Rote Karten für Scheuer und das BMVI

Demonstration "Rote Karte für Scheuer" von Changing Cities am Verkehrsministerium, Berlin, 4.4.2019

Wir brauchen kein Verkehrsministerium sondern ein Bundesministerium FÜR nachhaltige Mobilität

Seit April 2019 zeigen wir Herrn Scheuer und seinem BMVI regelmäßig die Rote Karte. Denn wir brauchen keinen AUTO-VERKEHRS-Minister mehr – wir wollen endlich ein Ministerium FÜR nachhaltige Mobilität. Unsere Forderung: Spätestens zur nächsten Bundestagswahl muss das Ministerium komplett neu aufgestellt und von 70-jähriger autogerechter Klientelpolitik befreit werden!

Unsere bisherigen Rote-Karte-Aktionen: 

#1 – 4. April: Helmkampagne „Looks like Shit“
#2 – 9. Mai: E-Scooter auf Gehwegen
#3 – 6. Juni: Rezo zerstört die CDU/CSU
#4 – 11. Juli: Maut-Skandal
#5 – 8. August: Absurder Klimaplan
#6 – 5. September: VDA-Show-Veranstaltung zum Klimaschutz
#7 – 6. September: Fridays for Future Berlin, SUV raus aus der Stadt
#8 – 20. September: Fridays for Future internationaler Klimatag
#9 – 23. Januar: Scheuer als Wolf im Schafspelz ertappt

Unter dem Motto „Mobil sein ist mehr als Auto-Verkehr“ machen wir mit unseren Roten Karten auf die immer absurder werdende Politik von Herrn Scheuer aufmerksam. Denn immer mehr Menschen in Deutschland können und wollen diese extrem einseitige Bevorzugung des Kfz-Verkehrs nicht mehr ertragen. Wären es nur die Possen unseres sogenannten Verkehrs-Ministers um Helmpflicht, Maut-Desaster oder E-Scooter, so könnte man vielleicht noch darüber hinwegsehen. Ein absolutes No-Go ist jedoch die systematische Zerstörung unserer Städte, unserer Umwelt und des Klimas, die systematische Diskriminierung von Menschen ohne Auto und die unreflektierte, kaltblütige Fortführung eines Systems, das mittlerweile in der Bundesrepublik über 700.000 Todesopfer zu verantworten hat.

Das BMVI ignoriert die Meinung der vielen Menschen in den Städten, die eine echte Verkehrswende befürworten. Immer mehr Menschen wünschen sich, auf das Auto als Mobilitätslösung Nr. 1 zu verzichten. Aber sie bekommen diese Möglichkeit von Herrn Scheuer nicht. Denn der Auto-Minister hat nur die Interessen einer rückwärtsgewandten Industrie vor Augen. Deutschland hat das weltweit einzige Ministerium FÜR Verkehr. Das BMVI – Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur – setzt sich, wie es im Titel unübersehbar heißt, FÜR (mehr) Verkehr ein. Es ist, als hätten wir in Deutschland ein Krankheits- oder gar ein Kriegsministerium.

Dabei steht der stetige Ausbau von Industrie-Absatzmärkten im Vordergrund. Maximaler Absatz basiert auf maximalem Konsum und der wiederum auf maximaler Ineffizienz. Die mit weitem Abstand ineffizienteste Verkehrsart ist der MIV (Motorisierter Individualverkehr), er verschlingt große Mengen an Fahrzeugen und Infrastruktur. Die dabei erzeugte Mobilität nach Personenkilometern ist angesichts der enormen Ressourcenverschwendung verhältnismäßig gering. Andreas Scheuer kann man als obersten Vertriebsmann der Autoindustrie bezeichnen, und diesen Job macht er erschreckend gut. Er tut sogar so, als kenne er den Unterschied zwischen Verkehr und Mobilität nicht. Verkehr ist lediglich die negative Seite von Mobilität. Wie bei Krankheit und Gesundheit, bei Krieg und Frieden. Wir alle wollen sicher, bequem, schnell und günstig von A nach B kommen. Wenn diese Mobilität effizient gestaltet ist, entsteht wenig Verkehr. Wenn die Wege lang, die Motoren laut und dreckig, die Fahrzeuge schwer, überdimensioniert und schlecht ausgelastet sind, dann entsteht sehr viel Verkehr.

