Das Jahr 2023 geht nun so langsam zu Ende. Wir nehmen das als Anlass, einen Blick auf einige unserer größten Erfolge, wichtigsten Kampagnen und kreativsten Aktionen des Jahres zu werfen.
Mit den #100Schulzonen widmen wir uns ganz den Bedürfnissen und der Schulwegsicherheit von Kindern. Die neue Superblocks-Kampagne hilft engagierten Anwohner*innen bundesweit bei der Befreiung ihrer Viertel vom Durchgangsverkehr. Last, but definitely not least, hat das Berliner Mobilitätsgesetz wieder unsere Hilfe gebraucht – erst wegen der schleppenden Umsetzung, dann sogar wegen der aktiven Torpedierung durch die Berliner CDU.
Zu den wichtigsten Erfolgen des Jahres 2023 zählen:
Superblocks und Kiezblocks
Die Berliner Kiezblocks sind eine Erfolgsgeschichte. Innerhalb weniger Jahre haben sich 70 Initiativen gegründet. Die Umsetzung von 25 Kiezblocks wurde von den zuständigen Bezirksverordnetenversammlungen bisher beschlossen. Konkret baulich umgesetzt wurden wiederum bisher sechs Kiezblocks. Dazu kommt die geplante, komplette Verkehrsberuhigung von ganz Friedrichshain-Kreuzberg. Mit diesem Schwung im Rücken können wir uns in Berlin in Sachen Verkehrsberuhigung auf viele positive Entwicklungen freuen. Damit Kiezblocks durchdacht und anwohner*innenfreundlich umgesetzt werden, haben unsere Aktiven einen Planungsstandard für Superblocks und Kiezblocks, „Empfehlungen für Superblocks“, entworfen.
Ganz logisch ist also, dass wir diese Erfolge in anderen Städten wiederholen möchten. Auch ohne unser Zutun haben sich in mehreren Städten Initiativen nach dem Vorbild der Kiezblocks gegründet. Unser Ziel für 2023 war, diese Initiativen bundesweit zu vernetzen und die Gründung vieler weiterer Initiativen auf den Weg zu bringen. Unser diesjähriger Höhepunkt war die bundesweite Superblocks-Konferenz in Darmstadt. Das Interesse war enorm. Zwei Mal erhöhten wir die geplante Teilnehmer*innenzahl der Konferenz, da sich die Warteliste rasant füllte.
So verbrachten wir mit Superblock-bewegten Menschen aus 28 Städten ein Wochenende voller Workshops über Stadtbegrünung und Gesundheit, debattierten in Diskussionen über die Frage, wie sich Superblocks sozial gerecht gestalten lassen, übten in Impro-Theater-Sessions, wie das Gespräch mit Nachbar*innen gelingt, probten Tipps und Tricks für ein gelungenes Interview mit Lokaljournalist*innen und entdeckten auf Exkursionen die geplanten Superblocks in Darmstadt.
Damit haben wir in diesem Jahr erfolgreich den Ausgangspunkt geschaffen, um mit etablierten und neu gegründeten Superblocks-Initiativen im nächsten Jahr richtig durchzustarten. Denn natürlich schmiedeten wir auf der Konferenz auch Pläne für das kommende Jahr: Wir werden ein bundesweites How-To-Superblock veröffentlichen und noch mehr Initiativen an den Start bringen. Wir werden Strategien entwickeln, wie wir als Zivilgesellschaft die flächendeckende Umsetzung von Superblocks erreichen können. Mit einem bundesweiten Forderungskatalog werden wir als starkes politisches Netzwerk auftreten und die nächste bundesweite Konferenz kommt bestimmt.
100Schulzonen: für mehr Sicherheit und Kinderrechte!
Es dauert häufig viele Jahre, bis Politik und Verwaltung Impulse aus der Zivilgesellschaft umsetzen. Erst 2022 brachte Changing Cities die Schulzone – ein Bereich an einer Bildungseinrichtung, der zum Wohle der Kinder vom Autoverkehr befreit wird – zusammen mit Hunderten Berliner Eltern und Lehrer*innen ins Gespräch. Dass schon dieses Jahr die bundesweit erste Schulzone Realität wird, ist eine vergleichsweise blitzschnelle Entwicklung!
Wir reden hier nicht von einem zeitlich begrenzten Pilotversuch, einer Sperrung für den Autoverkehr nur für wenige Stunden oder ähnlichen Teilumsetzungen. Nein, in der Singerstraße zwischen Lichtenberger Straße und Ifflandstraße gehört die Straße jetzt allein den Kindern und Jugendlichen, Radfahrer*innen und Fußgänger*innen.
