Wir brauchen kein Verkehrsministerium sondern ein Bundesministerium FÜR nachhaltige Mobilität
Seit April 2019 zeigen wir Herrn Scheuer und seinem BMVI regelmäßig die Rote Karte. Denn wir brauchen keinen AUTO-VERKEHRS-Minister mehr – wir wollen endlich ein Ministerium FÜR nachhaltige Mobilität. Unsere Forderung: Spätestens zur nächsten Bundestagswahl muss das Ministerium komplett neu aufgestellt und von 70-jähriger autogerechter Klientelpolitik befreit werden!
Unsere bisherigen Rote-Karte-Aktionen:
#1 – 4. April: Helmkampagne „Looks like Shit“
#2 – 9. Mai: E-Scooter auf Gehwegen
#3 – 6. Juni: Rezo zerstört die CDU/CSU
#4 – 11. Juli: Maut-Skandal
#5 – 8. August: Absurder Klimaplan
#6 – 5. September: VDA-Show-Veranstaltung zum Klimaschutz
#7 – 6. September: Fridays for Future Berlin, SUV raus aus der Stadt
#8 – 20. September: Fridays for Future internationaler Klimatag
#9 – 23. Januar: Scheuer als Wolf im Schafspelz ertappt
Unter dem Motto „Mobil sein ist mehr als Auto-Verkehr“ machen wir mit unseren Roten Karten auf die immer absurder werdende Politik von Herrn Scheuer aufmerksam. Denn immer mehr Menschen in Deutschland können und wollen diese extrem einseitige Bevorzugung des Kfz-Verkehrs nicht mehr ertragen. Wären es nur die Possen unseres sogenannten Verkehrs-Ministers um Helmpflicht, Maut-Desaster oder E-Scooter, so könnte man vielleicht noch darüber hinwegsehen. Ein absolutes No-Go ist jedoch die systematische Zerstörung unserer Städte, unserer Umwelt und des Klimas, die systematische Diskriminierung von Menschen ohne Auto und die unreflektierte, kaltblütige Fortführung eines Systems, das mittlerweile in der Bundesrepublik über 700.000 Todesopfer zu verantworten hat.
Das BMVI ignoriert die Meinung der vielen Menschen in den Städten, die eine echte Verkehrswende befürworten. Immer mehr Menschen wünschen sich, auf das Auto als Mobilitätslösung Nr. 1 zu verzichten. Aber sie bekommen diese Möglichkeit von Herrn Scheuer nicht. Denn der Auto-Minister hat nur die Interessen einer rückwärtsgewandten Industrie vor Augen. Deutschland hat das weltweit einzige Ministerium FÜR Verkehr. Das BMVI – Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur – setzt sich, wie es im Titel unübersehbar heißt, FÜR (mehr) Verkehr ein. Es ist, als hätten wir in Deutschland ein Krankheits- oder gar ein Kriegsministerium.
Dabei steht der stetige Ausbau von Industrie-Absatzmärkten im Vordergrund. Maximaler Absatz basiert auf maximalem Konsum und der wiederum auf maximaler Ineffizienz. Die mit weitem Abstand ineffizienteste Verkehrsart ist der MIV (Motorisierter Individualverkehr), er verschlingt große Mengen an Fahrzeugen und Infrastruktur. Die dabei erzeugte Mobilität nach Personenkilometern ist angesichts der enormen Ressourcenverschwendung verhältnismäßig gering. Andreas Scheuer kann man als obersten Vertriebsmann der Autoindustrie bezeichnen, und diesen Job macht er erschreckend gut. Er tut sogar so, als kenne er den Unterschied zwischen Verkehr und Mobilität nicht. Verkehr ist lediglich die negative Seite von Mobilität. Wie bei Krankheit und Gesundheit, bei Krieg und Frieden. Wir alle wollen sicher, bequem, schnell und günstig von A nach B kommen. Wenn diese Mobilität effizient gestaltet ist, entsteht wenig Verkehr. Wenn die Wege lang, die Motoren laut und dreckig, die Fahrzeuge schwer, überdimensioniert und schlecht ausgelastet sind, dann entsteht sehr viel Verkehr.
Mit unseren Rote-Karte-Aktionen fordern wir effiziente, nachhaltige Mobilität. Wir wollen uns frei fortbewegen können, aber nachhaltiger, sicherer und im Sinne des Gemeinwohls. Das bedeutet keine Staus und freie Straßen für alle, die sie wirklich benötigen. Wir brauchen in Deutschland ein Bundesministerium, das sich FÜR diese Ziele einsetzt: also kein Ministerium FÜR Verkehr, sondern ein Ministerium FÜR Mobilität und einen Minister oder eine Ministerin FÜR Mobilität. Wir benötigen eine*n Minister*in mit echter Kompetenz und echtem Menschenverstand – nicht einen, der sich mal für einen Pressetermin auf ein Fahrrad setzt und behauptet, er sei jetzt der Fahrrad-Minister. Hätten wir einen Mobilitäts-Minister oder gar eine Fahrrad-Ministerin, dann hätten wir längst durchgängige, sichere Radwege in unseren Städten. Dann hätten wir längst einen lebenswerten öffentlichen Raum. Wir hätten keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr. Wir hätten einen leistungsfähigen, effizienten ÖPNV, der Vorfahrt hat, und wir hätten Gehwege, die frei von Fahrzeugen sind. Doch das alles haben wir nicht. Mit dem NRVP, dem Nationalen Radverkehrsplan wurde 2010 zwar ein zunächst hoffnungsvolles Instrument geschaffen, das sich aber von einem Demonstrations- zum nächsten Innovationsprojekt durchmogelt und Vernetzung betreibt, ohne jegliche Aussicht, dass von dort eine flächendeckende Umsetzung einer Fahrrad-Wende angeschoben wird.