Mit unseren Rote-Karte-Aktionen fordern wir effiziente, nachhaltige Mobilität. Wir wollen uns frei fortbewegen können, aber nachhaltiger, sicherer und im Sinne des Gemeinwohls. Das bedeutet keine Staus und freie Straßen für alle, die sie wirklich benötigen. Wir brauchen in Deutschland ein Bundesministerium, das sich FÜR diese Ziele einsetzt: also kein Ministerium FÜR Verkehr, sondern ein Ministerium FÜR Mobilität und einen Minister oder eine Ministerin FÜR Mobilität. Wir benötigen eine*n Minister*in mit echter Kompetenz und echtem Menschenverstand – nicht einen, der sich mal für einen Pressetermin auf ein Fahrrad setzt und behauptet, er sei jetzt der Fahrrad-Minister. Hätten wir einen Mobilitäts-Minister oder gar eine Fahrrad-Ministerin, dann hätten wir längst durchgängige, sichere Radwege in unseren Städten. Dann hätten wir längst einen lebenswerten öffentlichen Raum. Wir hätten keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr. Wir hätten einen leistungsfähigen, effizienten ÖPNV, der Vorfahrt hat, und wir hätten Gehwege, die frei von Fahrzeugen sind. Doch das alles haben wir nicht. Mit dem NRVP, dem Nationalen Radverkehrsplan wurde 2010 zwar ein zunächst hoffnungsvolles Instrument geschaffen, das sich aber von einem Demonstrations- zum nächsten Innovationsprojekt durchmogelt und Vernetzung betreibt, ohne jegliche Aussicht, dass von dort eine flächendeckende Umsetzung einer Fahrrad-Wende angeschoben wird.

Am Berliner Invalidenpark, direkt vor dem BMVI, treffen sich jeden Freitag die Schüler*innen, die für ihre Zukunft bei Fridays for Future streiken. Der Verkehrssektor ist der drittgrößte Verursacher von klimaschädlichen Emissionen und gefangen in einem gefährlichen Rebound-Effekt. Es gibt immer mehr Fahrzeuge und überhaupt keine CO2-Einsparung seit 1990, auch wenn die Technologien und Filter effizienter werden. Es ist höchste Zeit für ein Mobilitätskonzept, das dem drohenden Klimakollaps gerecht wird.  Die Zeit drängt: Der IPCC-Report hat uns gerade noch 11 Jahre gegeben, um das Klimaziel „1,5 Grad Erwärmung“ einzuhalten. Scheuer hat eine Liste gemacht, was er alles fürs Klima tun will. Die Liste strotzt jedoch nur so von Subventionen an die deutsche Industrie, von Auto-Kaufprämien bis zu 8.000 € über Wasserstoff und Biodiesel ist dort die Rede, aber kein Wort von Sharing vorhandener Fahrzeuge oder Fahrten. Ingenieure wissen, dass die Herstellung und Speicherung von Wasserstoff 3- bis 4-mal mehr Primärenergie benötigt als die Speicherung des Stroms in einer Batterie. Schon heute kommt die Energiewende nicht voran. Wie wollen wir dreimal mehr Windräder und Übertragungsleitungen hinbekommen, um grünen statt fossilen Wasserstoff zu tanken? Die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen, Agrosprit und Biodiesel braucht riesige landwirtschaftliche Flächen. In großem Stil wäre das der Todesstoß für die letzten Wälder im globalen Süden, die jetzt schon brennen.