Das ist unglaublich wertvoll für die Kampagne, denn damit haben wir den Beweis, dass die Anordnung von Schulzonen rechtlich möglich und schnell umsetzbar ist. Die Verantwortlichen in anderen Bezirken können und müssen jetzt nachziehen. Schließlich werden in Berlin durchschnittlich zehn Kinder täglich bei Verkehrsunfällen verletzt! Weitere Schulzonen in Berlin sind daher eines der Hauptziele der Kampagne im nächsten Jahr.
Mangelnde Verkehrssicherheit auf dem Schulweg bereitet Eltern in der ganzen Republik Sorgen. Dementsprechend wollen wir mit unserer Kampagne im Jahr 2024 in vielen Städten Elterninitiativen unterstützen, Aktionen durchführen und Politiker*innen vom Konzept der Schulzonen überzeugen. Zu den nächsten Schulzonen-Aktionstagen im Frühjahr 2024 werden wir über Berlin hinaus aufrufen und einladen, sodass die Schulzone bundesweit für Schüler*innen und deren Eltern erlebbar wird.
Radwegestopp? #nichtmituns!
Eine Sommerpause konnte sich die Bewegung für lebenswerte Städte in diesem Jahr nicht leisten. Schließlich war bekannt geworden, dass die Berliner Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) die Finanzierung aller Radwegeprojekte gestoppt hatte. Unter dem Deckmantel einer “Überprüfung“ wurde der Baustopp verhängt. Besonders pikant: Ausgerechnet die gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums durch den Wegfall von Straßen und Autoparkplätzen sollte verhindert werden.
Diese rückwärtsgewandte Verkehrspolitik ließ sich die Zivilgesellschaft Berlins nicht bieten und entfaltete eine beispiellose Aktivität. Mit Dutzenden Demonstrationen, die größte davon mit über 13.000 Teilnehmer*innen, wurde die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes gefordert. Das war eine enorme Kraftanstrengung, an der viele zivilgesellschaftliche Organisationen sowie engagierte Einzelpersonen beteiligt waren.
Der Protest hatte Erfolg. Noch im Juli machte Manja Schreiner den Rückzieher und gab die Radwege frei. Ein großer Erfolg für die Zivilgesellschaft. Leider war mit dem Sommerskandal endgültig klar, dass die CDU und die SPD am Mobilitätsgesetz sägen. Grund für Entwarnung gibt es nicht.
Und nächstes Jahr? Berlin, Bund und bunt!
In Berlin haben wir eine Menge ausprobiert und eine Menge geschafft. Zwei der Kampagnen, die hier für viel positiven Wirbel gesorgt haben, werden wir 2024 in viele weitere Städte in Deutschland bringen: die Superblocks und die Schulzonen. Denn als bundesweite Bewegung erreichen wir gemeinsam mehr.
Gleichzeitig bleiben in Berlin viele Baustellen übrig, so dass wir dort weiterhin viel Energie in das Engagement für eine lebenswerte Stadt stecken werden. Vor allem geht es darum, das Mobilitätsgesetz zu verteidigen und in seiner jetzigen Form zu erhalten. Natürlich geben wir uns mit einer Schulzone nicht zufrieden, sondern wollen mit mutigen Lokalpolitiker*innen viele weitere umsetzen. Bei den Kiezblocks geht es ebenfalls weiter.
Ausreichend Zeit, Energie und Geld für Aktivismus zu haben wie viele unserer Ehrenamtlichen ist beeindruckend – und ein ziemliches Privileg. Wir sind froh, dass viele Ehrenamtliche darüber verfügen, aber wir sehen auch, dass etliche Menschen diese Privilegien nicht haben. Dadurch fehlen uns bei Changing Cities wichtige Perspektiven. Entsprechend wollen wir mehr zuhören und gemeinsame Themen finden. Wir wollen im Jahr 2024 dafür sorgen, dass sich Menschen mit vielfältigen Hintergründen bei Changing Cities wohlfühlen und sich für lebenswerte Städte einsetzen.
Dank EUCH. Mit EUCH.
Alles, was wir geschafft haben, verdanken wir den vielen Ehrenamtlichen, dem Büroteam, aber auch der großzügigen Unterstützung unserer Fördermitglieder und Spender*innen. Daher bedanken wir uns ganz ausdrücklich im Namen des gesamten Vereins für Eure treue Unterstützung im Jahr 2023. Wir hoffen darauf, dass wir auch im nächsten Jahr auf Euren Rückhalt zählen können. Weiterhin sind wir für jede Spende dankbar und freuen uns über jede Person, die neu als Fördermitglied dazu stößt.