… und der Verkehrssektor hinkt hinterher

Der Expertenrat für Klimafragen bescheinigt in seinem Bericht zu den Treibhausgasemissionen 2023 allen Sektoren das Einhalten der Klimaziele. Allen Sektoren? Nein: Ein Sektor unter der Führung von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hinkt als einziger hinterher. Mit 12,8 Mt CO2-Aq wird das Ziel um 9,6 Prozent verfehlt. Grund: „Die Emissionen durch den Pkw-Verkehr nahmen […] zu“.

Wenn Wissing wenige Tage vor Veröffentlichung des Berichts mit Fahrverboten droht, ist das nur der durchschaubare Versuch, von seiner Untätigkeit abzulenken. Deutschlandticket, Lkw-Maut und Bahnausbau waren zwar durchaus wichtige Schritte – doch den Gamechanger Kfz-Verkehr geht der Verkehrsminister partout nicht an.

„Erst seine Hausaufgaben nicht erledigen, dann anderen die Schuld in die Schuhe schieben: Das ist Kindergartenniveau, aber leider auf höchster ministerieller Ebene. Natürlich hat der Minister Recht, wenn er sagt, dass er allein mit einem Tempolimit seine Untätigkeit nicht wiedergutmachen kann. Aber es gibt jede Menge weitere Möglichekiten: Dienstwagenprivileg nach und nach abbauen, Rad- und Fußverkehrsnetze ausbauen, Entfernungspauschale klimagerechter gestalten, Dieselsubventionen schrittweise reduzieren, Kerosin besteuern usw. Ein ganz einfacher Schritt wäre die Einberufung eines Vermittlungsausschusses, mit dem Ziel, die Straßenverkehrsgesetznovelle endlich zu verabschieden!“, kommentiert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Zum dritten Mal in Folge überschreitet der Verkehrssektor die jährlich zulässige Jahresemissionsmenge. Der Geistesblitz des Verkehrsministers: endlich die gesetzlich festgelegten Konsequenzen seinem Verhalten anpassen! Die Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes und die damit einhergehende Abschaffung der Sektorenziele wären genau die Hebel, der sein Nicht-Handeln belohnen. Da stellt sich die Frage: Was ist uns wichtiger – die Gesichtswahrung eines Ministers oder die effektive Bekämpfung der Klimakrise zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen? 

Das Umweltbundesamt berechnete 2017, dass etwa 150 Pkw auf 1.000 Einwohner*innen den Mobilitätsbedarf der Deutschen decken würden. Der heutige Motorisierungsgrad liegt bei 579 Pkw pro 1.000 Einwohner*innen. Weniger als ein Drittel der jetzigen Pkw kann man ein Fahrverbot nennen. Man könnte es auch als eine effizienzsteigernde, dynamische Umstellung auf nachhaltige Mobilität bezeichnen. Das sind doch Zauberworte, die die FDP sonst in Verzückung versetzen. Aber statt eines Sofortprogramms bekommen wir unter Wissing „eine erhebliche Erfüllungslücke bis 2030“, wie der Bericht trocken feststellt. 

Pressekontakt:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34

Weiterführende Links:

Der Bericht des Expertenrates für Klimafragen: https://www.expertenrat-klima.de/publikationen/
UBA „Die Stadt für Morgen”: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/die-stadt-fuer-morgen-umweltschonend-mobil-laermarm
Changing Cities e.V.: https://changing-cities.org
Diese Pressemitteilung im Online-Bereich: https://changing-cities.org/aktuelles/presse