Mythen und Fakten zu Radwegen

Berlin – In mehreren Medien erheben Anwohner ihre Stimmen gegen den Neubau von Radwegen. „Berlin hat ein Rad ab“, wird behauptet. Changing Cities sagt: „Berlin ist nicht verrückt, sondern handelt nach dem Gesetz“. Alle Hauptstraßen in Berlin bekommen mit dem Mobilitätsgesetz bis 2030 sichere Radwege.

Das Berliner Mobilitätsgesetz ist seit einem halben Jahr in Kraft und obwohl die Umgestaltung quälend langsam voranschreitet, bemerkt die Stadt allmählich, dass etwas im Gange ist. In der Siegfriedstraße in Lichtenberg und am Dahlemer Weg in Steglitz empfinden manche Bewohner die Aussicht auf einen Radweg als einen Affront. Sehr oft sind dabei Falschannahmen Grund für die Ablehnung. Wir stellen klar

Aussage #1: Ein Schutzstreifen hätte gereicht
Fakt: Schutzstreifen bieten Radfahrenden keinen ausreichenden Schutz, denn diese werden z.B. oft zugeparkt. Am Dahlemer Weg gab es zwischenzeitlich einen zu schmalen Schutzstreifen zwischen parkenden Lkw und dem schnelleren Fließverkehr, der aber nicht den Zielen der Vision Zero, also „Null Tote“, entsprach. In der Siegfriedstraße ist zwischen parkenden Autos und Tram kein Platz für einen Schutzstreifen. Ein guter Maßstab für Sicherheit ist: „Würden Sie Ihr 12-jähriges Kind dort fahren lassen?“

Aussage #2: Die alten Radwege sind ausreichend
Fakt: Der ehemalige Hochbordradweg im Dahlemer Weg, welcher bereits nicht mehr nutzbar ist, entspricht nicht den heutigen Anforderungen an Radverkehrsanlagen. Wenn mehr Menschen Rad fahren, reichen die alten handtuchbreiten Radwege nicht aus. Berlin verzeichnet im Moment prozentuale Steigerungen des Radverkehrs im zweistelligen Bereich

Aussage #3: Der Radweg soll auf den Fußweg
Fakt: Auch Fußgänger brauchen Platz, unter anderem für Rollstühle, Kinderwagen, Kinderfahrräder und Hunde. Im Sinne einer nachhaltigen Stadtgestaltung und schlichtweg als erforderliche Reaktion auf eine wachsende Stadt brauchen wir mehr Fußgänger und mehr Radfahrer. Wenn die 40.000 Menschen, die jährlich nach Berlin ziehen, alle Auto fahren wollen, dann bricht die Stadt zusammen. Langfristig ist das keine Lösung.

Aussage #4: Es fahren hier eh kaum Radfahrer
Fakt: Ein subjektives Empfinden, das viele Menschen haben, wenn sie Baumaßnahmen für Radfahrende beurteilen. Leider sind die Radzählstellen in Berlin immer noch sehr rar, sodass Zahlen oft kaum vorhanden sind. Man weiß aber aus Erfahrung, dass das Sicherheitsempfinden entscheidend für die Wahl des Verkehrsmittels ist. Wenn es nicht sicher ist, fahren weniger Menschen Rad. Erst eine sichere und attraktive Radinfrastruktur erleichtert unentschlossenen Menschen die Entscheidung für das Fahrrad

Aussage #5: Es gibt wichtigere Orte für geschützte Radwege
Fakt: Jede Straße ohne sichere Infrastruktur ist gefährlich und ein Ort, an dem potenziell Menschen sterben könnten. Auch deshalb müssen weniger genutzte Straße sicher gemacht werden. Wichtig, um Menschen für das Radfahren zu begeistern, ist ein sicheres und umfangreiches Netz an Radwegen in der Stadt. Dann lassen sie das Auto stehen und legen ihre täglichen Wege mit dem Rad zurück, Durchschnittslänge etwa 5 km. Langfristig steigert es die Gesundheit, die Luft wird sauberer und Berlin lebenswerter.

Ansprechpartner*innen für die Presse bei Changing Cities e.V.
Ragnhild Sørensen, ragnhild.soerensen@changing-cities.org, 0171 535 77 34

Weiterführende Links:
Ein Überblick über den Radwegekontext im Dahlemer Weg
Das Berliner Mobilitätsgesetz (mit Begründungen)
Das Berliner Radverkehrsnetz, Entwurf vom Oktober 2018

Bilder zur kostenlosen Nutzung für die Presseberichterstattung
Informationen zum Volksentscheid Fahrrad

Über Changing Cities e.V.: Changing Cities e.V. ist am 23. Mai 2017 aus Netzwerk Lebenswerte Stadt e.V. umbenannt worden. Das bislang größte Projekt des Vereins ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürgerinitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erste Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.