Was ist eine schulstraße?

Eine Schulstraße ist ein verkehrsberuhigter Bereich vor Schulen und Kitas, durch den keine Autos fahren dürfen – mindestens morgens und nachmittags. Dadurch können sich Kinder und Jugendliche vor ihrer Schule sicher und unbeschwert bewegen und aufhalten. Eine Schulstraße lässt sich einfach und kostengünstig einrichten – ohne große bauliche Maßnahmen, dafür mit viel positiver Wirkung. Allgemein gibt es zwei Arten von Schulstraßen: permanente und temporäre.

In einer permanenten Schulstraße wird der Raum vor der Schule durchgängig den Kindern und der Schulgemeinschaft zur Verfügung gestellt. Die Durchfahrt ist für Autos nicht erlaubt. Dies erhöht die Verkehrssicherheit für Kinder dauerhaft. Sie können den verkehrsberuhigten Raum in den Pausen, für den Unterricht und für Projektarbeiten nutzen, für Nachmittagskurse, und auch die Nachbarschaft profitiert von dem Aufenthalts- und Begegnungsraum. Diese Variante der Schulstraße bezeichnen wir als den kindgerechten Standard.

Bei einer temporären Schulstraße wird die Straße vor der Schule für eine begrenzte Zeit, häufig zu Beginn und Ende der Schulzeit, für die Schüler*innen geöffnet. Kfz-Verkehr darf in dieser Zeit nicht durchfahren. So können die Kinder die letzten Meter zur Schule sicher zurücklegen. Diese Art der Schulstraße betrachten wir als den Mindeststandard.

Bildergalerie

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Deshalb findet ihr hier Schulstraßen im Bildformat.


Schulstraßen in Europa, ein Ausschnitt:

Über 200 in Paris, 700 in London, 52 in Brüssel, 200 in Barcelona und mehr als 11 in Tirana


In Österreich wurde die Schulstraße im Jahr 2022 in die StVO aufgenommen. Das wollen wir für Deutschland ebenfalls erreichen!

Wie werden in Deutschland Schulstraßen umgesetzt?

Schulstraßen haben sich in Europa schnell ausgebreitet – und das aus gutem Grund: Sie funktionieren! Obwohl der Begriff „Schulstraße“ in Deutschland derzeit noch nicht rechtlich definiert ist, stehen den Kommunen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, Schulstraßen rechtskonform einzurichten.

In Nordrhein-Westfalen existiert seit Februar 2024 ein Erlass zur Einrichtung von Schulstraßen. In vielen anderen Bundesländern arbeiten Ministerien derzeit an ähnlichen Leitfäden für ihre Kommunen1.

In den letzten Jahren entstanden Schulstraßen in Hannover, Köln, Berlin, Bonn, Hennef, Essen, Frankfurt am Main, Dresden, Gifhorn, Leipzig, Ulm, Dortmund… die Tendenz geht klar nach oben.

Was kann die Schulstraße?

Sicheres Ankommen!

Schulstraßen verhindern Autostau vor der Schule und somit auch das Unfallrisiko für Schüler*innen. Warum ist das nötig? Im Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 92.000 Schulwegunfälle registriert (3). Der Kfz-Bring- und -Abholverkehr ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. In Deutschland wird jedes fünfte Kind mit dem Auto zur Schule gebracht (4)! Bei einer Schule mit 500 Kindern sind das 100 Autos, die sich vor dem Schuleingang stauen.

In Lewisham (London) wurde nachgezählt: 96.000 eingesparte Autofahrten innerhalb eines Jahres dank nur einer einzigen Schulstraße 5.

Und überall, wo gezählt wurde, zeigt sich: Schulstraßen führen zu einer signifikanten Verringerung des Autoverkehrs – nicht nur vor der Schule, sondern auch in den anliegenden Straßen.

Eigenständige, aktive Mobilität!