Im Hause BMVI hat sich in den letzten 70 Jahren wenig bewegt. Viel zu viele Lobbyist*innen und Ideolog*innen sitzen direkt in den Führungsebenen und bilden eine Lehmschicht, die eine echte Verkehrswende konsequent verhindert. Sie haben sich Spielregeln ausgedacht, nach denen bisher am Ende meist das Auto gewinnt. Jede kleinste Veränderung ist extrem mühsam. Irgendwann kommen wir bei den vielen kleinen Projekten rund um die Verkehrswende fast immer an die unsichtbare Mauer aus Panzerglas, an der es nicht weitergeht. Vieles scheitert am Ende. Nach den aktuellen Spielregeln wird keine echte Verkehrswende in Deutschland möglich sein. Statt einer so genannten Straßenverkehrsordnung brauchen wir endlich ein Straßennutzungsrecht. Die Städte müssen endlich die Möglichkeit bekommen, ihren öffentlichen Raum selbst zu gestalten, auch wenn die Hauptstraße eine Bundesstraße ist. Es ist schlichtweg nicht mehr haltbar, dass der Bund den Städten vorschreibt, dass man auf einer Hauptstraße im Grunde rasen muss und deshalb immer wieder Menschen sterben müssen. Mit vielen Fake-Stories wird immer wieder versucht, die Wissenschaft außer Kraft zu setzen. Der Bremsweg steigt aber physikalisch immer noch im Quadrat und ist bei Tempo 50 mehr als doppelt so lang wie bei Tempo 30. Diese zusätzlichen Meter Bremsweg kosten viele Menschenleben.

Dass sich das BMVI von selbst reformiert, halten wir mittlerweile für völlig ausgeschlossen. Daher fordern wir eine komplette Reorganisation und die Zerschlagung des Auto-Filzes – um mit den Worten des YouTubers Rezo zu sprechen: die Zerstörung des BMVI in seiner heutigen Form. Fuß, Fahrrad, ÖPNV und Auto müssen künftig gleichberechtigt gefördert werden. Zukunft, Freiheit und Sicherheit für Menschen und Umwelt muss wichtiger sein als der Absatzmarkt für einige Großindustrielle und deren Aktionäre. Wir fordern mit unseren Rote-Karte-Aktionen einen Neustart für die Mobilitätspolitik in Deutschland. Wir fordern ein neues Ministerium für nachhaltige, effiziente Mobilität, Logistik und Digitalisierung mit einer zukunftsgewandten Zielsetzung, die Emissionen und klimatische Konsequenzen berücksichtigt und die Zukunft des Standorts Deutschland sichert.

Wir erwarten von einem künftigen Ministerium FÜR Mobilität, dass neue Technologien wie die Elektromobilität und autonomes Fahren als Chance genutzt werden und dass organisatorische Maßnahmen vor technischen Maßnahmen stehen. Das bedeutet, dass Mobilität künftig konsequent effizient gestaltet wird: mit gut ausgelasteten und genutzten Fahrzeugen, die nicht nur herumstehen. Wir haben heute bis zu 30-mal mehr Autos als nötig. Rechnerisch würden 3% der Autos in Deutschland ausreichen, um die gleiche Auto-Mobilität zu bieten. Die Rechnung ist sehr einfach: eine Verdopplung der Auslastung von heute 25% auf 50% und eine Versechzehnfachung der Nutzung von heute einer halben auf acht Stunden am Tag. Die Nutzungseffizienz wäre selbst dann noch geringer als heute bei Airlines oder Bahnunternehmen. In der Rush Hour müssen künftig die Fahrzeuge ausgelastet werden anstatt die Straßen zuzustauen, und wir müssen möglichst vielen Menschen kurze, sichere und schöne Wege bieten. Freie Straßen, gute Radwege, lebenswerte Städte sind dann inklusive. Im Carsharing und im Ridesharing liegen gewaltige Hebel, um Autoverkehr zu reduzieren, sogar ohne dass irgendjemand in ein anderes Verkehrsmittel umsteigen muss.

Aber das würde den Massenabsatz von Autos in Frage stellen. Der Autoabsatz ist jedoch schon allein durch das Wachstum auf dem Weltmarkt überhaupt nicht in Gefahr. Die Autoindustrie rechnet intern mit einer Vervierfachung der weltweiten Produktion bis 2050 – von heute 80 Millionen Autos jährlich auf 320 Millionen. Da machen ein paar weniger Autos in einigen deutschen Innenstädten praktisch keinen Unterschied.  Die angebliche Gefahr für die Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie, mit der die Politik maßgeblich gesteuert wird, stellt vielmehr die fortschreitende Automatisierung und Abwanderung der Produktion in Billiglohnländer dar.

