Radfahren im Winter ist gefährlich – weil die Wege nicht geräumt sind

Am morgigen Freitag ist internationaler Winter-bike-to-work-day. Berliner Radfahrende aber bleiben auf der Strecke: Radwege und -streifen sind auch eine Woche nach dem Wintereinbruch nicht geräumt und somit nicht befahrbar. Changing Cities kritisiert die Ignoranz der Verwaltung: Während Fahrspuren für Kfz zügig geräumt wurden, haben die Menschen, die auf Fuß- und Radwege angewiesen sind, das Nachsehen. 

Radfahren im Winter wird in Deutschland eher belächelt, in Oulu hingegen, der fünftgrößten Stadt Finnlands, geben 50 Prozent der Bevölkerung an, auch im Winter Rad zu fahren. Das geht nur, weil dort erstens ein sicheres, vom Autoverkehr getrenntes Radwegenetz vorhanden ist, und zweitens, weil die Wege dort konsequent geräumt werden – und zwar vor den Autospuren. Wenn es viel schneit, liegt eine kompakte Schneedecke auf den Radwegen, die für Zweiradler*innen gut befahrbar ist. 

„In meiner Heimatstadt Kopenhagen konnte ich jeden Tag, auch im Winter, Rad fahren. Die Radwege wurden zügig geräumt und ich habe mir ehrlich gesagt nie darüber Gedanken gemacht. Erst hier in Berlin erlebe ich das Radfahren im Winter als Problem – hier wird man angehupt und bedrängt, wenn man es wagt, die Fahrbahn zu benutzen“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities. 

Das Berliner Mobilitätsgesetz schreibt in §22 „störungsfreie Nutzbarkeit der Verkehrswege des Umweltverbundes“ vor. Die Verwaltung ist also verpflichtet, die Fuß- und Radwege zu räumen. „Nur 26 Prozent der Berliner*innen sind im Kfz unterwegs, die restlichen 74 Prozent sind auf Fußwege, den ÖPNV oder ihr Rad angewiesen. Trotzdem wird alles getan, um einer autofahrenden Minderheit komfortable Mobilität im Winter zu gewährleisten. Auch nach einer Woche sind die Wege für die Mehrheit der Berliner*innen schlichtweg unwegsam“, so Marlene Sattler von Changing Cities.

Die Vorwände für die Untätigkeit sind vielfach: Die Mindestarbeitsbreite der Räumfahrzeuge der BSR liegt bei 1,30 Meter, schmalere Radwege können deswegen nicht bearbeitet werden; Radwege über 1,30 Meter gibt es nur sehr selten in Berlin. Gibt es Falschparker auf Radwegen oder -streifen, wird dort ebenfalls kein Winterdienst durchgeführt, da dies angeblich zu aufwändig wäre. Ein weiteres „Problem“ stellt der verbleibende Schnee dar: Wer zuletzt räumt, schiebt den Schnee einfach wieder woanders hin. Gelöst wären alle diese Probleme auf einen Schlag durch eine zügige Umsetzung des Mobilitätsgesetzes: Breite (geschützte) Radwege zu räumen wäre ein Leichtes. 

Wer allen Widrigkeiten zum Trotz in Berlin am Freitag, dem 12. Februar, am Winter-bike-to-work-day teilnehmen möchte, gehört zu einer internationalen Gemeinschaft.

Ansprechpartnerin Changing Cities e.V.:

Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:

Über das Radfahren in Oulu vom 07.02.2021

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Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.