Am Berliner Invalidenpark, direkt vor dem BMVI, treffen sich jeden Freitag die Schüler*innen, die für ihre Zukunft bei Fridays for Future streiken. Der Verkehrssektor ist der drittgrößte Verursacher von klimaschädlichen Emissionen und gefangen in einem gefährlichen Rebound-Effekt. Es gibt immer mehr Fahrzeuge und überhaupt keine CO2-Einsparung seit 1990, auch wenn die Technologien und Filter effizienter werden. Es ist höchste Zeit für ein Mobilitätskonzept, das dem drohenden Klimakollaps gerecht wird. Die Zeit drängt: Der IPCC-Report hat uns gerade noch 11 Jahre gegeben, um das Klimaziel „1,5 Grad Erwärmung“ einzuhalten. Scheuer hat eine Liste gemacht, was er alles fürs Klima tun will. Die Liste strotzt jedoch nur so von Subventionen an die deutsche Industrie, von Auto-Kaufprämien bis zu 8.000 € über Wasserstoff und Biodiesel ist dort die Rede, aber kein Wort von Sharing vorhandener Fahrzeuge oder Fahrten. Ingenieure wissen, dass die Herstellung und Speicherung von Wasserstoff 3- bis 4-mal mehr Primärenergie benötigt als die Speicherung des Stroms in einer Batterie. Schon heute kommt die Energiewende nicht voran. Wie wollen wir dreimal mehr Windräder und Übertragungsleitungen hinbekommen, um grünen statt fossilen Wasserstoff zu tanken? Die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen, Agrosprit und Biodiesel braucht riesige landwirtschaftliche Flächen. In großem Stil wäre das der Todesstoß für die letzten Wälder im globalen Süden, die jetzt schon brennen.
Im Hause BMVI hat sich in den letzten 70 Jahren wenig bewegt. Viel zu viele Lobbyist*innen und Ideolog*innen sitzen direkt in den Führungsebenen und bilden eine Lehmschicht, die eine echte Verkehrswende konsequent verhindert. Sie haben sich Spielregeln ausgedacht, nach denen bisher am Ende meist das Auto gewinnt. Jede kleinste Veränderung ist extrem mühsam. Irgendwann kommen wir bei den vielen kleinen Projekten rund um die Verkehrswende fast immer an die unsichtbare Mauer aus Panzerglas, an der es nicht weitergeht. Vieles scheitert am Ende. Nach den aktuellen Spielregeln wird keine echte Verkehrswende in Deutschland möglich sein. Statt einer so genannten Straßenverkehrsordnung brauchen wir endlich ein Straßennutzungsrecht. Die Städte müssen endlich die Möglichkeit bekommen, ihren öffentlichen Raum selbst zu gestalten, auch wenn die Hauptstraße eine Bundesstraße ist. Es ist schlichtweg nicht mehr haltbar, dass der Bund den Städten vorschreibt, dass man auf einer Hauptstraße im Grunde rasen muss und deshalb immer wieder Menschen sterben müssen. Mit vielen Fake-Stories wird immer wieder versucht, die Wissenschaft außer Kraft zu setzen. Der Bremsweg steigt aber physikalisch immer noch im Quadrat und ist bei Tempo 50 mehr als doppelt so lang wie bei Tempo 30. Diese zusätzlichen Meter Bremsweg kosten viele Menschenleben.
Dass sich das BMVI von selbst reformiert, halten wir mittlerweile für völlig ausgeschlossen. Daher fordern wir eine komplette Reorganisation und die Zerschlagung des Auto-Filzes – um mit den Worten des YouTubers Rezo zu sprechen: die Zerstörung des BMVI in seiner heutigen Form. Fuß, Fahrrad, ÖPNV und Auto müssen künftig gleichberechtigt gefördert werden. Zukunft, Freiheit und Sicherheit für Menschen und Umwelt muss wichtiger sein als der Absatzmarkt für einige Großindustrielle und deren Aktionäre. Wir fordern mit unseren Rote-Karte-Aktionen einen Neustart für die Mobilitätspolitik in Deutschland. Wir fordern ein neues Ministerium für nachhaltige, effiziente Mobilität, Logistik und Digitalisierung mit einer zukunftsgewandten Zielsetzung, die Emissionen und klimatische Konsequenzen berücksichtigt und die Zukunft des Standorts Deutschland sichert.