Wir wollen den Nachfolgenden von Herrn Scheuer mit unseren Rote-Karte-Aktionen helfen, eine positive Vision zu entwickeln, bei der es keine Verkehrs-Verlierer*innen mehr gibt, sondern nur noch Mobilitäts-Gewinner*innen. Diese längst überfällige Transformation muss nun endlich angeschoben werden, und zwar im Sinne der vielen mobilen Menschen und nicht im Sinne von einigen wenigen Auto-Lobbyist*innen. Denn die Verkehrswende hat keineswegs mit Verzicht zu tun, auch wenn Auto-Vertriebschef Scheuer das gerne suggeriert. Was wir heute haben, ist Verzicht. Der Verkehr in unseren Städten bricht werktags zweimal täglich in der Rush Hour zusammen. Viele Menschen stecken fest im Stau, es herrscht Chaos und oft Krieg auf unseren Straßen. Wir wollen nicht weiter verzichten auf Grundwerte wie Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit. Die Zukunft muss ein Gewinner-Thema werden. Wirtschaftspolitik hat im Verkehrsministerium nichts mehr zu suchen, dafür haben wir in Deutschland das Wirtschaftsministerium. Zusammen mit vielen anderen Initiativen und Bewegungen kämpfen wir für eine nachhaltige Mobilität, die Sinn macht, Spaß macht, Lust macht, frei macht und vor allem: Zukunft möglich macht.

Gegen wen das CSU-geführte Auto-Verkehrsministerium heute arbeitet:

