Kunstblut: Horrorprotest gegen Fahrradweichen

Aktivist*innen des Netzwerks Fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg, einer Bezirksgruppe des Vereins Changing Cities e.V., haben sich mit Kunstblut übergossen und auf die Fahrradweiche auf der Schillingbrücke gelegt. Damit symbolisieren sie am Totensonntag die Gefahren dieses Kreuzungsdesigns.

Fahrradweichen, im Fachjargon Radfahrstreifen in Mittellage (RiM), sind Radwege, die sich kurz vor einer Kreuzung aufteilen: Ein Streifen für die Rechtsabbieger*innen und ein Streifen für die Geradeausfahrenden. Für Radfahrende wird es lebensgefährlich, wenn Pkw, um rechts abzubiegen, den Radstreifen der geradeausfahrenden Radfahrer*innen kreuzen müssen und zwar in hoher Geschwindigkeit.

Fahrradaktivist*innen laufen seit längerem Sturm gegen die Fahrradweichen. „Sobald ich auf die Kreuzung zu fahre, fühle ich mich unsicher, weil ich den Pkw ausgeliefert bin. Erst neulich wollte ich geradeaus fahren, als mich ein Pkw geschnitten hat, um noch schnell abzubiegen. Zukünftig werde ich die Stelle meiden und einen Umweg in Kauf nehmen“, sagt Isabell Eberlein vom Netzwerk Fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg (RadXhain). 

Mit der heutigen Demonstration unterstreicht RadXhain auf drastische Weise die Dringlichkeit, den Bau von geplanten Fahrradweichen zu verhindern: „Wir müssen weg davon, erst Kreuzungen sicher zu machen, nachdem jemand dort durch Gewalt im Verkehr getötet wird“, meint Dirk von Schneidemesser von Changing Cities e.V.

Im Sommer übergaben Aktivist*innen von RadXhain der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann eine Petition von besorgten Eltern, die ihre Kinder nicht auf Fahrradweichen fahren lassen würden. Fahrradweichen sind nach wie vor Teil der Berliner Radinfrastruktur, die eindeutig bestimmte Altersgruppen vom Radfahren ausschließen und ein sicheres Radfahren für alle verhindern.

Die Aktivist*innen fordern sogenannte ‘Geschützte Kreuzungen’ nach niederländischem Vorbild. Sie beziehen sich zudem auf eine Studie der TU Berlin zu „Einsatzbereichen von Radfahrstreifen in Mittellage“ aus diesem Jahr. Laut den Autoren resultieren Unfälle an Fahrradweichen häufiger in schweren Verletzungen und bringen generell keinen Gewinn für die Sicherheit. „Wir haben aus der Senatsverwaltung gehört, man wolle ab jetzt ‘vom Menschen und nicht mehr vom Auto’ planen. Doch die bisher herrschende Maxime, ein paar Tote in Kauf nehmen, solange der Autoverkehr fließt, wird weiter fortgesetzt. Das muss jetzt eine Ende haben, Fahrradweichen darf es nicht mehr geben!” sagt Antje Heinrich von radXhain.

Die Aktion findet am 24. November um 14 Uhr an der Schillingbrücke statt.

Ansprechpartner für die Presse im Netzwerk Fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg:

Dirk von Schneidemesser, dirk@changing-cities.de, 0176 783 99 700

Weiterführende Links:

Bilder von der Aktion zur kostenlosen Nutzung für die Presseberichterstattung

Webseite des Netzwerkes Fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg

Infoblatt „Was ist eine sichere Kreuzung“ von Changing Cities e.V.

2-minutiges Erklärvideo zu Fahrradweichen und geschütztem Kreuzungsdesign:

Junction design, the Dutch - cycle friendly - way

Studie der TU Berlin

Bildmaterial „11 Minuten Angstweiche Alexanderplatz“ auf Twitter:

„Was ist eine sichere Kreuzung?“, PM vom 25.02.2019

Bildgewaltige Aktion: Lkw und Kind auf Fahrradweiche

Beschreibung des geschützten Kreuzungsdesigns: 

Kreuzungsdesign auf niederländische Art: nämlich fahrradfreundlich

Gefährliche Situation auf Fahrradweiche:

Warum Radweichen eine gefährliche Lösung sind:

Über das Netzwerk Fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg: Das Netzwerk Fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg (RadXhain) gründete sich im Frühjahr 2018, kurz bevor das Berliner Mobilitätsgesetz im Juni 2018 als Ergebnis des bundesweit ersten Radentscheids verabschiedet wurde. Die Initiative ist ein Projekt des als gemeinnützig anerkannten Vereins Changing Cities e.V. . RadXhain setzt sich für die konkrete Gestaltung eines fahrradfreundlichen und lebenswerten Bezirkes ein, und versteht sich als kritische Stimme der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes auf Bezirksebene.

Über Changing Cities e. V.: Changing Cities e.V. ist am 23. Mai 2017 aus dem Netzwerk Lebenswerte Stadt e. V. hervorgegangen. Das bislang größte Projekt des Vereins ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berliner*innen unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition gab daraufhin die Zusage, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in Radwege investiert.