„Der Rudolfkiez kann eine Wohlfühloase werden.“

Portrait von Sebastian Klein

Liebe Leser*innen, 

mit dieser neuen Interviewreihe wollen wir einige der Spender*innen vorstellen, die unsere Arbeit ermöglichen. Es gibt viele Gründe, sich für lebenswerte Städte einzusetzen. Erfahre in diesem Interview, warum Sebastian Klein aus Berlin es tut.

Vorstand Boris Hekele, Geschäftsführerin Katharina Schlüter und Sebastian Klein im Gespräch

Lieber Sebastian, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Der Verkauf des Start-ups Blinkist, das Du mitgegründet hast, hat Dich über Nacht zum Millionär gemacht. Trotzdem siehst Du es kritisch, wenn wenige Menschen den Großteil des gesellschaftlichen Reichtums in der Hand haben. Wie gehst Du damit um?

Für mich ist die Vermögenskonzentration und die damit verbundene Ungleichheit eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte. Ich glaube, den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie groß die Ungleichheit ist und welchen spaltenden Effekt sie auf unsere Gesellschaft hat. Ich habe daher selbst beschlossen, den größten Teil meines Vermögens aufzugeben und dauerhaft gemeinnützig zu verwenden. Das ersetzt zwar nicht die politischen Lösungen, wie eine faire Erbschafts- und Vermögenssteuer, aber es ist zumindest das, was Menschen wie ich direkt zu einer Lösung beitragen können.

Mit meinem Unternehmen Karma Capital investiere ich in Unternehmen, die die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft vorantreiben. Wir unterstützen darüber hinaus auch gemeinnützige Projekte wie Changing Cities mit jährlichen Zuwendungen.

Du engagierst Dich für einen Kiezblock im Rudolfkiez. Was erhoffst Du Dir davon und wie sind Deine Erfahrungen?

Ich wohne seit 2010 hier im Rudolfkiez und bin 2019 durch die Spielstraßen-Initiative erstmals darauf aufmerksam geworden, dass es schon länger Menschen im Kiez gibt, die sich für Verkehrsberuhigung engagieren. Wir haben hier viele Kitas und Schulen, und eigentlich hätte das Viertel das Potenzial, eine richtige Wohlfühloase zu sein. Weil die meisten Menschen, die hier leben, gar kein Auto haben, und viele von denen, die eins haben, auch bereit wären, es aufzugeben, ist es naheliegend, den Autoverkehr zu reduzieren, mehr Platz für Menschen zu schaffen und auch mehr Sicherheit für Kinder. Ein zentrales Anliegen unserer Initiative ist es, die Modersohnstraße, samt der Brücke, zu einer Fahrradstraße zu machen. Dadurch würden auch die Kieze viel näher zusammenrücken, die im Moment durch diese Straße zerschnitten werden.

Was macht Städte für Dich lebenswert? Was würdest Du gerne an Berlin ändern, wenn Du es könntest?

Für mich ist Berlin eine Stadt, die im Moment noch viel Potenzial ungenutzt lässt. Wenn man mit Menschen aus anderen Städten spricht, merkt man immer wieder: Wir haben ein exzellentes Nahverkehrssystem, und da, wo es ordentliche Radwege gibt, lässt sich auch prima alles mit dem Fahrrad machen. Dass wir so daran festhalten, dass alles überall auch mit dem Auto gehen muss, finde ich absurd. Ich bin mir sicher, dass sich in 20 Jahren viele Menschen wundern werden, wieso es so lange gedauert hat, den Autoverkehr auf ein gesundes Maß zu reduzieren und den Platz fairer aufzuteilen in der Stadt. Ich finde, jede*r sollte mal an Orten wie dem Lausitzer Platz vorbeischauen: Da kann jede*r für sich sehen, wie die Zukunft aussehen sollte. Wo vorher ein paar Dutzend Autos Platz hatten, haben jetzt die Menschen übernommen und gestalten sich einen öffentlichen Ort, so wie er ihnen am meisten dient. Ich bin mir sicher, dass das die Zukunft der Stadt ist, nur würde ich mir wünschen, dass wir sie ein bisschen schneller umgesetzt bekommen.

Du bist jetzt schon seit fast drei Jahren Mitglied im Verein. Wie bist Du auf Changing Cities aufmerksam geworden? Was hat Dich dazu bewogen, uns finanziell zu unterstützen?

Ich bin über die Spielstraßen-Initiative auf euch aufmerksam geworden und war von Anfang an von eurer Arbeit beeindruckt. Mir gefällt, dass ihr versucht, systemische Veränderungen herbeizuführen, dabei aber auch sichtbare Ergebnisse erzeugt. Und mein Eindruck war von Anfang an, dass ihr es schafft, alle mitzunehmen. Das finde ich bei dem Thema nicht einfach, weil man ja leicht in ein „die Radfahrer gegen die Autofahrer“ verfällt, und ich glaube, das bringt uns nicht weiter.

Vielen Dank für das Interview! Möchtest Du uns noch etwas auf den Weg geben?

Vor allem möchte ich euch danken für eure Arbeit. Ich finde es wirklich toll und wichtig, was ihr mit Changing Cities macht und kann mir vorstellen, dass die Arbeit nicht immer leicht ist. Ich wünsche mir aber sehr, dass ihr weiter dran bleibt und bin euch sehr dankbar für das, was ihr schon geschafft habt!