Die Zukunft Deutschlands
In den USA, China, Indien und vielen anderen Ländern wird längst an Mobilitätsprodukten als künftige Exportschlager gearbeitet. Die Transformation der deutschen Autoindustrie in Mobilitätsdienstleister hätte vor 20 Jahren erfolgen müssen. Das sind 20 verlorene Jahre für den Exportstandort Deutschland.
Fußgänger*innen
spielen beim BMVI nur eine untergeordnete Rolle. Wir sind jedoch alle Fußgänger*innen, auf dem Weg zum Fahrrad, Bus, Bahn oder Auto, zur Schule und zur Arbeit.
Kinder
weil ihnen die Straßen zum Spielen genommen werden: Kinder dürfen oft nicht mehr alleine zur Schule laufen oder mit dem Rad fahren, weil zu viele SUVs vor den Schulen die Verkehrssicherheit gefährden. Das ist völlig absurd! Wir müssen Kindern einen eigenen Weg zur Kita und zur Schule, eine Stadt der kurzen Wege und einen sicheren Radius um ihr Zuhause ermöglichen.
Radfahrer*innen
werden in der Verkehrsdebatte des BMVI überhaupt nicht beachtet, geschweige denn ernst genommen. Für eine Flächengerechtigkeit müssen massiv Parkplätze und Fahrstreifen in Radwege und öffentlichen Raum umgewandelt werden. Da in Großstädten 19 von 20 Autos permanent nur herumstehen, auch in der Rush Hour, wäre das auch überhaupt kein Problem.
Den Rechtsstaat
Die geplante Anpassung der Bußgelder für das Parken auf Radstreifen ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, wobei auch 100 Euro Strafe weniger ist als in vielen fortschrittlichen Ländern. Es werden weiterhin Menschenleben aufs Spiel gesetzt, und es waren zehn Jahre Kampagnenarbeit mit „Knolle statt Knöllchen“ nötig, um diesen Schritt endlich durchzusetzen.
Menschen in den Städten
Mit dem vom BMVI organisierten Verkehr schafft Scheuer viel Lärm, schlechte Luft und gefährdet abertausende von Menschenleben. Die absurde Verkehrs-Ideologie darf nicht weiter Grundrechte wie die Menschenwürde und das verfassungsmäßige Recht auf körperliche Unversehrtheit aushebeln.
700.000 Tote und deren Angehörige
Warum leugnet das BMVI durch Nichtstun, dass täglich neun Menschen im Verkehr in Deutschland getötet und 1.000 Menschen verletzt werden? JEDEN TAG!! Herr Scheuer, stellen Sie sich terroristische Angriffe vor, die TÄGLICH neun Menschenopfer und 1.000 Verletzte verursachen würden. Wäre Ihre Reaktion als Verantwortlicher dann auch ein Schulterzucken? Auf Ihr Konto gehen jährlich über 3.000 Menschenleben durch den Straßentod, 10.000 vorzeitige Todesfälle durch Luftverschmutzung und 70.000 Schwerverletzte. Für jedes dieser Opfer des BMVI trauern zig Angehörige. Deswegen gibt es auch eine Initiative, die gegenüber vom BMVI-Gebäude in der Berliner Invalidenstraße ein zentrales Mahnmal für die Verkehrsopfer errichten will. Seit Gründung der Bundesrepublik sind es weit über 700.000 Tote. Eine Großstadt wie Frankfurt am Main wurde in den letzten 70 Jahren komplett ausgelöscht auf deutschen Straßen.
Das Klima
Der Straßenverkehr gehört zu den größten Klimakillern, das BMVI ist Klimaschädling Nr. 1. Der fossile Verbrennungsmotor ist das große Geschäft, vor allem, wenn er immer überdimensionierter und überteuert verkauft werden kann. Mit Elektromotoren lässt sich weniger Geld verdienen, denn sie sind schlichtweg einfacher zu bauen und damit billiger. Aber auch ein 1:1-Ersatz durch E-Fahrzeuge wäre kein großer Gewinn. Die Anzahl muss vor allem in den Städten drastisch reduziert werden und das Design dem menschlichen Maß angepasst werden. Spritschluckende Geländewagen haben in Städten nichts verloren. 
Auch für Deutschland sind die Klimaziele verbindlich. Für viele Sektoren sind in den letzten Jahren tatsächlich Verbesserungen erzielt worden, doch der Verkehr ist das schwarze Schaf. In diesem Bereich hat sich die CO2-Emission erhöht, obwohl sich der Flottenverbrauch reduziert hat, welcher von der EU vor 20 Jahren auf 120 g/km als Ziel für 2005 festgelegt wurde. Leider hat sich die Flotte vermehrt und 120 g/km hätten wir schon längst erreicht, wenn wir nicht einen krankhaft hohen Anteil von schweren SUVs hätten, der von 2% auf 31% gestiegen ist. Daran verdienen die Hersteller am meisten und so haben Lobbyist*innen die EU-Festlegung auf 130 g plus einem Bonus für übergewichtige Pkw aufgeweicht, mit dem Versprechen (von 2009) den Flottenverbrauch in 2020 auf 95 g/km zu reduzieren. Diese Vorgabe wird nächstes Jahr verfehlt, in den letzten 2 Jahren ist der Flottenverbrauch erstmals in Folge wieder gestiegen. Im Moment vermehren sich die SUVs anteilig um jährlich 13%. 42% der Privatkunden haben sich dieses Jahr einen SUV gekauft. 
