Muss man den Klimawandel wirklich sondieren?

Im Sondierungspapier von SPD, den Grünen und der Linken ist die Rede von U-Bahn, Straßenbahn, Ladesäuleninfrastruktur, Park&Ride, Radwegeverbindungen, Wirtschaftsverkehr, guten Straßenverbindungen, dem Bau der Tangentialverbindung Ost (TVO) und des 16. Bauabschnittes der A100, aber kein Wort zum Fußverkehr, zur Klimaresilienz oder zur Minderung der CO2-Emissionen. Changing Cities kritisiert, dass das Versprechen der Erneuerung und Innovation in keinster Weise zu erkennen ist.

2018 wurde das Berliner Mobilitätsgesetz verabschiedet, 2030, also in neun Jahren, muss es umgesetzt sein. Der letzte Senat hat diesbezüglich bisher kläglich versagt: Eine Bilanz der bisherigen Maßnahmen zeigt, dass die Stadt erst in 200 Jahren von der Verkehrswende profitiert. Grundlage dieser Auswertung war 2020, ein Jahr, in dem bisher am meisten auf die Straße gebracht wurde, einschließlich 25 km Pop-up-Radwege. Eine beschleunigte Umsetzung des Mobilitätsgesetzes hat deswegen oberste Priorität, weil mit der Verkehrswende auch ein großer Teil an CO2 eingespart wird.

„Es scheint, als haben die Sondierer*innen kein Gespür dafür, dass eine Millionenmetropole wie Berlin mit einem Weiter so rapide an sozio-kultureller und damit wirtschaftlicher Attraktivität verlieren wird – zum Nachteil aller Berliner*innen. Wenn der nächste Senat dieser Aufgabe nicht gewachsen ist, werden die Menschen in Scharen wegziehen – denn viele andere Metropolen schaffen gerade die Bedingungen für das gute, nachhaltige, urbane Leben. Damit haben sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt – Fehler, die Berlin nicht wiederholen müsste!“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Der Verein hinter dem Volksentscheid Fahrrad hat ein Sieben-Punkte-Programm aufgestellt, das Berlin in eine resiliente Zukunft leiten wird. Es geht um den Ausbau des Radverkehrsnetzes, um Kiezblocks und um weniger Kfz durch die Reduktion von Stellplätzen, denn nur so kann die dringend nötige Mobilitätswende gelingen:

  1. Alle Bezirke sollen pro Jahr mindestens zwei Quartiere so umgestalten, dass motorisierter Durchgangsverkehr unterbleibt. Dafür muss der Senat mindestens zwei Planstellen pro Bezirk und zusätzlich jährlich 30 Millionen Euro einsetzen. 
  2. Um das Radverkehrsnetz bis 2030 fertig zu stellen, muss der Senat bis 2026 insgesamt 750 Millionen Euro und 150 Planstellen für den Radverkehr einrichten. 
  3. Ein Team für ein zentrales berlinweites Projektmanagement für Planung, Anordnung, Bau und Unterhalt von Radverkehrsanlagen im Vorrangnetz und an Hauptverkehrsstraßen soll aufgebaut werden. 
  4. Der Senat muss in den ersten 100 Tagen eine wirksame Vision Zero-Strategie verabschieden mit dem Ziel, die Kennzahlen des Unfallgeschehens bis 2026 um mindestens 40 Prozent zu senken. 
  5. Bis 2030 muss mindestens die Hälfte der bisherigen Abstellfläche für Pkw zu Verkehrswegen des Umweltverbunds, zu Aufenthaltsflächen für zu Fuß Gehende und in erheblichem Teil zu Grünflächen für mehr Klima-Resilienz umgewandelt werden.
  6. Um die CO2-Reduktionsziele zu erreichen, dürfen im Stadtgebiet ab 2030 keine Kfz mit Verbrennungsmotor mehr unterwegs sein.
  7. Der Senat muss dafür Sorge tragen, dass Verwaltung und Zivilgesellschaft gemeinsam und auf Augenhöhe an der Transformation der Stadt zu mehr Nachhaltigkeit arbeiten können. 

„Die letzte Legislatur diente dem Analysieren und Üben von Rot-Rot-Grün. Jetzt muss die Umsetzungsgeschwindigkeit verzwanzigfacht werden, um die Attraktivität der Stadt zu erhalten – und sie vor den drohenden Gefahren zu schützen. Ein Weiter so, da hat die Opposition recht, darf es nicht geben. Die Zivilgesellschaft steht im „Kreativteam“ zur Verfügung.“ sagt Sascha Broy von Changing Cities.

Kontakt für Rückfragen:
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, +49 171 535 77 34 

Weiterführende Informationen:

Sondierungspapier vom 15. Oktober

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