Ein Kiezblock ist ein Konzept für den gesamten Kiez, keine Pollerreihe

Eine verkehrsberuhigte Straße in einem Kiezblock mit viel Grün

Das Verwaltungsgericht hat eine Verkehrsberuhigungsmaßnahme im Nesselweg in Pankow – initiiert von Lars Bocian, MdA (CDU) – kassiert. Begründung: Es liegt keine Gefahrenlage vor. Im Gegensatz zum bewährten Kiezblock-Konzept wurden hier aber nur Sperrpfosten in einer Straße angeordnet, ohne die Auswirkungen auf den gesamten Kiez zu betrachten. Insofern betrifft das Urteil nur diese Maßnahme und keine weiteren Kiezblocks. 

Die Poller am Nesselweg sind eine Einzelaktion und verwaltungstechnisch unsauber umgesetzt. Bei allen anderen Kiezblock-Projekten in Pankow und anderen Bezirken wurde der gesamte Kiez betrachtet, es wurden sogenannten Anliegerzonen gebildet und städtebauliche Maßnahmen vorgeschlagen. 

„Es bleibt ein großes Missverständnis, dass ein Kiezblock nur aus Pollern besteht. Die Durchgangssperre ist aber nur eine von vielen Maßnahmen eines umfassenden städtebaulichen Konzepts, um sicheren Fuß- und Radverkehr zu ermöglichen und die Kieze sicherer, klimaresilienter und lebenswerter zu machen. Die drei Standards und deren rechtliche Begründung haben wir in Empfehlungen für Superblocks (ESu23) beschrieben. Frau Anders-Granitzki (CDU), die Stadträtin aus Pankow, hat diese offensichtlich vor der Anordnung nicht beachtet“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities. 

Mit dem jetzigen Straßenverkehrsgesetz (StVG) und der Straßenverkehrsordnung (StVO) muss eine Beschränkung des Autoverkehrs sehr aufwändig begründet werden, meistens wird der Nachweis gefordert, dass Menschen in der Straße deutlich mehr gefährdet sind als überall sonst in der Stadt (die sogenannte „Gefahrenlage“ nach § 45 StVO). Meistens werden nur Verkehrsopfer oder bei Verkehrszählungen nachgewiesene, sehr hohe Mengen durchfahrender Autos als Argumente anerkannt. Deswegen ist es umso dringender, dass endlich der Vermittlungsausschuss angerufen wird, um die vom Bundesrat abgelehnte StVG/StVO-Reform durchzubringen.

Changing Cities initiierte 2019 die Kiezblock-Kampagne und über die enge Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung wurden bisher 28 Kiezblocks in Berlin beschlossen. Insgesamt 70 Initiativen haben sich in Berlin gebildet, im November 2023 wurde die Kampagne auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet.

„Wer ein Kiezblock-Konzept erarbeitet, hat das ganze Wohnviertel im Blick. Wir von Changing Cities haben jetzt jahrelange Erfahrung darin, die Interessen von Anwohnenden, Einzelhandel, Gastronomie, Schulen, Seniorenheimen und auch Autofahrenden zu berücksichtigen und in einen Dialog mit der Verwaltung zu bringen. Ein Kiezblock ist eine Vision von einer anderen Stadt, nicht nur drei Poller!“, so Hans Hagedorn von Changing Cities und Hauptautor der Empfehlungen für Superblocks. 

Pressekontakt:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:
Die Empfehlungen für Superblocks
Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts von heute
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.