EU-Politik, die absurd lobbyiert wird
In der Realität haben auch Elektroautos einen CO2-Verbrauch, der auch über 100 g/km liegen kann, doch in der aufgeweichten Berechnungsformel werden diese nicht nur mit 0 g berechnet, sondern dank eingeführter Supercredits mehrfach gerechnet, um den tatsächlichen Flottenverbrauch zu drücken und um Strafzahlungen zu umgehen. Immer mehr Elektroautos sind SUVs. Wenn man die Klimaziele ernst nimmt, darf man die ursprünglichen Vorgaben der Klimaziele nicht dem Profitinteresse der Automobilindustrie unterordnen oder aufweichen. Gleichzeitig würde man mit den ursprünglichen Forderungen die Anzahl schwerer und leistungsstarker Fahrzeuge stark einschränken und damit die Sicherheit in den Städten erhöhen.
Die Umwelt
Jeden Tag werden in Deutschland 100 Hektar Fläche neu versiegelt. Das sind 200 Fußballfelder – jeden Tag! Ein Großteil davon ist Straßenbau. Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 läuft derzeit das größte Straßenbauprogramm aller Zeiten, das es in Deutschland jemals gab. Scheuer schafft mehr Umweltzerstörung als die Nationalsozialisten in den 1930er Jahren und das Wirtschaftswunder von 1950 bis 1980. Die restliche Fläche sind größtenteils Logistikhallen, suburbane Wohngebiete und großflächiger Einzelhandel, die ebenfalls zu viel mehr Verkehr beitragen. Immer mehr Arten sterben in Deutschland aus, da viele Tiere schlichtweg keinen Platz mehr haben und wegen des Flächenfraßes und der Zerschneidung und Verlärmung ihre Lebensräume verlieren.
Industrie-Arbeitnehmer*innen
beginnen zu ahnen, dass es nicht mehr lange so weitergeht. Sie verdienen heute noch überdurchschnittlich gut gemessen an ihrer Qualifikation. Das ist ein wichtiger Baustein ihrer Motivation, für den Systemerhalt zu kämpfen. Der Absturz kommt dann vielleicht ein paar Jahre später, aber dann umso heftiger. Was spricht eigentlich dagegen, Arbeitnehmer*innen im Mobilitäts-Dienstleistungsgeschäft gut zu bezahlen oder sogar in der prekären Logistikbranche? Wenn es politisch gewollt wäre, wäre das überhaupt kein Problem, denn es befindet sich unvorstellbar viel Geld für Subventionen in Scheuers Etat.
Die Großaktionäre der Autoindustrie (mittelfristig)
Wenn wir BMW, Mercedes und Volkswagen bald nur noch im Museum besichtigen können, dann werden die Aktien der Auftraggeber des BMVI nichts mehr wert sein. Die USA und China haben inzwischen 10 bis 20 Jahre Vorsprung in der Elektrifizierung und Digitalisierung. Mit Herrn Scheuer gehen abermals 4 wertvolle Jahre verloren.
Dieselbesitzer*innen
wurden durch die vom BMVI durch jahrelanges Wegsehen beim Dieselskandal verursachten Fahrverbote praktisch enteignet. So drastisch wird es zumindest gerne von der Auto-Lobby dargestellt. Enteignet wurde vielmehr die Allgemeinheit, die einen Großteil des öffentlichen Raums nicht nutzen kann.
Taxifahrer*innen
Mit denen legt sich Scheuer an, anstatt einen funktionierenden Sharing-Markt zuzulassen, der viel größer ist als der heutige Taximarkt und der dem Gemeinwohl dient. Wenn Autos in Städten konsequent geshart würden und das Privatauto an Bedeutung verliert hätte auch das klassische Taxi als Premium-Sharing-Produkt eine Chance.
Autobesitzer*innen, die ihre komplette Mobilität und Lebensweise auf das Auto setzen
sehen sich als Verliererinnen. Aber gerade die Hard-Core-Autofahrerinnen werden zu den Gewinnern zählen, denn wenn es in Großstädten wie Berlin 2030 nur noch halb so viele Autos gibt, reicht das immer noch für 600.000 Autobesitzerinnen, und die werden viel freiere Straßen vorfinden als heute. Staus gibt es dann nicht mehr. Glücklicherweise sind die große Mehrheit der Autofahrerinnen auch heute schon Radfahrerinnen, Fußgängerinnen, Carsharerinnen und Bahnfahrerinnen, Tendenz steigend.
Ausländer*innen
Eine diskriminierende CSU-Maut, die bei der EU-Kommission keine Chance hatte, sollte sie auch auf der Autobahn fernhalten. Eine diskriminierungsfreie, entfernungsabhängige Maut, wie wir sie bräuchten, hat das BMVI leider nie beabsichtigt.
Steuerzahler*innen
Nicht nur das Missmanagement wie die gescheiterte Ausländer-Maut, sondern vor allem die Milliarden an Subventionen für Straßenbau und die Autoindustrie zahlen letztlich Steuerzahlende. Bei Schulen, Kindergärten und in der Pflege fehlt dieses Geld.