Wir erwarten von einem künftigen Ministerium FÜR Mobilität, dass neue Technologien wie die Elektromobilität und autonomes Fahren als Chance genutzt werden und dass organisatorische Maßnahmen vor technischen Maßnahmen stehen. Das bedeutet, dass Mobilität künftig konsequent effizient gestaltet wird: mit gut ausgelasteten und genutzten Fahrzeugen, die nicht nur herumstehen. Wir haben heute bis zu 30-mal mehr Autos als nötig. Rechnerisch würden 3% der Autos in Deutschland ausreichen, um die gleiche Auto-Mobilität zu bieten. Die Rechnung ist sehr einfach: eine Verdopplung der Auslastung von heute 25% auf 50% und eine Versechzehnfachung der Nutzung von heute einer halben auf acht Stunden am Tag. Die Nutzungseffizienz wäre selbst dann noch geringer als heute bei Airlines oder Bahnunternehmen. In der Rush Hour müssen künftig die Fahrzeuge ausgelastet werden anstatt die Straßen zuzustauen, und wir müssen möglichst vielen Menschen kurze, sichere und schöne Wege bieten. Freie Straßen, gute Radwege, lebenswerte Städte sind dann inklusive. Im Carsharing und im Ridesharing liegen gewaltige Hebel, um Autoverkehr zu reduzieren, sogar ohne dass irgendjemand in ein anderes Verkehrsmittel umsteigen muss.
Aber das würde den Massenabsatz von Autos in Frage stellen. Der Autoabsatz ist jedoch schon allein durch das Wachstum auf dem Weltmarkt überhaupt nicht in Gefahr. Die Autoindustrie rechnet intern mit einer Vervierfachung der weltweiten Produktion bis 2050 – von heute 80 Millionen Autos jährlich auf 320 Millionen. Da machen ein paar weniger Autos in einigen deutschen Innenstädten praktisch keinen Unterschied. Die angebliche Gefahr für die Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie, mit der die Politik maßgeblich gesteuert wird, stellt vielmehr die fortschreitende Automatisierung und Abwanderung der Produktion in Billiglohnländer dar.
Wir wollen den Nachfolgenden von Herrn Scheuer mit unseren Rote-Karte-Aktionen helfen, eine positive Vision zu entwickeln, bei der es keine Verkehrs-Verlierer*innen mehr gibt, sondern nur noch Mobilitäts-Gewinner*innen. Diese längst überfällige Transformation muss nun endlich angeschoben werden, und zwar im Sinne der vielen mobilen Menschen und nicht im Sinne von einigen wenigen Auto-Lobbyist*innen. Denn die Verkehrswende hat keineswegs mit Verzicht zu tun, auch wenn Auto-Vertriebschef Scheuer das gerne suggeriert. Was wir heute haben, ist Verzicht. Der Verkehr in unseren Städten bricht werktags zweimal täglich in der Rush Hour zusammen. Viele Menschen stecken fest im Stau, es herrscht Chaos und oft Krieg auf unseren Straßen. Wir wollen nicht weiter verzichten auf Grundwerte wie Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit. Die Zukunft muss ein Gewinner-Thema werden. Wirtschaftspolitik hat im Verkehrsministerium nichts mehr zu suchen, dafür haben wir in Deutschland das Wirtschaftsministerium. Zusammen mit vielen anderen Initiativen und Bewegungen kämpfen wir für eine nachhaltige Mobilität, die Sinn macht, Spaß macht, Lust macht, frei macht und vor allem: Zukunft möglich macht.
Gegen wen das CSU-geführte Auto-Verkehrsministerium heute arbeitet:
Die Zukunft Deutschlands
Fußgänger*innen
Kinder
Radfahrer*innen
Den Rechtsstaat
Menschen in den Städten
700.000 Tote und deren Angehörige
Das Klima
Auch für Deutschland sind die Klimaziele verbindlich. Für viele Sektoren sind in den letzten Jahren tatsächlich Verbesserungen erzielt worden, doch der Verkehr ist das schwarze Schaf. In diesem Bereich hat sich die CO2-Emission erhöht, obwohl sich der Flottenverbrauch reduziert hat, welcher von der EU vor 20 Jahren auf 120 g/km als Ziel für 2005 festgelegt wurde. Leider hat sich die Flotte vermehrt und 120 g/km hätten wir schon längst erreicht, wenn wir nicht einen krankhaft hohen Anteil von schweren SUVs hätten, der von 2% auf 31% gestiegen ist. Daran verdienen die Hersteller am meisten und so haben Lobbyist*innen die EU-Festlegung auf 130 g plus einem Bonus für übergewichtige Pkw aufgeweicht, mit dem Versprechen (von 2009) den Flottenverbrauch in 2020 auf 95 g/km zu reduzieren. Diese Vorgabe wird nächstes Jahr verfehlt, in den letzten 2 Jahren ist der Flottenverbrauch erstmals in Folge wieder gestiegen. Im Moment vermehren sich die SUVs anteilig um jährlich 13%. 42% der Privatkunden haben sich dieses Jahr einen SUV gekauft.