände fordern klimaverträgliche Infrastrukturplanung

Forderungspapier von Verbändebündnis drängt auf ernsthafte Überarbeitung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans.

Wenig Transparenz und noch viel weniger Dialog – der von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ins Leben gerufene Infrastrukturdialog zur Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans nimmt keine Fahrt auf. Nach zwei Sitzungen sind Mandat, Ziel und Ablauf noch immer nicht klar. Die Ungeduld der beteiligten Verbände wächst: Der Beteiligungsprozess darf nicht zu einem Feigenblatt für Wissing werden. Aus diesem Grund richtet ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Umweltverbänden, Gewerkschaften, Verkehrs- und Wirtschaftsverbänden ein Forderungspapier an den Bundesverkehrsminister und die Bundesregierung, den Prozess ernsthaft fortzusetzen. Mit dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan als Bremsklotz bleibt die Mobilitätswende auf der Strecke.

„Klimaneutralität, Vision Zero (keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr) und Gesundheit machen die Verkehrswende unumgänglich. Und die Zeit drängt, denn wirmüssen in sieben Jahren die CO2-Emissionen im Verkehrssektor halbieren. Deswegen beobachten wir mit Entsetzen, wie der Infrastrukturdialog zu einer Farce verkommt. Um den Ausbau des Umweltverbunds, also des Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehrs, zu fördern, müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen dringend dem Klimaschutz und der städtebaulichen Entwicklung angepasst werden. Wer dies wie Verkehrsminister Wissing ausbremst, verspielt die Zukunft des Landes – es gibt weder wissenschaftliche noch gesamtwirtschaftliche Gründe für ein Festhalten am Status-quo. Es dient nur der fossilen Wirtschaft“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Maßnahmen gegen die Klima- und Naturkrise dulden keinen Aufschub. Besonders im Verkehrsbereich stagnieren die CO2-Emissionen seit Jahren auf hohem Niveau, werden große Flächen versiegelt und Naturgebiete zerschnitten. Klima-, Naturschutz und Verkehrsverlagerung müssen im Bundesverkehrswegeplan eine deutlich höhere Gewichtung bekommen. Auch der Artenschutz darf nicht länger bagatellisiert werden. Unter dem Strich würde dies eine deutliche Reduzierung von Neubauprojekten, insbesondere im Bereich des Straßenbaus, bedeuten. Der Fokus sollte stattdessen auf dem Erhalt beziehungsweise der Instandsetzung kritischer Infrastruktur wie etwa Brücken liegen. Eine Kapazitätserweiterung würde dann weitestgehend nur noch für Infrastrukturvorhaben klimafreundlicher Verkehrsträger wie Rad- und Schienenwege in Frage kommen.

Mit der Festlegung auf die Planungsbeschleunigung von 148 Autobahnausbauprojekten hatte der Bundesverkehrsminister im März ein deutliches Zeichen gesetzt, dass Klima- und Naturschutz eine untergeordnete Rolle für ihn und die Bundesregierung spielen. Der Fokus auf Straßenprojekte führt in eine Sackgasse.

Wenn der Infrastrukturdialog nicht vollends zu einer Farce verkommen soll, muss Bundesverkehrsminister Volker Wissing sich persönlich einbringen und den aktuellen Bundesverkehrswegeplan auf Klima- und Naturverträglichkeit überprüfen und überarbeiten lassen. Damit die Verlagerungsziele der Bundesregierung erreicht werden, muss die Verknüpfung der Verkehrsträger ins Zentrum rücken. Die laufende Bedarfsplanüberprüfung bietet dafür den passenden Anlass.

Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Das Forderungspapier der Verbände
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.