Für wen das CSU-geführte Auto-Verkehrsministerium heute arbeitet:

Die Großaktionäre der Autoindustrie (kurzfristig)
Eigentlich kann man die Familienclans an einer Hand abzählen: Porsche, Piech, Klatten, Quandt. Ein Großteil der exorbitanten Gewinne – viel davon indirekt durch Subventionen – landet bei wenigen Superreichen. Es ist alles andere als sicher, dass die gleichen Clans mit Mobilitätsdienstleistungen ihren Reichtum bewahren können, zumal sie sich nicht ernsthaft für Mobilitätsthemen interessieren. Um diese Interessengruppe mitzunehmen, wird wohl über erhebliche Abfindungen zu diskutieren sein, ähnlich wie beim Atom- und Braunkohleausstieg.
Die Bauindustrie
ist vielleicht heute sogar der größere Gewinner. Denn sie baut etwas, das in absehbarer Zeit wieder rückgebaut und umfangreich umgebaut werden muss. Sie verdient damit sogar doppelt. Solange es künftig große Bauaufträge gibt, wird es möglich sein, diese Interessengruppe von der Verkehrswende zu überzeugen. Für die Bahninfrastruktur stehen bereits große Investitionsprogramme an. Vermutlich müssen wir die Radinfrastruktur noch viel größer denken, damit die Bauindustrie einen attraktiven Zukunftsmarkt erkennt. Ganze Radschnellwegenetze und der Umbau fast aller Hauptstraßen können auch Milliardenaufträge bedeuten, sofern wir vom Klein-Klein den Sprung zu großen Losen und Ausschreibungen hinbekommen.
Die Mineralölindustrie
ist ein so unvorstellbar großes Geschäft, dass dafür Kriege geführt werden. Der Vorteil für die Verkehrswende in Deutschland ist, dass die großen internationalen Player keine deutschen Konzerne sind und deren Geschäft sehr international ausgerichtet ist. Sie können ihre Produkte einfach anderswo hin liefern. Außerdem sind sie durch die Energiewende schon darauf vorbereitet, dass ihr Markt in Deutschland endlich ist.
Die Autobesitzer*innen, die fest an das Gute im Auto glauben
Dieser Glaube wurde über 100 Jahre aufgebaut und ist in sehr vielen Köpfen fest verankert. Nicht umsonst zahlt man beim Autokauf inzwischen mehr für Marketing und Vertrieb als für die eigentliche Produktion des Fahrzeugs. Was es bedeutet, Menschen in ihrem Glauben zu erschüttern, kann bei Religionskonflikten und erbitterten Kämpfen um politische Ideologien gut beobachtet werden. Hier liegt unsere größte Herausforderung, durch Erklären des Unterschieds zwischen Verkehr und Mobilität eine positive Zukunftsvision darzustellen. Denn zahlenmäßig ist diese Interessengruppe mit Abstand am größten. Sobald wir eine Mobilitäts- anstatt Verkehrspolitik in Deutschland bekommen, wird der Aus- und Umstieg aus dem Privatauto vor allem in den Städten wohl auch finanziell honoriert werden müssen, da die Autobesitzer*innen heute massiv von Subventionen profitieren.
Die Wirtschaft
profitiert in vielfältiger Weise von Subventionen des BMVI: angefangen von Dienstwagenprivilegien für Mitarbeiter*innen mit Fahrzeugen, die dank Steuervergünstigungen oft günstiger eingekauft werden, als sie später weiterverkauft werden. Außerdem werden kostenloses Abstellen von Firmenfahrzeugen im öffentlichen Raum, die Verlagerung der Lagerhaltung auf die Autobahn, die Erschließung günstiger Baugrundstücke und vieles mehr subventioniert. Als verlängerter Arm ist die IHK meist der größte lokale Gegner der Verkehrswende in Städten. Wirtschaft und BMVI sind derzeit eine sehr unheilvolle Allianz. Natürlich könnte man der Wirtschaft die heutigen Verkehrssubventionen auch für andere, zukunftsgewandtere Zwecke zukommen lassen. Die Verwendung dieser Gelder wird intensiv mit einem künftigen Mobilitätsminister zu diskutieren sein.
Logistikbranche und Fuhrunternehmer*innen
Ein Lkw auf der Straße ist viel flexibler als ein Güterzug. Unser komplettes Versorgungssystem wurde in den letzten 40 Jahren systematisch von der Schiene auf die Straße verlagert. Dabei ist eine Logistik- und Fuhrunternehmerlobby entstanden, die enorm von Gratis-Straßennutzung profitiert hat und heute geringe Mautsätze zahlt, die weit unter den Trassenpreisen der Bahn liegen. Diese Branche verzeichnet ein enormes Wachstum, indem immer mehr Dinge hin- und her transportiert, umständlich verpackt, umgetauscht und innerhalb von Stunden oder eines Tages einzeln angeliefert werden. Der dabei entstehende Klima- und Umweltschaden ist gewaltig. Gewaltig wird auch die Herausforderung, diese etablierte Lobby von einem effizienteren Güterverkehr zu überzeugen. Anbieteroffene urbane Mikrodepots, Bündelung von Fahrten und kleine Fahrzeuge – am besten Lastenräder – sind unser Lösungsansatz.