Angstweiche war gestern

In einem Bericht der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zur Steigerung der Verkehrssicherheit, der heute per Konsensverfahren im Hauptausschuss verhandelt wird, schwenkt der Senat voll auf die Linie von Changing Cities ein: Die Fahrradweiche, sogenannter Radstreifen in Mittellage, gehört in Berlin nun der Vergangenheit an. 

Fokus des Berichtes ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit von Kreuzungen in Berlin. Hier heißt es: „Es wird dabei angestrebt, dass unsichere Begegnungen von bestimmten Verkehrsströmen an Knotenpunkten ausgeschlossen werden können, indem sie signaltechnisch voneinander getrennt werden.“ Wenn Pkw- und Radverkehr getrennte Ampelphasen bekommen, erübrigt sich die bei Radaktivist*innen und der Forschung als viel zu gefährlich eingestufte Angstweiche. 

„Seit Jahren kämpfen wir dafür, dass die Angstweiche als mögliche Maßnahme in Berlin gestrichen wird. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes kreuzgefährlich. Der Senat leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit in Berlin“, so Dr.-Ing. Stefan Lehmkühler  von Changing Cities.

Bereits im November 2018, beim allerersten geschützten Radstreifen auf der Holzmarktstraße in Berlin-Mitte, wurde schnell klar: Richtung Kreuzung wurde es (und ist es bis heute!) wieder lebensgefährlich. Hier sind rechtsabbiegende Pkw und Lkw gezwungen, den Radstreifen zu kreuzen. Changing Cities zeigte vor Ort, wie radfahrende Kinder zwischen gigantischen Sattelschleppern fahren müssten – das Bild nahm die Realität vorweg.

Weiter berichtet SenUVK, dass man 2021 in Berlin zwei Modellkreuzungen nach dem niederländischen Vorbild gestalten will. Diese geschützten Kreuzungen verlangsamen durch kleine Verkehrsinseln oder auch „Linsen“ den rechtsabbiegenden Kfz-Verkehr und erhöhen damit die Sichtbeziehungen zwischen den Verkehrsteilnehmenden.

„Zwei Kreuzungen nach niederländischem Vorbild umzubauen, das kann man nicht mal als Verkehrswende light bezeichnen. Das ist zu wenig, zu zögerlich, zu halbherzig. Was nützt ein Bekenntnis zur Vision Zero, wenn es noch nicht einmal in der Unfall-Kommission ernst genommen wird? Müssen wir hier auch weitere Jahre verschwenden und Tote beklagen, bis der Senat erkennt, wie Verkehrswende wirklich geht?”, fragt Ragnhild Sørensen von Changing Cities. 

Ansprechpartnerin Changing Cities e. V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Schreiben von SenUVK an Vorsitzende des Hauptausschusses vom 24. April 2020

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Informationen zum Volksentscheid Fahrrad

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad, ein Projekt von Changing Cities: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berliner*innen unterschrieben – 7 Prozent der Wähler*innenstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.