Reinickendorf: Waldseeviertel stoppt den Durchgangsverkehr

Die BVV Reinickendorf hat gestern Abend beschlossen, dem Durchgangsverkehr im Waldseeviertel in Berlin-Hermsdorf endlich einen Dämpfer zu verpassen. Der Bürgerinitiative Schildower Straße, einem Projekt von Changing Cities, gelang es nach jahrelangem Bemühen, einen verkehrsberuhigten #Kiezblock im Rahmen eines zweijährigen Verkehrsversuches durchzusetzen. 

„Durch umfangreiche Messungen der Polizei wurde deutlich, dass viel zu viele Autos durch das Waldseeviertel fahren und dass diese generell viel zu schnell unterwegs sind. Die Mitglieder der BVV Reinickendorf haben in einem langen Diskussionsprozess erkannt, dass der Jetzt-Zustand eine Zumutung für die Anwohner*innen darstellt. Dafür sind wir sehr dankbar,“ sagt Dr. Michael Ortmann von der Bürgerinitiative.

Bis zu 7.000 Pkw fahren täglich durch das Waldseeviertel statt die B96 zu nutzen. Mittels Modalfilter – also einer physische Trennung der Verkehrsarten – werden sie nun reduziert. Blumenkübel sollen zukünftig den Fuß- und Radverkehr weiterhin ermöglichen, den motorisierten Durchgangsverkehr aber aus dem Wohngebiet fernhalten. 

Seit zwanzig Jahren wird versucht, das Problem zu lösen: Durch Optimierung der Kreuzungen der B96 für den Kfz-Verkehr, Tempo-30-Zonen und Durchfahrverbote für Lkw im Wohngebiet, Piktogramme auf der Straße, Fahrbahnschwellen und Verkehrseinengungen. Aber der Durchgangsverkehr nahm immer weiter zu.

Die BVV-Beschlussvorlage sieht nun die einzig effektive Lösung vor. Das Ersuchen per Dringlichkeit, vor Errichtung der Modalfilter erst noch ein Gutachten zu erstellen, wurde mit den Stimmen der CDU, AfD, Bündnis90/Grünen und der Linken abgelehnt. Der Beschluss wurde bei Enthaltung der SPD ohne Gegenstimmen verabschiedet.

Der Beschluss wurde trotz lautstarkem Protest, insbesondere aus der Gemeinde Glienicke, gefasst. Unter den Demonstrant*innen vor dem Rathaus Reinickendorf befanden sich auch der Bürgermeister von Glienicke, Dr. Hans Günther Oberlack (FDP), und der Gemeindevorsteher, Uwe Klein (SPD).

„Es gibt viele Gute Gründe, die Schildower Straße zu schließen. Auf dem Foto sind fünf davon. Die Gänse sind fast von einem rücksichtslosen Pendler überfahren worden. Es ist uns zum Glück gelungen, sie ins nahe gelegene Tegeler Fließ zu lenken,“ so Susanne Tiefenthal, Anwohnerin.

Ansprechpartnerin Changing Cities e. V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Beschluss der BVV Reinickendorf

Informationen über die Bürgerinitiative

Informationen zu #Kiezblocks

Informationen zum Netzwerk Fahrradfreundliches Reinickendorf

Bilder zur kostenlosen Nutzung für die Presseberichterstattung

Informationen zum Volksentscheid Fahrrad

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad, ein Projekt von Changing Cities: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berliner*innen unterschrieben – 7% der Wähler*innenstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.