Schulstraßen führen zu mehr radelnden und laufenden Kindern. Sie schaffen mehr Schulwegsicherheit, und das nicht nur direkt vor der Schule, sondern auch im weiteren Schulumfeld. In Wien, London und Tirina6 wurden dank Schulstraßen bis zwischen 30-50 Prozent weniger Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht. Eine Verlagerung des Kfz-Verkehrs in eine der umliegenden Straßen wurde nicht festgestellt7. Dafür machten sich in London 35 Prozent mehr Kinder zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller auf den Schulweg8. Ein Schulstraßen-Pilotprojekt in Berlin zeigte ebenfalls: Eine Verlagerung des Autoverkehrs in den anliegenden Straßen blieb aus, dafür verdoppelte sich die Zahl der radfahrenden Schüler*innen9. Bewegung hält gesund und glücklich, verhindert Krankheiten10 und schützt das Klima und die Umwelt. Wer als Kind viel läuft und Rad fährt, wird es im Erwachsenenalter meist ebenfalls tun11.

Saubere Luft und weniger Lärm!

Weniger Autoverkehr vor der Schule führt zu weniger Schadstoffbelastung im Schulumfeld. Eine Studie aus London zeigt, dass die Stickstoffdioxidbelastung (NO2) durch Schulstraßen um 23 Prozent gesenkt werden kann. Dieses Ergebnis stimmt mit Untersuchungen in Paris und Gent überein. Auch Lärm, der Stress erzeugt und die Gesundheit schädigt, wird durch Schulstraßen deutlich verringert.

Wusstet ihr schon? Kinder atmen im Vergleich zu Erwachsenen im Verhältnis zu ihrer Größe pro Minute ein viel größeres Luftvolumen ein.

Zwei bis vier Mal höher ist die Belastung für eine Kinderlunge bei gleicher Schadstoffkonzentration.

Im Straßenverkehr kommt hinzu: Kinder sind allein durch ihre Größe näher am Auspuff – sie inhalieren noch mehr Schadstoffe als Erwachsene12.


Lernräume und eine klimaresiliente Nachbarschaft!

In Zeiten überfüllter Klassenzimmer und Platzmangels auf den Schulhöfen können permanente Schulstraßen helfen, diesen Mangel abzufedern. Sie geben der Schule den Straßenraum zur Nutzung für Pausen, für Unterricht und für Nachmittagsaktivitäten.

Die permanente Schulstraße ist gleichzeitig eine Nachbarschaftstraße, ein Aufenthalts- und Begegnungsort für Anwohner*innen, den sie mitgestalten können.

Schulstraßen können v. a. in Städten ein wichtiger Teil der klimaresilienten Stadtentwicklung sein. Durch Entsiegelung und Begrünung des Straßenraums können die Folgen der Klimakrise wie Hitzestau und Überflutung abgeschwächt werden.

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Hilfreiche Links:

  1. Zukunftsnetz Mobilität (2023). Verkehrsingenieur-Besprechung am 07.12.2023 in Düsseldorf – VIB II/2023 Vorab-Auszug aus der Niederschrift zu TOP 6.
  2. Meenken, A. (2023). Verkehrsberuhigung und Spielstraßen: Wir brauchen kindgerechtere Städte für sichere Schulwege. Tagesspiegel Background. Veröffentlicht am 23.08.2023.
  3. DGUV (2023). Unfälle in der Schüler-Unfallversicherung.
  4. ADAC (2023). Umfrage „Sicherer Schulweg“: Eltern fürchten Verkehrsrowdys.
  5. Air Qualities News (2023). Four reasons why School Streets are important.
  6. UN Habitat Youth (2023). Tirana School Street Programme.
  7. Mobilitätsagentur Wien (o. D.). Schulstraße – Wiener Modell.
  8. Mums for Lungs (o. D.). School Streets – A pioneering initiative to transform the roads around schools.
  9. Bezirksamt Tempelhof – Schöneberg (2023). Projekt Schulstraße an der Bruno-H.-Bürgel-Grundschule in Lichtenrade ausgewertet – positive Bilanz.
  10. Murphy, A. et al. (2018). Active Students Are Healthier and Happier Than Their Inactive Peers: The Results of a Large Representative Cross-Sectional Study of University Students in Ireland. Orellana, D. et al. (2024). Children’s Active Mobility to School: Evidence from Two Andean Cities.
  11. Child Health Initiative (o. D.). Every Child‘s right to breathe. London: A case study.
  12. European Environment Agency (2023). Air pollution and children‘s health

Interesse geweckt?

Wenn Du Dich für Schulstraßen in Deiner Gemeinde interessierst, schreib uns gerne an. Wir unterstützen mit Know-how und Materialien!

Kontakt: schulstrassen@changing-cities.org