Auf eine bewilligte Förderung des Bundes in Höhe von fast drei Millionen Euro verzichtet die Senatsverkehrsverwaltung gern. Sie stoppt den nachhaltigen Umbau des Halleschen Ufers, weil der Kfz-Verkehr betroffen ist. Dass der Bund das Projekt als zukunftsweisender Stadtumbau preist, ist dem autofixierten Senat herzlich egal.
Das Hallesche Ufer soll für den Fuß- und Radverkehr auf einer Länge von knapp 2 Kilometern mit viel Grün und entsiegelter Fläche geöffnet werden, während der Kfz-Verkehr über das Tempelhofer Ufer südlich des Landwehrkanals geführt werden soll. Dieses Vorhaben hat der Senat nun gestoppt.
Offensichtlich hat die Verkehrsverwaltung nicht mitbekommen, dass in der vorgelegten StVO-Novelle neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs künftig die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden sollen. Das Mobilitätsgesetz schlägt bereits seit 2018 in diese Kerbe und fordert den vorrangigen Ausbau des Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehrs nach jahrzehntelanger Bevorzugung des Kfz-Verkehrs. Und schließlich gibt es konkrete Berliner Klimaziele, die sich im Verkehrssektor keineswegs auf der Zielgerade bewegen (siehe Grafik). Es ist also nicht so, dass es keine gesetzliche Grundlage gäbe, einen nachhaltigen Stadtumbau zu fördern.
„Diese Senatsverwaltung hat nur eins im Kopf: Das vermeintliche Glück der Autofahrenden. Alles, was den Kfz-Verkehr einschränkt, wird geschreinert. Nach einem halben Jahr CDU/SPD im Amt dämmert es nun auch den letzten Optimist*innen: In dieser Legislatur wird nach dem Willen von CDU und SPD kein Baum gepflanzt und kein Zebrastreifen oder Radweg gebaut werden, wenn dadurch der Kfz-Verkehr auch nur minimal eingeschränkt wird. Dabei vergisst der Senat, dass es auch ein Leben außerhalb des Autos gibt – und ein Leben mit der Klimakrise: Je später wir darauf reagieren, desto schlechter “, kommentiert Inge Lechner von Changing Cities.
Erst vor wenigen Tagen prahlte die Senatsverwaltung mit einem Tweet auf der Plattform X mit einem Vorher-Nachher-Bild der Friedrichstraße: Vorher mit Bänken, nachher voller Autos. Sie ist wirklich überzeugt, dass eine Straße voller Autos – fahrenden und parkenden – ein Signal ihrer Gestaltungskraft, ihrer Potenz darstellt, nach dem Motto: „Jetzt sind wir dran!”.
Das Traurige, ja, das Verheerende daran ist aber, dass sie gar keine Vision für die Zukunft hat. Wo gibt es einen zukunftsfähigen konservativen Entwurf für die Stadt 2045? Oft werden dann E-Autos, Flugtaxis, Technologieoffenheit, Seilbahn und U-Bahnbau angeführt – aber die Senatsverwaltung weiß natürlich, dass sie dadurch weder die Verkehrsprobleme lösen, noch die CO2-Emissionen in 6,5 Jahren, bis 2030, halbieren können. Mit Nebelkerzen und lauten populistischen Parolen soll deswegen diese fatale Leerstelle übertüncht werden: Niemand soll merken, dass dieser Senat absolut keinen Plan für die Zukunft hat.
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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.